Berühmte Datenlecks
7. November 2017Whistleblower gibt es vermutlich schon seit Menschengedenken. Doch erst durch ausgeklügelte Software und Server, die vor Terrabytes an Datenbergen nicht zurückschrecken, werden aus den Informationen brisante Geschichten. Ein einzelner Datendetektiv - ob Journalist oder Bürger - wäre damit überfordert. Oft sind es internationale Recherchenetzwerke, die aus den schier unüberblickbaren Datenmeeren Geschichten herausfischen - und nach monatelanger Arbeit veröffentlichen. Ein Überblick über die größten Datenlecks (Leaks) der letzten Jahre.
Paradise Papers 2017
Worum geht es?
Im Fokus der jüngsten Enthüllungen stehen globale Steuerparadiese. Dort horten Politiker, Konzerne und Superreiche ihr Vermögen - teils ganz legal. Aus 13,4 Millionen Dokumenten geht hervor, mit welchen Tricks sie mit Hilfe von Briefkastenfirmen vermieden haben, Steuern zu zahlen. Unter den Steueroptimierern sind der irische Rocksänger und U2-Frontman Bono, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, aber auch Firmen wie Siemens, Nike oder McDonalds. Sie alle sollen die Dienste der Anwaltskanzlei Appleby genutzt haben, um Steuern "vorteilhaft" zu gestalten. Appleby wurde in der britischen Kronkolonie Bermuda gegründet und ist in fast allen Steueroasen der Welt aktiv.
Wer hat die Daten enthüllt?
Ein Team aus fast 400 Journalistinnen und Journalisten aus 67 Ländern hat sich monatelang durch die Paradise Papers gewühlt, um darin Geschichten aufzuspüren. Mit dabei: das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ), die New York Times, der Guardian, die BBC, Le Monde und in Deutschland die Süddeutsche Zeitung (SZ), der Norddeutsche Rundfunk (NDR) sowie der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Die "Paradise Papers" waren den Medien zuvor zugespielt worden.
Panama Papers 2016
Worum geht es?
Die Panama Papers enthüllten Praktiken zur Steuerflucht und -vermeidung. Darin zeigen Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente ihr Vermögen in Offshore-Firmen hielten - was nicht unbedingt strafbar ist. Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und Kontoauszüge zu 214.000 Gesellschaften vor allem in der Karibik. Dabei tauchten die Namen von 140 Politikern und engen Vertrauten auf, darunter die Staatschefs Argentiniens und der Ukraine. In Island führte die Veröffentlichung zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Sigmundur Gunnlaugsson und zum Verzicht des Staatschefs Ólafur Ragnar Grímsson auf eine Wiederwahl.
Wer hat die Daten enthüllt?
Durch die Panama Papers - mit 2,6 Terrabyte das bislang größte Datenleak - wühlten sich Journalisten aus aller Welt rund um das Investigativ-Netzwerk ICIJ. Aus Deutschland war der Rechercheverbund aus Süddeutscher Zeitung, Norddeutschem Rundfunk sowie Westdeutschem Rundfunk daran beteiligt. Für die Enthüllungen erhielt das ICIJ 2017 die höchste Auszeichnung im US-Journalismus, den Pulitzer-Preis.
Luxemburg Leaks 2014
Worum geht es?
Durch Luxleaks wurde Steuervermeidung im großen Stil aufgedeckt. Dabei geht es um Milliarden an Abgaben, die nicht geleistet wurden. Aus den Daten geht hervor, wie multinationale Konzerne wie Ikea, Amazon, Fedex, Pepsi oder Disney jahrelang mit Hilfe sogenannter Tax-Rulings ihre Gewinne in Europa unversteuert einkassiert hatten. Tax-Rulings sind geheim verhandelte Steuerabkommen des Luxemburger Finanzamtes mit Großkonzernen.
Wer hat die Daten enthüllt?
Zwei Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), Antoine Deltour und Raphael Halet, brachten den Stein ins Rollen. Sie hatten Zugang zu Informationen, aus denen die milliardenschwere Steuervermeidung hervorging. Rund 30.000 Dokumente gaben sie an den französischen Investigativ-Journalisten Edouard Perrin weiter.
Vor Gericht verantworten mussten sich jedoch nicht die Großkonzerne, die das Gemeinwesen in Europa um Hunderte Milliarden Euro gebracht hatten. Auf der Anklagebank in Luxemburg saßen die drei Whistleblower.
Offshore-Leaks 2013
Worum geht es?
Auch bei den Offshore-Leaks geht es um geheime Geschäfte in Steueroasen. Aus den Datensätzen gehen verschleierte Kapitalbewegungen in Steuerparadiesen hervor. Von mehr als 130.000 Personen aus gut 170 Ländern ist die Rede. In rund 2,5 Millionen Dokumenten werden über 120.000 Briefkastenfirmen genannt, mit deren Hilfe Steuern vermieden würden. Firmensitz waren zum Beispiel die Britischen Jungferninseln, Singapur oder die Seychellen.
Wer hat die Daten enthüllt?
Eine anonyme Quelle hatte die Daten dem Internationalen Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ) in Washington zugespielt. Medien aus 46 Ländern schlossen sich zusammen, um die Daten zu prüfen. Darunter waren auch die Süddeutsche Zeitung und der Norddeutsche Rundfunk.
NSA-Enthüllungen 2013
Worum geht es?
Die Enthüllungen offenbaren Internet- und Telekommunikationsspionage durch US-Geheimdienste. Aus ihnen geht hervor, dass der Geheimdienst NSA massenweise private Nutzerdaten zum Beispiel von Firmen wie Google, Apple oder Facebook ausgespäht und analysiert haben soll. Über das Spähprogramm "PRISM" seien dadurch Chats und E-Mails gesammelt worden. Auch das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel soll abgehört worden sein.
Wer hat die Daten enthüllt?
Als Systemadministrator der NSA hatte der US-Amerikaner Edward Snowden Zugang zu Informationen, die als "top secret" eingestuft wurden. Mit den Enthüllungen wurde der ehemalige CIA-Mitarbeiter wohl zu einem der berühmtesten Whistleblower. Er spielte die Daten Glenn Greenwald, einem Journalist bei der britischen Zeitung "The Guardian", und der Filmemacherin Laura Poitras zu.
Snowden floh nach der Veröffentlichung nach Russland, wo er seither inkognito an einem unbekannten Ort lebt. In den USA droht im weiterhin ein Haftbefehl wegen Spionage.
Wikileaks 2010
Worum geht es?
Die Enthüllungsplattform hat geheime Daten der US-Armee ins Netz gestellt. Ans Licht kamen Tagebücher über die US-Kriege im Irak und in Afghanistan, Akten über die Haftbedingungen auf Guantanamo und Abgründe der US-Diplomatie.
Wer hat die Daten enthüllt?
Die ehemalige Soldatin Chelsea Manning, vor ihrer Geschlechtsumwandlung als Bradley Manning bekannt, spielte Wikileaks während ihrer Stationierung im Irak Hunderttausende geheime Armeedokumente zu. Wegen Geheimnisverrats musste die Informantin sich vor einem US-Militärgericht verantworten. Der Vorwurf: Manning habe übers Internet dem Feind Informationen zugänglich gemacht. Sie wurde nach sieben Jahren Haft freigesprochen - ein Gnadenakt, den Ex-Präsident Barack Obama in seiner letzten Amtswoche erwirkte.
Mit Mannings Material wurde Wikileaks über Nacht berühmt. Allerdings steht die Plattform auch zunehmend in der Kritik, da sie riesige Datenmassen veröffentlicht, ohne diese jedoch einzuordnen.