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Wie setzt sich das Wahlvolk zusammen?

Jon Shelton hk
3. November 2020

Die US-Präsidentschaftswahl läuft bereits seit Wochen. Millionen Menschen haben bewusst vor dem 3. November ihre Stimme abgegeben. Ein Blick auf die Statistik.

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Wahlen in den USA - Vorzeitige Stimmabgabe in Richardson I Texas
Bild: Lm Otero/AP/dpa/picture-alliance

Jeder US-Bürger, der mindestens 18 Jahre alt ist, darf am 3. November seine Stimme abgeben. In einigen Bundesstaaten wird Straftätern allerdings dieses Recht aberkannt. Im Vergleich zu anderen Industriestaaten ist die Wahlbeteiligung in den USA niedrig. 2016 gaben rund 56 Prozent der Bevölkerung im wahlfähigen Alter ihre Stimme ab. 2008 waren es noch 64 Prozent - ein Rekord.

Weil jede Partei unterschiedliche Zielgruppen umwirbt, sind Herkunft oder ethnische Zugehörigkeit Schlüsselfaktoren in der Wahlkampagne. Laut einem Bericht der US-Wahlbehörde "Election Assistance Commission" waren bei den Halbzeitwahlen 2018 mehr als 211 Millionen Wählerinnen und Wähler registriert. Am Ende wurden 122 Millionen Wahlzettel eingereicht. Den größten ethnischen Wählerblock bildeten Weiße: 57 Prozent der weißen Wahlberechtigten stimmten ab.

Doch die Zusammensetzung der Bevölkerung in den USA verändert sich, und in den vergangenen Jahrzehnten ist die weiße Mehrheit kontinuierlich geschrumpft. Die Gruppe der nicht weißen Bevölkerung macht mittlerweile ein Drittel der Wahlberechtigten aus. Im Jahr 2016 war es etwas mehr als ein Viertel.

Infografik Wahlberechtigte Latinos in den USA 2000-2020 DE

Zurzeit machen Hispano- oder Latino-Amerikaner mit 32 Millionen Wahlberechtigten - 13 Prozent der Wahlberechtigten insgesamt - die größte Gruppe innerhalb des Blocks der nicht-weißen Wähler aus. Schwarze folgen knapp dahinter, mit 30 Millionen Wahlberechtigten oder rund 12,5 Prozent aller potenziellen Wähler. Außerdem sind rund elf Millionen asiatische Amerikaner zur Wahl aufgerufen - rund 4,7 Prozent.

Der Wähler-Block der Latinos wird oft als "schlafender Riese" bezeichnet, der die Macht hat, die US-Politik in den kommenden Jahrzehnten zu beeinflussen. Doch weder den Republikanern noch den Demokraten ist es bislang gelungen, das Potenzial dieser Gruppe, die für ihre niedrige Wahlbeteiligung bei US-Wahlen bekannt ist, wirklich für sich zu nutzen.

Hoffnungsträgerin Harris

Die Corona-Pandemie hat in den USA Afro-Amerikaner, Latinos, Indigene und asiatische Communities besonders hart getroffen. Die Demokraten hoffen, aus der Wahl ein Referendum über Donald Trumps Umgang mit dem Virus machen zu können, und wenden sich gezielt an unterrepräsentierte Wählergruppen. Die Republikaner, so argumentieren sie, wollten ihnen die Gesundheitsversorgung wegnehmen, zu einer Zeit, in der die Menschen diese am dringendsten bräuchten.

USA | Vorwahl in Pennsylvania
Wählen in Pandemie-Zeiten: So sah der Gang zur Wahlurne bei den Vorwahlen im Juli in Philadelphia ausBild: Reuters/J. Roberts

Ob so viele Angehörige von Minderheiten für Joe Biden stimmen werden wie 2008 und 2012 für Barack Obama, bleibt abzuwarten. 2016 sank die Wahlbeteiligung bei Minderheiten. Biden hat seine Verbundenheit mit marginalisierten Gruppen betont, und ihnen mit der Wahl von Kamala Harris als potenzielle Vizepräsidentin, deren Vater aus Jamaika in die USA kam und deren Mutter aus Indien stammte, signalisiert, dass er diese ernstnimmt.

Kampf um junge Wähler...

Nach Angaben des Pew Research Center werden in diesem Jahr 40 Prozent der Wahlberechtigten 56 Jahre alt oder älter sein. 2016 waren es noch 44 Prozent. Davon stimmten 53 Prozent 2016 für Trump - und verhalfen ihm damit in wichtigen Swing States in Industrieregionen, aber auch in Staaten im sogenannten Sun Belt wie etwa Florida und North Carolina, zum Sieg.

2020 stellen die jungen Wähler, die am Wahltag zwischen 18 und 23 Jahre alt sein werden, rund zehn Prozent der Bevölkerung im wahlfähigen Alter. Die "Generation-Z" ist ethnisch deutlich diverser als die Angehörigen der sogenannten Babyboomer-Generation. Beide Parteien umwerben denn auch junge Wähler. 

…und um Frauen

Bei allen Präsidentschaftswahlen seit 1984 war die Wahlbeteiligung unter Frauen höher als die unter Männern. 2016 gaben 63 Prozent der weiblichen Wahlberechtigten ihre Stimme ab, bei den Männern waren es 59 Prozent.

Weiße Frauen führten bei der Wahlbeteiligung vor weißen Männern (67 zu 64 Prozent), gefolgt von schwarzen Frauen und schwarzen Männern (64 zu 54 Prozent) und Latinas und Latinos (50 zu 45 Prozent).

Auch Bildung spielt bei der Wahlbeteiligung eine Schlüsselrolle: Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss stimmen häufiger ab als solche ohne. Das Geschlecht spiegelt sich zudem in der Parteizugehörigkeit wider. Die extremsten Beispiele sind weiße Männer, von denen sich 58 Prozent als Republikaner, und schwarze Frauen, von denen sich 87 Prozent als Demokratinnen verstehen.

Während Biden versucht hat, sich als Kämpfer für Frauenrechte zu präsentieren, und dies mit der Wahl einer Frau als Vizepräsidentin unterstrichen hat, gehen Trump und seine Republikaner den entgegengesetzten Weg: Sie haben signalisiert, dass sie eine Abschaffung legaler Abtreibungen anstreben und die Ängste von weißen Frauen in den Vorstädten ausgenutzt, um sich ihre Unterstützung zu sichern.

Trumps Basis schrumpft

Das Wählerverhalten wird außerdem von Faktoren wie Einkommen, Bildung, Religion, sexuelle Orientierung und Identität bestimmt. Biden folgt dem traditionellen Ansatz seiner Partei, die Wählerbasis zu erweitern. Dabei geht es darum, eine breite Koalition von Unterstützern aufzubauen, die so viele Minderheitenwähler wie möglich umfasst, und gleichzeitig so wenig weiße Wähler wie möglich verliert. In der Vergangenheit haben Frauen und junge Wähler den Demokraten zum Sieg verholfen. Das versuchen Biden und Harris erneut für sich zu nutzen.

Für Trump ist ethnische Zugehörigkeit in diesem Wahlkampf einer der wichtigsten Aspekte. Seine Basis ist überwiegend weiß, und nicht nur wenn er mit seinen Unterstützern kommuniziert, wird ihm offener Rassismus vorgeworfen.

2016 gewann Trump die Wahl mit weniger Stimmen von Schwarzen und Latinos als irgendein anderer Präsident in den vergangenen 40 Jahren. Doch trotz seiner eindeutig gegen Einwanderer gerichteten Haltung hat Trump konservative Hispano-Amerikaner im Sun Belt, besonders in Florida, ins Visier genommen - in der Hoffnung, sich in wichtigen südlichen Bundesstaaten Stimmen zu sichern.

Zwar hat Trump behauptet, mehr für Afro-Amerikaner getan zu haben als jeder andere Präsident seit Abraham Lincoln. Doch seine offene Feindseligkeit gegenüber Gruppen wie Black Lives Matter, der kalifornischen Kongressabgeordneten Maxine Waters und Personen des öffentlichen Lebens wie dem American-Football-Spieler Colin Kaepernick haben seine Bemühungen, schwarze Wähler für sich zu gewinnen, behindert.

Anstatt eine Erweiterung seiner Basis anzustreben, hat Trump versucht, noch mehr Weiße ohne Hochschulabschluss zu überzeugen - jene Wähler, die ihm 2016 zum Sieg verhalfen. Zwar wächst diese Gruppe demografisch nicht, aber da Weiße ohne Hochschulabschluss 2016 die Hälfte aller Nichtwähler stellten, könnten dort noch einige Stimmen zu holen sein. Beobachtern zufolge wird es Trump bei dieser Wahl schwieriger haben, weil seine demografische Basis in den vergangenen vier Jahren geschrumpft ist.