Der Wurstzipfel für die deutsche Automobil-Konzerne hing schon in der Luft: Die Forderung nach einer Prämie für den Kauf von Autos, auch und gerade mit herkömmlichen Benzin- und Dieselmotoren, kam wie ein Reflex immer und immer wieder. Und eben nicht nur von Deutschlands Schlüsselindustrie selbst. Hatten doch alle Befürworter auch in dieser Krise rund 800.000 Argumente auf ihrer Seite: Arbeitsplätze.
Doch diese Koalition zeigt erneut, dass die zuvor so lähmende Suche nach Konsens in dieser Krise eine Stärke sein kann: Merkels Unionsparteien und die Sozialdemokraten haben sich mit diesem Paket grundsätzlich dagegen entschieden, den alten Status Quo, quasi das fossile Deutschland, überhaupt weiter als Ziel anzustreben. Gut so. Das hätte auch anders ausgehen können.
Zwang zum Blick in Richtung Zukunft
Hat man in Berlin in den vergangenen 15 Jahren, der Regierungszeit von Angela Merkel, doch schon die Digitalisierung und die Elektrifizierung von Mobilität verschlafen. Nun hat die Corona-Pandemie alle aus der politischen Routine herausgerissen und die Politik zum nüchternen Blick Richtung Zukunft gezwungen. Zuvor war die Bundesregierung schon bereit, über 700 Milliarden Euro in das nackte Überleben der Wirtschaft in der Krise zu stecken. So sollten nun die 130 Milliarden Euro für das Konjunkturpaket nicht auch noch in der politischen Gießkanne verschwinden.
Nach gut 21 Stunden Verhandlungen an zwei Tagen entschieden die Partei- und Fraktionsspitzen: Kaufprämien gibt es lediglich für Elektrofahrzeuge, Innovationsprämien für die Industrie. Der Konsum soll mit dem breitest möglichen Instrument der Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent angekurbelt werden. Die 300 Euro bar in die Hand pro Kind dürfen dabei als populistisches Strohfeuer bewertet werden. Zum Ziel verlässlicher, zeitgemäßer Bildung für alle trägt diese Aktion jedenfalls nichts bei.
Hoffen auf einen noch größeren Wurf
Der Durchbruch in eine zukunftsgerichtete Politik, die nicht weiter die Auswirkungen der digitalen Revolution abfedern, sondern gestalten will, ist dieses Konjunkturpaket noch nicht. Doch es ist eine Weichenstellung gut ein Jahr vor dem Ende von Angela Merkels letzter Amtszeit als Bundeskanzlerin - eine Weichenstellung, die auf einen weiteren, größeren Wurf hoffen lässt. Hatte die 2005 ins Amt gekommene CDU-Politikerin doch selbst über ein Jahrzehnt von den nachwirkenden Effekten der unpopulären Agenda 2010 des Sozialdemokraten Gerhard Schröder profitiert. Und so könnte das jetzige Konjunkturpaket ein erster, wichtiger Schritt in Richtung einer Merkel'schen Agenda 2030 sein.