Web Summit 2019 beginnt
4. November 2019Eine Videokonferenz mit Whistleblower Edward Snowden zur Eröffnung, Microsoftpräsident Brad Smith, die EU-Kommissarin Margrethe Vestager, der frühere britische Premierminister Tony Blair sowie EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier sind unter den mehr als 1.000 Rednern des Web Summit 2019 in Lissabon. Die Hotels sind ausgebucht. Bis Donnerstag werden sich voraussichtlich mehr als 70.000 Besucher auf dem Messegelände der portugiesischen Hauptstadt drängeln. "Die meisten Teilnehmer am Web Summit wollen wissen, wohin die Zukunft geht", erklärt Paddy Cosgrave, der Organisator, in einem Exklusivinterview mit der Deutschen Welle. "Sie wollen wissen, welche die nächsten großen Unternehmen im IT-Bereich sein werden."
2.150 Startups sind in Lissabon dabei, aus allen Branchen von Gesundheit über Blockchain bis zur Autoindustrie. Unter den rund 300 Privilegierten, die ihre Projekte interessierten Investoren auf den diversen Bühnen vorstellen dürfen, sind auch zwölf deutsche. Einer der Schwerpunkte werde, so Cosgrave, wie schon im vergangenen Jahr die Zukunft der Automobilindustrie sein. "Wir wurden zwar beschuldigt, den großen Automobilausstellungen wie der IAA in Frankfurt den Wind aus den Segeln zu nehmen", sagt Cosgrave. "Aber das stimmt nicht, uns geht es vor allem um die IT-Innovationen auf diesem Gebiet." Die würden eben nicht mehr nur in kleinen Startups zu finden sein, sondern auch bei den klassischen Autoherstellern. So werde beispielsweise auch Porsche sein neues E-Auto Taycan in Lissabon zeigen.
Innovationszentrum Lissabon
Innovativ geworden ist, nicht zuletzt wegen des Web Summit, auch die Stadt Lissabon selber. In mehreren Inkubatoren tummeln sich Startups aus aller Welt. Portugal hat stark ins Digitale investiert und hat mit guten Ausbildungsmöglichkeiten, einer guten Infrastruktur und staatlicher Hilfe einen soliden Grundstein gelegt. "Während der Krise wurde kritisiert, dass 80 Prozent der auf Staatskosten ausgebildeten Ingenieure und IT-Fachleute das Land verlassen mussten, das ist jetzt vorbei", stellt Cosgrave fest. Eine hohe Lebensqualität und niedrige Lebenshaltungskosten seien neben qualifiziertem Arbeitnehmern ein weiterer Grund, warum auch immer mehr große Unternehmen ins Land kämen. Dazu dürfte allerdings auch beitragen, dass die Löhne in Portugal relativ niedrig sind.
Lissabon lässt sich den Web Summit einiges kosten: Als Gegenleistung dafür, dass der die nächsten zehn Jahre in der portugiesischen Hauptstadt stattfindet, muss unter anderem das Messegelände erweitert und umgebaut werden - für rund elf Millionen Euro. Die laufenden Kosten für dieses Jahr dürften rund fünf Millionen betragen. Weil die Baumaßnahmen nicht rechtzeitig beendet wurden, wurden provisorisch Zelte aufgebaut, um all die Aussteller unterzubringen. Die portugiesische Regierung hat eine eigene Arbeitsgruppe gebildet, die sich während der nächsten Jahre um das Event kümmern soll.
Gutes Geschäft für Portugal
Trotz der hohen Kosten rechnet sich der Web Summit für Lissabon: Nach Angaben des portugiesischen Hotelverbandes sind die Hotels der portugiesischen Hauptstadt bei Preisen um die 150 Euro pro Nacht praktisch ausgebucht. Airbnb meldet, über die eigene Plattform hätten rund 40.000 Personen Übernachtungen gebucht. Das bedeutet für die Vermieter Einnahmen von etwa 3,6 Millionen Euro. Der portugiesische Gaststättenverband hat ausgerechnet, dass die Web Summit-Besucher 61 Millionen Euro für Übernachtungen, Essen und Trinken ausgeben werden.
Am Montagabend wird Paddy Cosgrave den Web Summit 2019, der bis Donnerstag dauert, mit Lissabons Bürgermeister Fernando Medina und dem Wirtschaftsminister Pedro Siza Vieira offiziell eröffnen. Vorher wird als erster Knüller der Whistleblower Edward Snowden in einer Live-Schalte aus Russland zu den Teilnehmern sprechen. Nach ihm darf Guo Ping auf die Bühne, der Chef des umstrittenen chinesischen Huawei-Konzerns. Sein Unternehmen steht vor allem in den USA im Verdacht, die neue 5G-Technologie für Spionage zu nutzen. Politisch einseitig werde der Web Summit selbstverständlich nicht werden, garantiert Paddy Cosgrave: "Wir haben auch Michael Pillsbury eigeladen, den China-Berater Trumps und den Technologiefachmann des Weißen Hauses, Michael Kratsios." Der Web Summit sei eben eine Art Parlament, auf dem jeder seine Meinung sagen könne.