Tichanowskaja lobt den Mut der Belarussen
6. Dezember 2020Aus ihrem Exil im benachbarten Litauen lobte die Oppositionspolitikerin den Mut der Menschen. Trotz Festnahmen und Polizeigewalt sei der Protest für viele inzwischen Teil des Alltags geworden, schrieb Swetlana Tichanowskaja im Nachrichtenkanal Telegram. "So wird es bis zum Sieg bleiben."
"Bereits viel erreicht"
Es gebe EU-Sanktionen, und Alexander Lukaschenko werde vom Westen nicht mehr als Präsident anerkannt. Politisch Verfolgte könnten auf Hilfsprogramme der Demokratiebewegung zurückgreifen. Vor allem aber würden die Menschen gemeinsam für ihre Rechte einstehen und sich den Repressionen nicht mehr beugen. "Wir haben gelernt, stolz darauf zu sein, dass wir Belarussen sind." Die Opposition habe "bereits viel erreicht". Jeder Sonntagsmarsch sei eine neue Mahnung und Erinnerung, nicht aufzugeben, so Tichanowskaja. "Wir werden nicht zulassen, dass uns unsere Rechte weggenommen werden und vor Verbrechen die Augen verschließen."
In der Hauptstadt Minsk und anderen Städten des Landes versammelten sich trotz Demonstrationsverbots wieder Menschen in ihren Wohnvierteln und bildeten Protestzüge, wie auf verschiedenen Kanälen von Telegram zu sehen war.
Erneut Hunderte Festnahmen
Erneut gingen Sicherheitskräfte in Sturmhauben gewaltsam gegen friedliche Lukaschenko-Gegner vor. Auf den Straßen patrouillierte die Polizei in zivilen Fahrzeugen, um Demonstranten aufzuspüren. Wie in den vergangenen Wochen wurde das Mobilfunknetz gedrosselt und U-Bahn-Stationen abgesperrt.
Das Menschenrechtszentrum Wesna listete die Namen von mehr als 200 Festgenommenen auf. Die Polizei spricht von mehr als 300 Festnahmen. Die Menschen seien etwa wegen Verstoßes gegen das Versammlungsverbot und wegen Tragens nicht zugelassener Symbole in Gewahrsam genommen worden, teilte das belarussische Innenministerium mit.
Die Menschen forderten wie bei vorherigen Sonntagsdemonstrationen den Rücktritt des seit mehr als einem Vierteljahrhundert regierenden Präsidenten. Viele trugen weiß-rot-weiße Fahnen der Opposition. Der 66-jährige Lukaschenko gilt als "letzter Diktator Europas". Er hatte sich nach der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl im August mit 80,1 Prozent zum Sieger erklären lassen.
qu/sti (dpa, rtr, afp, ap)