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Ukraine: Tschechien organisiert weltweit Munition

25. März 2024

Tschechien beschafft derzeit 800.000 Stück Artilleriemunition für die Ukraine - vor allem aus Ländern des Globalen Südens. Die Prager Aktion wird von etwa 20 Ländern, darunter auch Deutschland, finanziell unterstützt.

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Männer mit Blumen in der Hand, darunter der tschechische Staatspräsident Petr Pavel, vor einer Gedenktafel mit Fotos
Der tschechische Staatspräsident Petr Pavel (2.v.l.) legt im April 2023 in der "Allee der Helden" in der ostukrainischen Stadt Dnipro Blumen für gefallene ukrainische Soldaten und die Ermordeten der Revolution von 2014 niederBild: Karel Capek/CTK/dpa/picture alliance

Die Tschechische Republik hat eine Initiative zum Kauf von bis zu 800.000 Stück Artilleriemunition für die Ukraine durchgesetzt. Damit soll der Ukraine bei ihrem Verteidigungskampf gegen Russland geholfen werden, bis die Kapazitäten der europäischen und ukrainischen Waffenfabriken erhöht werden können, um das Land ausreichend mit Munition zu versorgen. Die EU hatte der Ukraine bis Ende vergangenen Jahres die Lieferung von einer Million Schuss Munition zugesagt, diese Zusage aber nicht einhalten können.

Die tschechische Initiative begann offiziell am 20. Februar 2024 auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wo der tschechische Präsident Petr Pavel, ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses, erklärte, dass die Ukraine dringend Artillerie und andere Munition benötige - und dass Tschechien wisse, wo man sie beschaffen könne. "Wir haben eine halbe Million Stück Munition des Kalibers 155 Millimeter und 300.000 Stück Munition des Kalibers 122 Millimeter lokalisieren können", so Pavel auf der Konferenz. Er fügte hinzu, dass Tschechien die Munition beschaffen könne, man aber andere Länder bitte, sich finanziell an der Aktion zu beteiligen.

Artilleriegranaten einer ukrainischen Einheit in der ostukrainischen Oblast Donezk
Artilleriegranaten einer ukrainischen Einheit in der ostukrainischen Oblast DonezkBild: Jose Colon/Anadolu/picture alliance

Pavel sprach im Namen der gesamten tschechischen politischen Vertretung. "Es ist dringend notwendig, die Ukraine mit Munition zu versorgen, und wir müssen alle möglichen Wege finden, dies zu tun", bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Daniel Drake, umgehend die Initiative der tschechischen Regierung.

Offiziell keine Details

Bereits Ende Februar schlossen sich Dänemark, die Niederlande und Kanada der tschechischen Aktion an; nach rund einem Monat waren es bereits 20 EU- und NATO-Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich.

Die tschechische Regierung informiert offiziell nicht über die Einzelheiten der Aktion, vor allem um Russland keine Möglichkeit zu geben, den Kauf von Munition in Ländern zu verhindern, in denen der Kreml ebenfalls Einfluss und Kontakte hat. Das Nachrichtenportal Aktualne.cz behauptet jedoch, dass mindestens zehn tschechische Rüstungsfirmen an der Aktion beteiligt seien und ihre Kontakte in den Ländern des Globalen Südens aktiviert hätten, um dort Munition zu kaufen.

Artilleriegranaten in einem Lager
155-Millimeter-Artilleriemunition, die meistgebrauchte Artilleriemunition in der Ukraine, in einem Lager in Scranton im US-Bundesstaat PennsylvaniaBild: Matt Rourke/AP Photo/picture alliance

Die ehemalige Tschechoslowakei gehörte zu Zeiten des Realsozialismus zu den zehn größten Waffenexporteuren der Welt. Obwohl die Waffenausfuhren in den 1990er Jahren stark zurückgingen, konnte ein Teil der Rüstungsindustrie erhalten werden. Auch heute noch produziert und exportiert die Tschechische Republik zahlreiche Waffentypen, von Kampfflugzeugen über Selbstfahrlafetten bis hin zu Kleinwaffen. Im Jahr 2023 wurden aus Tschechien Waffen im Wert von 1,2 Milliarden Euro exportiert. Tschechische Rüstungsunternehmen haben viele Kontakte in Entwicklungsländern. Diese nutzen sie jetzt, um Munition für die Ukraine zu kaufen.

Das Geld ist da

Bereits Anfang März konnte der tschechische Präsident Petr Pavel seinen ersten großen Erfolg verkünden. "Wir den Betrag für den Kauf der gesamten Munition, also 800.000 Stück, zusammen", sagte Petr Pavel. "Von tschechischer Seite aus werden dann alle beitragenden Staaten über den Zeitplan und das weitere Vorgehen informiert", so der Präsident vor Journalisten.

Zwei Männer (Petr Pavel und Wolodymyr Selenskyj) laufen vor einer Reihe Soldaten entlang
Der tschechische Staatspräsident Petr Pavel und der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj im Juli 2023 in PragBild: Petr David Josek/AP/picture alliance

Die Tschechische Republik knüpft mit ihrer Initiative an die umfangreichen Munitionslieferungen an, die Prag bereits an die Ukraine geschickt hat. "Wir liefern seit zwei Jahren Munition an die Ukraine und haben in Abstimmung mit mehreren Partnern bereits mehr als 1,2 Millionen Stück großkalibrige Munition an die Ukraine geschickt", sagt Tomas Pojar, Berater für nationale Sicherheit der tschechischen Regierung, der für die Koordinierung der Lieferungen an die Ukraine zuständig ist, der DW. "Die ersten Lieferungen aus dieser breit angelegten tschechischen Munitionsinitiative werden spätestens im Juni erwartet", so Pojar.

Dank aus der Ukraine

Auch der tschechische Außenminister Jan Lipavsky ist mit den bisherigen Fortschritten zufrieden. "Wir werden sehr positiv wahrgenommen, weil wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit einer guten Idee kamen", sagt Lipavsky der DW. Sowohl US-Außenminister Antony Blinken als auch sein ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba hätten ihm persönlich für die Initiative gedankt.

Ein Mann (Jan Lipavsky) vor einer Europafahne
Der tschechische Außenminister Jan LipavskyBild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Für die tschechische Initiative sprach sich auch der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens vom 22. März 2024 in Brüssel aus. "Der Europäische Rat begrüßt alle jüngsten Initiativen in dieser Hinsicht, die es ermöglichen, die Verpflichtung der EU zur Lieferung von einer Million Stück Artilleriemunition unverzüglich zu erfüllen, einschließlich der von der Tschechischen Republik eingeleiteten Initiative zum sofortigen Kauf von Munition für die Ukraine", heißt es in den Schlussfolgerungen des Gipfels.

Stabilisierung der Front

Die tschechische Initiative kommt zu einer Zeit, in der die Genehmigung eines weiteren großen Militärhilfepakets für die Ukraine im Wert von mehreren zehn Milliarden Dollar in den USA aufgrund des Widerstands republikanischer Abgeordneter eingefroren wurde. Auch die europäischen Rüstungsunternehmen sind nicht in der Lage, die Ukraine mit der erforderlichen Menge an Munition zu beliefern, was vor allem auf die langsam wachsende Produktionskapazität zurückzuführen ist.

Nach Ansicht von Militärexperten verfügt Russland an der Front über fünf Mal so viel Munition bei schweren Waffen wie die Ukraine. Dass beispielsweise die Stadt Awdijiwka in der Nähe von Donezk Mitte Februar in die Hände der Russen fiel, war nach Ansicht von Analysten in erster Linie auf den Mangel an Munition auf ukrainischer Seite zurückzuführen. Es wird befürchtet, dass Russland im Frühjahr eine neue Offensive und einen größeren Durchbruch durch die derzeitige Frontlinie versuchen wird. Die von Tschechien organisierten Munitionslieferungen sollen mithelfen, dies zu verhindern.

Porträt eines Mannes mit blondem Haar, er trägt ein weißes Hemd und ein blau-schwarz kariertes Sakko
Lubos Palata Korrespondent für Tschechien und die Slowakei, wohnhaft in Prag