Maas sagt Opposition in Belarus Beistand zu
2. Dezember 2020In seiner Rede erklärte Maas, die Europäische Union werde ihre Sanktionen gegen "die Stützen des Lukaschenko-Regimes" ausweiten, sollte der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko "weiter auf Schlagstöcke statt ernsthaften nationalen Dialog setzen". Zusammen mit seinen europäischen Partnern prüfe Deutschland derzeit ein gerichtliches Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen bei den Protesten in Belarus, sagte Maas laut Redetext. Der Minister dankte unter anderem Polen, das mehrere belarussische Oppositionsvertreter aufgenommen hat. "Polen hat als Nachbar von Belarus in den vergangenen Monaten viel geleistet", sagte der Außenminister.
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 9. August gibt es in Belarus Massenproteste gegen Staatschef Alexander Lukaschenko. Der 66-Jährige hatte sich nach 26 Jahren im Amt mit 80,1 Prozent der Stimmen bestätigen lassen. Die Opposition mit der Ex-Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja an der Spitze wirft dem autoritär regierenden Staatschef Wahlbetrug vor. Die Opposition fordert Lukaschenkos Rücktritt und eine Neuwahl.
Gefängnis oder Exil
Auch die EU erkennt die Wiederwahl Lukaschenkos nicht an und verhängte Sanktionen gegen ihn und dutzende andere mutmaßliche Verantwortliche für Gewalt und Wahlbetrug. Die belarussischen Sicherheitskräfte gehen regelmäßig gewaltsam gegen Demonstranten vor. Allein am Sonntag gab es mehr als 300 Festnahmen. Fast alle bekannten Vertreter der Opposition sind mittlerweile entweder im Gefängnis oder im Exil, darunter Tichanowskaja, die kurz nach der Wahl nach Litauen geflohen war.
Am zweitägigen Minsk-Forum der deutsch-belarussischen Gesellschaft (DBG) nehmen neben Tichanowskaja auch der polnische Außenminister Zbigniew Rau und die stellvertretende SPD-Vorsitzende Klara Geywitz teil. Hauptredner ist der renommierte Historiker und Osteuropa-Experte Timothy Snyder. "Mit dem diesjährigen Minsk Forum rufen wir in einer für Belarus historischen Phase zum Ende der Gewalt und zur Freilassung aller politischen Gefangenen auf", erklärte der DBG-Vorsitzende Markus Meckel.
Appell aus Deutschland und Schweden
In einem gemeinsamen Appell forderten unterdessen 30 deutsche und schwedische Politiker ein Ende der Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten in Belarus. In dem auch von Maas unterzeichneten Schreiben wird das "brutale Vorgehen" mit Hunderten Verletzten und mehreren bestätigten Todesfällen scharf verurteilt. Das teilte die Right Livelihood Stiftung, die die Alternativen Nobelpreise verleiht, mit.
"Dieser friedliche Protest, der die Achtung der Grundfreiheiten fordert, kann nur mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft erfolgreich sein", sagte der Chef des belarussischen Menschenrechtszentrums Wesna, Ales Beljazki, der zu den diesjährigen Preisträgern der Stiftung zählt. "Andernfalls wird das ganze Land in einer stalinistischen Diktatur untergehen."
Keinerlei Strafverfolgung
Niemand sei bislang zur Rechenschaft gezogen und keine einzige Untersuchung eingeleitet worden, heißt es in dem Schreiben, das auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen und der langjährige Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, unterzeichnet haben. Menschenrechtler hätten willkürliche Massenfestnahmen, Strafverfolgung unter erfundenen Anklagen, Folter und Misshandlungen dokumentiert. Zudem zeigten sich die Unterzeichner besorgt über die Verfolgung mehrerer Aktivisten der Menschenrechtsgruppe Wesna.
Wesna bekommt an diesem Donnerstag im Rahmen einer Online-Veranstaltung den Alternativen Nobelpreis verliehen. Ausgezeichnet werden außerdem die iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh, der US-Bürgerrechtsanwalt Bryan Stevenson und die Aktivistin Lottie Cunningham Wren aus Nicaragua. Wegen der Corona-Pandemie können die Preisträger der Right Livelihood Awards diesmal nicht vor Ort in Stockholm geehrt werden.
kle/se (afp, dpa)