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Flüchtlingen droht harter Winter

Bernd Grässler4. November 2015

Die Hilfsorganisationen haben zu wenig Geld für Winterquartiere. Deutschland stockt seine Hilfe auf. UN-Kommissar Guterres lässt die Transitzonen ein deutsches Problem sein.

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Bildergalerie Moria Flüchtlingslager auf Lesbos
Bild: DW/D. Cupolo

Den großen internationalen Hilfsorganisationen fehlt das Geld, um Hunderttausende Flüchtlinge in Europa und dem Nahen und Mittleren Osten sicher über den Winter zu bringen. Das erklärte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres nach einem zweieinhalbstündigen Treffen mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Zwar seien die Beiträge auch dank einer deutschen Initiative im Rahmen der G7 in letzter Zeit angestiegen, aber bisher verfüge man nur über rund 50 Prozent des Geldes, das tatsächlich notwendig sei, sagte Guterres. Nicht nur die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei gefährdet, sondern vor allem auch die Bereitstellung von winterfesten Unterkünften für die Menschen auf der Flucht.

Europäische, keine deutsche Krise

Nach einem Gespräch mit Guterres und Vertretern von Hilfsorganisationen kritisierte auch Steinmeier, die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft halte nicht Schritt mit den steigenden Bedürfnissen, die es gebe: "Sie scheint nicht bereit zu sein, die nötigen Gelder tatsächlich zu Verfügung zu stellen." Der Außenminister dankte dem Haushaltsausschuss des Bundestages, der am gleichen Tag beschlossen hatte, die Unterstützung für die UN-Flüchtlingslager in den Nachbarländern Syriens um 75 auf insgesamt 475 Millionen Euro für dieses Jahr aufzustocken. Seit Ausbruch des Bürgerkrieges hat Deutschland damit mehr als eine Milliarde Euro für humanitäre Hilfe und andere Unterstützung in der Region zur Verfügung gestellt.

Die mangelnde Finanzierung hat zu einer dramatischen Verschlechterung der Verhältnisse in den Flüchtlingslagern der Region geführt und ist einer der Gründe, warum sich derzeit so viele Menschen auf den Weg nach Europa machen. Allein im Oktober sind laut Vereinten Nationen mehr als 218.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflüchtet. Das sind mehr Flüchtlinge als im gesamten Jahr 2014 in Booten an den europäischen Küsten ankamen.

Antonio Guterres
UN-Flüchtlingskommissar Guterres: Nur 50 Prozent der benötigten GelderBild: picture-alliance/dpa/J.-Ch. Bott

Flüchtlingskommissar Guterres forderte die Länder Europas auf, dem Beispiel Deutschlands zu folgen und mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die Flüchtlingskrise sei eine europäische, keine deutsche Krise.

Mörderisches Geschäft

Der Portugiese richtete außerdem einen, wie er sagte, "persönlichen Appell" an die Regierungen, die kriminellen Schlepperbanden entschlossener zu bekämpfen. "Wir sehen Boote zerbrechen und Kinder sterben", beklagte Guterres. Wer im bevorstehenden Winter Leute dazu bringe, in fragilen Booten, die bei geringstem Seegang kentern könnten, das Mittelmeer zu überqueren, der verfolge "ein mörderisches Geschäft." Die Bekämpfung der Schleuser sei deshalb nicht nur eine politische Aufgabe sondern auch eine moralische Verpflichtung.

Der Senegalese Elhadj As Sy, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, verwies auf die schlechte medizinische Betreuung der Flüchtlinge und forderte gleichzeitig mehr legale Wege für Migranten nach Europa. Dies würde den kriminellen Schleppern das Geschäft verderben.

Auch die Vertreter der internationalen Hilfsorganisationen blieben nicht von der quälenden deutschen Debatte um die Einrichtung von Transitzonen verschont. Was er denn vom Streit um diese Lager halte, wurde Guterres auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Steinmeier von einer Journalistin gefragt. Erwartungsgemäss zeigte er sich wenig geneigt, sich in die deutsche Innenpolitik einzumischen. "Das Einzige, was ich weiss, ist, dass ich absolut sicher bin, dass Deutschland die richtige Entscheidung treffen wird", antwortete der UN-Beamte.

Das Gespräch Steinmeiers mit den Hilfsorganisationen war die deutsche Reaktion auf einen offenen Brief, den diese Anfang September an die Regierungen Europas gerichtet hatten. Darin mahnten sie eine gemeinsame Antwort Europas auf die Flüchtlingskrise an.