Die Ausnahme-Heiligen
24. April 2014Wenn Papst Franziskus am Sonntag gleich zwei ehemalige Päpste heilig spricht, ist damit ein Rekord verbunden: Noch nie wurde ein Verfahren zur Heiligsprechung so schnell abgeschlossen, wie das von Johannes Paul II. Nach den von diesem selbst 1983 erlassenen Regeln dürfen die langwierigen Seligsprechungsverfahren als Vorstufe zur Heiligsprechung erst fünf Jahre nach dem Tod des Kandidaten eröffnet werden. Doch Johannes Pauls Nachfolger Benedikt XVI. erteilte die nötige Ausnahmegenehmigung für die Eröffnung des Prozesses bereits an dessen erstem Todestag 2006. Fünf Jahre später sprach Benedikt seinen Vorgänger selig.
Strenges Verfahren, um den Heiligenkult zu kontrollieren
In der Kirche wurden ursprünglich die Heiligen ohne förmlichen Prozess anerkannt. Weil es bei der Heiligsprechung jedoch zu Übertreibungen und Parteilichkeiten kam, zog der Papst die Entscheidung an sich. Der erste von einem Papst Heiliggesprochene war Bischof Ulrich von Augsburg im Jahr 993.
Um den Heiligenkult zu kontrollieren, entwickelte die katholische Kirche seit dem 10. Jahrhundert förmliche Verfahren für die Zulassung zur Verehrung. Wer in der katholischen Kirche heiliggesprochen wird, lebte ein im christlichen Sinn vorbildliches Leben und bewirkte in der Regel mindestens zwei Wunder. Eines ist notwendig, um in den Kreis der Seligen aufgenommen zu werden. Ein entsprechendes Verfahren kann laut Kirchenrecht frühestens fünf Jahre nach dem Tod eingeleitet werden, in Ausnahmefällen aber auch früher, wie jetzt bei Johannes Paul II. Ein zweites Wunder ist nötig, um zum Heiligen zu werden. Bei Märtyrern, die wegen "Hass auf den Glauben" ermordet wurden, wird auf den gesonderten Nachweis eines nach dem Tod gewirkten Wunders verzichtet. Selige werden in der Kirche örtlich begrenzt oder innerhalb bestimmter Gemeinschaften verehrt, Heilige dagegen weltweit. Namentlich registriert sind in der katholischen Kirche nach dem jüngsten Stand von 2004 insgesamt 6.650 Selige und Heilige.
Nach der katholischen Lehre erfüllen Selige und Heilige nicht selbst die von Gläubigen an sie gerichteten Bitten. Vielmehr bitten sie demnach gemeinsam mit den Gläubigen Gott darum, dass die Gebete in Erfüllung gehen. Selig- und Heiligsprechungen erfolgen nach detailliert festgelegten kirchenrechtlichen Verfahren. Die Beteiligten an diesen Prozessen sind Anwälten, Richtern und Gutachtern in weltlichen Gerichtsverfahren vergleichbar. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, liegt die letzte Entscheidung beim Papst.
Einmal mit, einmal ohne Wunder
Für Johannes Paul II. wurde beim Seligsprechungsverfahren der Fall einer Französin als Wunder anerkannt, die an Parkinson litt. Das für die Heiligsprechung erforderliche zweite Wunder bewirkte Johannes Paul nach Überzeugung der Medizinerkommission an einer Frau aus Costa Rica. Diese hatte am Tag seiner Seligsprechung in der Hoffnung gebetet, dass Johannes Paul ihre als unheilbar geltenden Hirnverletzung heile.
Wenn Papst Franziskus am Sonntag (27.04.2014) auch Johannes XXIII. zum Heiligen macht, bedeutet das neben der schnellen Selig- und Heiligsprechung von Johannes Paul II. eine weitere Neuerung. Der "Tugendgrad" des Papstes, der das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) einberief, also Johannes der XXIII., sei "weithin bekannt", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi zur Begründung der Heiligsprechung. Ein Wunder war daraufhin nicht mehr erforderlich.
Zum Festakt der Heiligsprechung werden in Rom Delegationen aus mehr als 50 Ländern erwartet, sowie mindestens 19 Staats- und 24 Regierungschefs. Von den 22 deutschen Bischöfen werden nur zwei an der Heiligsprechung teilnehmen. Auch Ex-Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger, wird mit dabei sein. Außerdem werden rund eine halbe Million Pilger in der italienischen Hauptstadt erwartet erwartet. In Italiens Presse war in den vergangenen Wochen sogar von mehreren Millionen die Rede. Für diejenigen, die es nicht zur Feier auf den Petersplatz schaffen, wurden in der Stadt 17 Großbildschirme aufgestellt, um die Veranstaltung mitzuverfolgen.
gb/sd (dpa, kna, epd, afp)