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DIW fordert noch ein Konjunkturpaket

11. Juni 2020

Wirtschaftsforscher schlagen ein weiteres milliardenschweres Konjunkturprogramm vor: Die Investitionen von 192 Milliarden Euro würden sich weitgehend selbst tragen und das Bruttoinlandsprodukt ankurbeln.

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Symbolbild Wirtschaftswachstum: Blauer Himmel über zwei Baukränen in Deutschland
Bild: picture alliance/chromorange

Angesichts des Rekord-Rezession durch die Corona-Krise schlägt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein weiteres milliardenschweres Konjunkturprogramm vor. Es sollte einen Investitionsfonds für Unternehmen beinhalten, Kommunen entlasten und zukunftsweisende Impulse setzen.

Deutschland, so DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen, könne sich nicht "aus der Krise hinausexportieren" wie nach der Finanzkrise. "Unsere Kassenschlager - Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen - werden nicht mehr nachgefragt." Das vorgeschlagene zweite Konjunkturpaket schaffe mehr Arbeitsplätze als durch die Corona-Krise verloren gegangen seien. Durch höhere Steuereinnahmen finanziere es sich knapp zur Hälfte selbst.

Rund 192 Milliarden Euro sollen demnach in den nächsten zehn Jahren investiert werden: in Kitas und Ganztagsschulen, in Schlüsseltechnologien, Unternehmensgründungen, eine Entschuldung der Kommunen und eine Umstiegsprämie für Menschen, die vom Auto auf Fahrrad, Bus und Bahn wechseln. Ziel müsse ein digitaler, ressourcen- und klimaschonender Umbau der Industrienation sein, so das Institut am Donnerstag.

"Hier hat Deutschland viel nachzuholen"

Bei dem vorgeschlagenen Volumen würde das jährliche Wachstum in den kommenden zehn Jahren um durchschnittlich 0,5 Prozent jährlich erhöht, wie das DIW betonte. Zugleich werde die Beschäftigung um mehr als 800.000 Arbeitsplätze aufgebaut. "Wir sollten nicht nur die nächsten zwei Jahre einen Konjunkturimpuls haben, sondern für die nächsten zehn Jahre das Wachstum verstetigen", sagte Claus Michelsen.

Ein solches Programm finanziere sich dadurch fast zur Hälfte selbst. "Wir reden schon seit geraumer Zeit über Dekarbonisierung, Digitalisierung, Infrastruktur oder bessere Bildung", so Michelsen weiter. "Hier hat Deutschland viel nachzuholen."

Das von der Bundesregierung bereits beschlossene Konjunkturprogramm von 130 Milliarden Euro gehe zwar in die richtige Richtung, stabilisiere aber vor allem kurzfristig. "Zusätzliche Investitionen zahlen sich hingegen langfristig aus und steigern die Einkommen dauerhaft", sagte Michelsen. "Damit hinterlassen wir zukünftigen Generationen nicht nur eine wettbewerbsfähigere und nachhaltigere Wirtschaftsstruktur - wir erleichtern mit höherem Wachstum auch den Schuldenabbau."

Lob für die EZB

Das DIW hält für das laufende Jahr einen Einbruch des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 9,4 Prozent für das wahrscheinlichste Szenario. Die Wirtschaft könne ab dem Sommerquartal wieder wachsen, aber nur "schleppend", sagte Michelsen. Die Zahl der Arbeitslosen steige im Jahresschnitt um eine halbe Million.

"Dass viele Unternehmen vom Exportgeschäft abhängig sind, macht die deutsche Wirtschaft in Krisenzeiten wie diesen sehr verletzlich", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Die Verluste dürften 2021 bei weitem noch nicht wettgemacht sein. Dann werde die deutsche Wirtschaft aus heutiger Sicht um 3,0 Prozent wachsen.

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung stütze die Konjunktur spürbar, so das DIW. Wird es so umgesetzt, dürfte der wirtschaftliche Einbruch mit 8,1 Prozent in diesem Jahr geringer und die Erholung im 2021 mit 4,3 Prozent kräftiger ausfallen. Fratzscher lobte außerdem das Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie habe aus früheren Krisen gelernt und früh und massiv eingegriffen. "Das hat die Finanzmärkte stabilisiert", sagte Fratzscher.

dk/fab (dpa, rtr)