Erfolgsstory Web Summit
6. November 2019Der Whistleblower Edward Snowden vergleicht die Datensammelwut von Google und Facebook mit der des amerikanischen Geheimdiensts NSA. David Eun von Samsung erklärt, wie sein Unternehmen sich den verlinkten Privathaushalt im Jahr 2025 vorstellt. EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier berichtet von den auch digitalen Scheidungsproblemen mit dem Vereinigten Königreich und Ex-Boxweltmeister Vladimir Klitschko philosophiert über das Geheimnis seines Erfolgs, während Tausende zuhören. Der Web Summit 2019 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon bietet wieder einmal für jeden etwas.
Noch bis Donnerstag drängen sich die rund 70.000 Besucher auf dem Lissabonner Messegelände, laufen sich auch schon einmal über den Haufen, weil sie immer auf ihr Handy schauen. Und der ständige Blick nach unten eröffnet ungeahnte Perspektiven, wie groß doch das Sneaker-Angebot auf der Welt ist, da diese Schuhe anscheinend zur Standardkleidung der Internet-Geeks und Startuper gehören.
Für Startups ein Muss
Fast überall heisst es schlangestehen, am Eingang, bei den Ausstellern und sogar beim Essen. Es ist offensichtlich, dass der Web Summit seine Kapazitätsgrenze erreicht hat. Darum wird die Lissabonner Messe auch demnächst für rund elf Millionen Euro erweitert; schliesslich wird der Web Summit dort weitere neun Jahre stattfinden.
Miguel Fontes sitzt angespannt in der ersten Reihe vor einer der Pitch-Bühnen. Er ist Direktor des Unternehmens-Inkubators Startup Lisboa, zwei seiner "Schützlinge" stellen gerade ihre Projekte vor. Natürlich sei der Web Summit eine ganz tolle Bühne für sie, schon deshalb sei er wichtig für die portugiesische Hauptstadt.
Lissabon habe darüber hinaus ein ideales Umfeld für die Firmengründer geschaffen und sich zu einem IT-Zentrum entwickelt, das Unternehmen aus der ganzen Welt anlocke: "Nur wir bei Startup Lisboa beherbergen rund 100 Startups, auf dem Web Summit sind 40 davon vertreten. Immerhin drei von ihnen wurden ausgewählt, ihre Arbeit hier auf der Bühne vorzustellen." Für Fontes und diese Firmen sei der Web Summit also ein voller Erfolg.
Begeisterte Besucher
Begeistert ist auch die Portugiesin Vanessa Amaral. Sie arbeitet für einen großen Elektro- und Elektronikhändler und ist gekommen, um sich sich über die letzten Neuigkeiten zu informieren: "Ich finde es toll, all diese Menschen zu treffen, neue Geschäftsmodelle kennenzulernen. Es ist eine gute Gelegenheit, Kontakte zu machen." James Chance von Yourself.online aus den USA sucht Geschäftspartner für seine Firma, die in im Bereich Datensicherheit aktiv ist: "Wir helfen Menschen, die Kontrolle über ihre persönlichen Daten im Internet zu behalten." James ist zum ersten Mal als Aussteller beim Web Summit, sucht nach Geldgebern. "Wir hatten schon erste Gespräche mit Investoren, es läuft gut an für uns."
Einer, der Geld zu verteilen hat, ist Frank Seehaus von Acton Capital. "Wir investieren in internetbasierte Geschäftsmodelle, in Unternehmen, die mindestens eine Million Euro Umsatz machen." Dafür nimmt der Deutsche schon mal fünf bis zehn Millionen Euro in die Hand - für den Anfang, wohlgemerkt.
Allerdings nicht auf dem Web Summit, da wird erst einmal mit den möglichen Partnern viel gesprochen. "Wir machen das mit Plan und mit Ziel, sehen uns alles genau an. Sonst wäre das vertane Zeit." Weil er alles vorher gut organisiert habe, bleibe dem Investor sogar immer wieder Zeit, sich einfach einmal an den Ständen umzusehen und vielleicht etwas Neues zu entdecken. Einiges, was Seehaus dabei gesehen habe, habe ihm durchaus gefallen.
Begeisterte Organisatoren
Begeistert ist auch Web-Summit-Chef Paddy Cosgrave. Vor allem von der EU-Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager, die inzwischen zum Dauergast geworden ist: "Die Teilnehmer lieben sie auch, weil sie dafür gesorgt hat, dass die vielen kleinen Unternehmen im IT-Bereich die gleichen Chancen haben wie die Großkonzerne." Vestager wird am Donnerstag, dem letzten Tag über ihre Vorstellungen für das Internet sprechen. Wohl wieder durchaus kritisch und das zurecht, meint Cosgrave: "Die Größe und die Geschäftspraktiken der Internetgiganten muss auf den Prüfstand, Kritik ist durchaus angebracht."
Cosgrave sieht die zahlreichen Schattenseiten der Branche und will, dass auch sie beim Web Summit diskutiert werden. Er fordert, wie viele Redner, klare Regeln und Datenschutz. Noch zwei Tage wird über diese Themen in Lissabon diskutiert werden, zwischen Vorträgen über die Zukunft der Werbe- oder der Musikindustrie und angeblich sicheren Geldanlagen im Internetzeitalter. Am Donnerstagabend dann wird Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa mit Paddy Cosgrave den Web Summit 2019 offiziell beenden.