Heilige Päpste
27. April 2014Dass zwei Päpste gleichzeitig heiliggesprochen werden, das hat es bislang in der Geschichte der katholischen Kirche noch nicht gegeben. Und so war die Messe auf dem Petersplatz wohl das größte Kirchenereignis des Jahres.
Die Erhebungsformel, mit der Papst Franziskus die ehemaligen Kirchenoberhäupter Johannes XXIII. (1958-1963) und Johannes Paul II. (1978-2005) offiziell zu Heiligen erklärte, wurde von Tausenden Menschen auf dem Petersplatz mit lautem und langem Applaus gefeiert. An der Fassade des Petersdoms hingen große Porträts der beiden verstorbenen Päpste.
Papst Franziskus würdigte sie als Vorbilder an Barmherzigkeit und als kirchliche Erneuerer. Johannes XXIII. habe sich durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) als "Papst der Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist" erwiesen. Johannes Paul II. sei "der Papst der Familie" gewesen, sagte Franziskus.
Beide stünden für eine Kirche, in der das Wesentliche des Evangeliums gelebt werde: Liebe, Barmherzigkeit, Einfachheit und Brüderlichkeit. Auch hätten beide die Tragödien ihres Jahrhunderts erlebt, ohne davon überwältigt worden zu sein, sagte Franziskus. Ihr Glaube an Christus als Erlöser der Menschen und Herr der Geschichte sei stärker gewesen; in beiden habe eine lebendige Hoffnung gewohnt.
Hundertausende Gläubige auf dem Petersplatz
Während der Messe wurden die Reliquienbehälter der verstorbenen Päpste vor den Altar gestellt. Der Behälter mit Blut von Johannes Paul II. wurde von Floribeth Mora Diaz aus Costa Rica getragen. Ihre Genesung von einem unheilbaren Hirn-Aneurysma gilt der katholischen Kirche als ein Wunder, dass durch die Fürbitte von Johannes Paul II. geschah. Die Bewirkung mindestens eines Wunders ist nach katholischer Lehre eine der Voraussetzungen für eine Heiligsprechung.
Hundertausend Gläubige hatten die Zeremonie auf dem Petersplatz in Rom live verfolgt. Viele konnten sie nur auf Videowänden in der Stadt sehen, doch das leistete der Stimmung ebenso wenig Abbruch, wie das trübe Wetter.
Bereits am frühen Morgen waren die Menschen in Richtung Petersplatz geströmt. Viele hatten die Nacht in Nähe des Vatikan campiert, um einen möglichst guten Platz zu bekommen. Seit dem späten Samstagabend waren 13 große Innenstadtkirchen für Gebetswachen geöffnet, zur geistigen Einstimmung auf das große Kirchenereignis. Die Straße Via de la Conciliazione, die zum Petersplatz führt, glich einem Meer von vorwiegend polnischen Flaggen.
Ex-Papst Benedikt unter den Kardinälen
Die Stadt Rom hatte rund um den Vatikan eine Sicherheitszone eingerichtet und den Bereich zwischen Petersdom und Tiber-Ufer für den Autoverkehr gesperrt. Die westliche Zufahrtsstraße vom Flughafen Fiumicino war für die anreisenden Staatsgäste reserviert. Insgesamt waren rund 100 offizielle Delegationen von Regierungen und internationalen Organisationen zur Papstmesse angemeldet, unter ihnen Könige, Staatspräsidenten, Regierungschefs und Vertreter anderer Religionen, die seit den Morgenstunden mit Polizeieskorten zum Vatikan fuhren. Die deutsche Bundesregierung wurde von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vertreten. Außerdem reiste Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) nach Rom.
An der Papstmesse wirkte auch Franziskus' direkter Vorgänger, der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. mit. Er wurde von vereinzelten "Benedetto-Rufen" der Gläubigen empfangen. Papst Franziskus feierte seinen polnischen Vorgänger und den italienischen Reformpapst gemeinsam mit etwa 150 Kardinälen, rund 1000 Bischöfen aus aller Welt sowie 6000 Priestern.
Zwei völlig unterschiedliche Heilige
Die beiden Päpste, die Franziskus heiliggesprochen hat, könnten unterschiedlicher nicht sein: der italienische Papst Johannes XXIII. leitete die Modernisierung der katholischen Kirche ein und öffnete sie mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) stärker zum Dialog mit der Welt.
Johannes Paul II. steht hingegen für eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte. Er war der erste nichtitalienische Papst nach 455 Jahren. Bei 104 Auslandsreisen besuchte er 140 Länder. Mit seinen Besuchen in seiner Heimat Polen trug er maßgeblich zum Ende des Ostblocks bei. Sein Pontifikat war mit fast 27 Jahren das zweitlängste der Kirchengeschichte.
cw/wl (kna, dpa, afp)