Mehr Treibhausgase
19. März 2014Es klingt paradox: Der Anteil der erneuerbaren Energien steigt in Deutschland, vor allem im Stromsektor. Biomasse, Wind-, Solar- und Wasserkraft decken schon 25,3 Prozent des deutschen Stromverbrauchs, fast zwei Prozentpunkte mehr als 2012 und über acht Prozentpunkte mehr als 2010.
Gleichzeitig kommt Deutschland beim Klimaschutz nicht voran. Im Gegenteil: Die Treibhausgasemissionen steigen seit Jahren, in den letzten vier Jahren im Durchschnitt um jeweils einen Prozentpunkt pro Jahr. Der Grund für die steigenden Emissionen liegt vor allem am Kohleboom in Deutschland. Im Vergleich zu 2010 stieg die Verstromung der besonders klimaschädlichen Braunkohle um elf Prozent und der Steinkohle um sechs Prozent. Durch den Verfall der Preise für CO2-Zertifikate lässt sich Strom aus Kohle in der EU besonders günstig erzeugen. Mit Preisen von fünf Euro je Tonne C02-Verschmutzungsrecht fehlt der Anreiz für eine klimafreundliche Stromproduktion. Als Folge dieser Entwicklung stehen in Deutschland und der EU immer mehr Gaskraftwerke still.
Ein weiterer Grund für die schlechte deutsche Klimabilanz liegt im zunehmenden Stromexport ins Ausland. Gegenüber 2010 stieg der Export um 91 Prozent. Der günstige deutsche Kohlestrom wird inzwischen auch für Kraftwerksbetreiber in den Nachbarländern zu einem Problem.
Thomas Holzmann, Vizepräsident des Bundesumweltamtes (UBA), sieht den zunehmenden Trend zur Kohleverstromung mit Sorge. "Hält der Trend an, wird es kaum möglich sein, das Klimaschutzziel der Bundesregierung für das Jahr 2020 zu erreichen." Dieses legt fest, dass Deutschland im Jahr 2020 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 ausstößt. Derzeit liegt die Minderung gegenüber 1990 bei nur 24 Prozent und "mit den bisher beschlossenen Maßnahmen werden wir nur 33 Prozent bis 2020 schaffen", warnt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Mit Klimaschutzplan 40 Prozent weniger Treibhausgase bis 2020
Um das Klimaziel noch zu erreichen, will Umweltministerin Hendricks ein ressortübergreifendes Sofortprogramm für den Klimaschutz erarbeiten, denn "bis 2020 bleibt nicht viel Zeit". Das Sofortprogramm soll den ersten Baustein eines längerfristigen nationalen Klimaschutzplans bilden, der im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Es soll die Maßnahmen festlegen, die zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels notwendig sind.
Als wichtigste Handlungsfelder sieht die Umweltministerin dabei die Reparatur und Reform des europäischen Emissionshandels und den Umbau der Energiewirtschaft. Derzeit ist die Energiewirtschaft noch für knapp 40 Prozent aller Treibhausemissionen in Deutschland verantwortlich.
Als weitere Handlungsfelder für mehr Klimaschutz sieht Hendricks den Verkehr und Gebäude, die jeweils 15 Prozent der deutschen Treibhausgase verursachen. Seit dem Regierungswechsel ist das Umweltministerium und damit auch Hendricks für den Bausektor zuständig. Mit der energetischen Sanierung von älteren Gebäude lassen sich nach Angaben von Experten über 90 Prozent der Emissionen sparen. Inzwischen werden auch immer mehr Neubauten schon klimaneutral gebaut. "Gerade als Bauministerin bin ich mir bewusst, wie viel Potenzial immer noch im Gebäudesektor steckt", betont Hendricks.
Mit einer gerade gestarteten Informationsoffensive wirbt ihr Ministerium jetzt für die energetische Gebäudesanierung. Für Hausbesitzer sind die Umbauten oft nicht einfach und komplex. Es fehlt an neutralen Informationen, Kontakten zu Energieexperten vor Ort und Kenntnissen über finanzielle Fördermöglichkeiten. Mit Aufklärung und einem speziellen Internetportal will das Ministerium nun diese Wissenslücken schließen.