Web Summit der Superlative
6. November 2018Die einen diskutieren über die Gefahren des Internets, die anderen suchen Ideen oder wollen sie verkaufen: Der Web Summit 2018 hat begonnen. Mehr als 2000 Startups stellen sich auf dem Lissabonner Messegelände vor, über 1500 Investoren wollen ihr Geld los werden, rund 70.000 Besucher aus 159 Ländern tummeln sich am Ufer des Tejo-Flusses in der portugiesischen Hauptstadt. Noch bis Donnerstag ist Lissabon das Mekka des Internets. Selbst UN-Generalsekretär António Guterres ist zur Eröffnungsveranstaltung am Montagabend gekommen. Er mahnte, die digitale Evolution dürfe nicht kriegerischen Zwecken dienen, sondern müsse eine "Kraft des Guten" sein. Tim Berners-Lee, der Erfinder und Prophet des World-Wide-Web, regte vorher einen Pakt für das Web an.
Pakt für das Web
Frankreich, so verkündete Mounir Mahjoubi, Minister für Digitales, wird diesem Pakt als erstes Land beitreten; es gehe dabei einerseits um die Freiheit des Internets, andererseits auch um die Erleichterung des Zugangs für die, die noch kein Internet haben. Das sind immer noch rund die Hälfte der Erdbevölkerung, wie Berners-Lee zu bedenken gab. Der Vater des Internets forderte gleichzeitig mehr Verantwortung von allen Beteiligten: Regierungen, Unternehmen, Programmierern und Nutzern. Sowohl beim Datenschutz, beim freien Zugang, als auch bei der Nutzung gebe es Probleme und Auswüchse, die korrigiert werden müssten. Es gelte, gemeinsam gegen Fake News und Hassreden - vor allem in den sozialen Netzwerken - vorzugehen. Auch Google und Facebook haben den Pakt inzwischen unterschrieben.
Über Fake News diskutierten am ersten Tag auch Mitchell Baker von der Mozilla Foundation, die den Browser Firefox entwickelt, David Pemsel von der britischen Tageszeitung Guardian und die serbische Regierungschefin Ana Brnabic auf der Hauptbühne. Tenor: Lügen seien nicht neu, aber heutzutage finanziell lukrativ, schneller und einfacher zu verbreiten. Gute Bildung, Qualität und Transparenz wurden als Gegenmittel genannt. Persönliche Daten und deren Schutz, die Zukunft der Autoindustrie, Kryptowährungen und Künstliche Intelligenz standen ebenfalls im Mittelpunkt.
Investoren auf der Suche
In den vier Ausstellungshallen ging es vor allem um Geld und Kontakte: Investoren und Startup-Gründer drängten sich bei Speed Dates - Kontakte machen und Netzwerken war angesagt. Oscar Ramos von Chinaccelerator aus Shanghai etwa suchte nach Unternehmen, die auf den chinesischen Markt wollen. "Ich habe viele Unternehmen mit Potential gefunden", freut sich der Investor, jetzt wolle er weitersehen. Karel Tusek von Springtide Ventures aus der Tschechischen Republik hat Geld für Technologie-Startups. Tusek hat ausgerechnet beim Web Summit ein interessantes Unternehmen aus seinem Heimatland gefunden und will die nächsten Tage weitersuchen. Anna Sophie Lott von der deutschen Vitafy sucht vor allem Inspiration und neue Ideen.
"Wissen, wohin der Trend geht", will Jenni Schwanenberg von Mantro. "Wenn man sich die Alpha- und Beta-Startups anschaut und aufpasst, wo die Investoren hingehen, kann man sich da gut orientieren", stellt die Frau aus München fest. Sie ist 'Company Builder', sucht gute Ideen und gründet dann Firmen. Allerdings nicht mit Risikokapital, darum kann sie nicht so viel Geld wie andere in die Hand nehmen: "Wir arbeiten nicht mit Zehn-Millionen-Euro-Budgets pro Jahr. Bei uns geht es eher um ein bis zwei Millionen."
Noch bis Donnerstag
Für ihre Ideensuche bleiben Schwanenberg noch zwei Tage, am Donnerstag geht der Web Summit zu Ende. Bis dahin werden die Teilnehmer rund 975.000 Kilometer durch die Ausstellungshallen gelaufen sein, haben die Organisatoren hochgerechnet. Die Teilnehmer werden 367.500 Kaffees getrunken und möglichst viele Redner auf den insgesamt 24 Bühnen zugehört haben. Die Drinks in den Lissabonner Bars beim "Night Summit" am Abend nicht mitgerechnet. Dabei, das bestätigt auch Jenni Schwanenberg, werden übrigens die besten Kontakte gemacht.