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PolitikEuropa

Diplomatin Helga Schmid an der OSZE-Spitze

4. Dezember 2020

Die deutsche Diplomatin Helga Schmid ist neue Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Zuletzt arbeitete sie für den Auswärtigen Dienst der EU.

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Argentinien Buenos Aires - Helga Schmid - Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes
Bild: picture-alliance/dpa/telam/G. Luciana

Nicht viele kennen Helga Schmid. Selbst wer sich mit Europapolitik beschäftigt, bekommt nicht unbedingt den Namen der 59-jährigen Deutschen zu hören. Dabei hat sie schon jetzt einen sehr einflussreichen Posten. Sie ist bisher Generalsekretärin, also die Nummer zwei des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Der EAD ist der gemeinsame diplomatische Dienst der EU. Selbst der hat allerdings Mühe, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

Für die Arbeit von Diplomaten ist Unauffälligkeit nicht unbedingt ein Nachteil, eher im Gegenteil. Das galt auch für die bisherige Arbeit von Helga Schmid. Sie war zum Beispiel maßgeblich an den Verhandlungen zwischen der EU und dem Iran um das iranische Atomprogramm beteiligt, wofür sie viel Fingerspitzengefühl brauchte. Auch beim Umgang der EU mit dem innerukrainischen Machtkampf und dem Konflikt mit Russland 2013/14 spielte sie eine wichtige Rolle.

Opec-Konferenz in Wien
Helga Schmid und Abbas Araghchi, Vizeaußenminister des Iran, bei Atomverhandlungen 2019 in WienBild: picture alliance/dpa/R. Zak

In beiden Fällen - Iran und Ukraine - gab es zusätzlich Probleme mit den USA, wo zu dieser Zeit der Demokrat Barack Obama Präsident war. Die US-Regierung setzte jeweils auf mehr Druck auf Teheran beziehungsweise Moskau, während sich die EU kompromissbereiter zeigte.

F-Wort der US-Diplomatin Victoria Nuland

Aus dieser Zeit, Anfang 2014, ist auch der bisher einzige Vorfall bekannt, bei dem der Name Helga Schmid einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde - allerdings auch da nur am Rande. Noch heute ist bei Youtube ein offenbar abgehörtes Telefonat zwischen ihr und Jan Tombinski, dem damaligen EU-Botschafter in Kiew, abrufbar.

Darin sagt Schmid: "Die Amerikaner gehen ein bisschen rum und erzählen, dass wir zu weich sind, während sie stärker sind und auf Sanktionen gehen. (…) Das ist wirklich sehr unfair, wenn sie das verbreiten."

Anscheinend in Reaktion darauf rastete Victoria Nuland, die für Europa zuständige damalige stellvertretende US-Außenministerin, in einem ebenfalls abgehörten Telefongespräch mit dem US-Botschafter in Kiew aus - mit dem Satz "Fuck the EU". Auch das kann man sich weiterhin auf Youtube anhören.

Victoria Nuland DW  Nemtsova.Interview
US-Diplomatin Victoria Nuland 2018 in einem Interview mit der Deutschen WelleBild: DW

Die US-Diplomatie war bloßgestellt, wochenlange Verwicklungen zwischen Brüssel und Washington waren die Folge. Der Ausrutscher legte aber auch die Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Seiten in wichtigen weltpolitischen Fragen offen - einige Jahre bevor Donald Trump Präsident wurde.

Die NS-Vergangenheit des Auswärtigen Amts

Helga Schmid hatte vor ihrer Zeit beim EAD im deutschen Auswärtigen Dienst Karriere gemacht. Es ging bei ihr aber nicht einfach von Posten zu Posten. Sie wurde vom früheren Außenminister Joschka Fischer einmal lobend erwähnt, weil sie an der von Fischer beauftragten systematischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Auswärtigen Amts mitgewirkt hatte.

Die OSZE selbst steckt in der Krise

Die aus 57 Teilnehmerstaaten in Europa, Asien und Nordamerika bestehende OSZE ging aus der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor. Die war 1975 in einem damals noch durch Blöcke geteilten Europa gegründet worden. Aufgabe der OSZE war und ist, wie der Name schon sagt, vor allem Frieden und Verständigung in Konfliktsituationen. Und davon gibt es auch nach der Auflösung der Blöcke einige.

So wird Helga Schmid auch in ihrer neuen Aufgabe mit Krisen zu tun haben, die sie noch aus ihrer Vermittlungsrolle beim EAD kennt: Weder die Ukraine-Krise mit Russland noch der Streit um iranische Atomwaffen sind bisher gelöst.

Symbolbild OSZE
Nur die Fahnen der OSZE-Staaten hängen vor der Wiener Hofburg einträchtig nebeneinanderBild: picture-alliance/blickwinkel/allOver

Doch in der Krise steckt auch die OSZE selbst. Ihr Vorsitzender Edi Rama sagte an diesem Donnerstag zu Beginn des jährlichen Ministerrates, es herrsche unter den Mitgliedern wieder eine Konfrontation ähnlich der im Kalten Krieg. Er spielte auf Konflikte wie in der Ukraine und Berg-Karabach an. Die OSZE sei in der internationalen Diplomatie aber "der letzte Halt, die letzte Zuflucht".

Monatelanges Machtvakuum

Und sogar um die Besetzung des Generalsekretärspostens gab es heftigen Streit. Eine Verlängerung des Mandats des Schweizers Thomas Greminger scheiterte im Sommer am Einspruch Russlands und der zentralasiatischen Länder, die einen Diplomaten aus ihrer Region durchsetzen wollten. Es folgte ein monatelanges Machtvakuum.

Als neue Generalsekretärin hat Helga Schmid auch die schwierige Aufgabe, nicht nur die OSZE nach innen zu befrieden, sondern auch den Zielen der Organisation wieder mehr Geltung zu verschaffen.

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik