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Myanmars Putsch schadet der Wirtschaft

Ashutosh Pandey
9. Februar 2021

Der Putsch in Myanmar beendet nicht nur die kurze Phase der Demokratie, sondern gefährdet auch ausländische Investitionen. Druck aus den USA und der EU könnte das Land weiter in Chinas Einflussbereich treiben.

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Myanmar Proteste gegen den Militärputsch
Bild: Soe Zeya Tun/REUTERS

Myanmars Wirtschaft war bereits durch die Coronamaßnahmen angeschlagen. Nun steht weiterer Schaden an, weil der Militärputsch ausländische Kapitalgeber verunsichert und Investitionen in Milliardenhöhe gefährdet.

Anfang Februar, als die neue Legislaturperiode des Parlaments beginnen sollte, hatte das Militär die Macht an sich gerissen unter dem Vorwand, die Wahl im November sei manipuliert worden. Damals hatte die Nationale Liga für Demokratie (NLD), die Partei der Regierungschefin Aung San Suu Kyi, einen Erdrutschsieg erzielt.

Zehntausende Menschen haben gegen den Putsch demonstriert, es waren die größten Proteste seit mehr als zehn Jahren. Westliche Regierungen haben den Coup verurteilt und die USA haben Wirtschaftssanktionen angedroht.

"Durch den Putsch wirkt das Land jetzt wie ein hoffnungsloser Fall, wie eine Bananenrepublik", sagte der in der Wirtschaftsmetropole Rangun ansässige Analyst David Mathieson der Nachrichtenagentur AFP. "In vielen westlichen Ländern wird man jetzt sicher sagen: Auf gar keinen Fall."

Hoffnungsloser Fall?

Myanmar, mit 54 Millionen Einwohnern eines der ärmsten Länder Südostasiens, hat sich erst 2011 für ausländische Investoren geöffnet. Nach einer umstrittenen Wahl - der ersten in mehr als 20 Jahren - wurde damals eine Zivilregierung unter Führung des früheren Generals Thein Sein vereidigt und vom Militär unterstützt.

Die anschließende Liberalisierung und Modernisierung von Wirtschafts- und Finanzinstitutionen und die ersten demokratischen Wahlen im Jahr 2015 führten zu einem rasanten Wirtschaftswachstum von durchschnittlich sieben Prozent pro Jahr. Große Investitionen von Unternehmen wie H&M, Adidas und Samsonite trugen ihren Teil dazu bei.

Ausländische Investoren waren wie berauscht vom ungenutzten Potenzial des Landes und steckten Milliarden US-Dollar in den Öl- und Gas-Sektor, die Stromproduktion, das verarbeitende Gewerbe sowie das Transport- und Kommunikationswesen. Allerdings kühlte ihr Interesse nach 2016 etwas ab, weil die Reformdynamik nachließ und das Militär zudem des Völkermords an den muslimischen Rohingya beschuldigt wurde. Die Corona-Pandemie ließ die ausländischen Direktinvestitionen dann noch weiter sinken.

"Wir gehen davon aus, dass [der Putsch] das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen schwächen wird", schreibt Sian Fenner, Asien-Analyst bei Oxford Economics, in einer Mitteilung an seine Kunden. "Die politische Unsicherheit wird auch die Erholung der Investitionen und des Wachstums dämpfen."

Laut Fenner sind ausländische Investitionsvorhaben in Höhe von umgerechnet knapp drei Milliarden Euro, die derzeit auf ihre Genehmigung warten, durch die politischen Unruhen gefährdet. Projekte würden dabei "bestenfalls verzögert oder möglicherweise gestrichen", so der Analyst.

Infografik Myanmars größte Exportländer 2019 DE

All das wird auch die Wirtschaftsleistung Myanmars dämpfen. Ausländische Direktinvestitionen waren in den letzten Jahren ein wichtiger Wachstumstreiber und 2019 für mehr als ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich.

Fenner erwartet im laufenden Jahr ein Wachstum von nur noch zwei Prozent. Vor dem Coup hatte er 4,1 Prozent prognostiziert.

Wie reagieren USA und EU?

Analysten sind sich einig, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen auch von möglichen Restriktionen der USA und der Europäischen Union (EU) abhängen.

So könnten die USA etwa wieder Sanktionen gegen Firmen einführen, die mit dem Militär in Verbindung stehen. Sie waren 2016 aufgehoben worden. Weil aber die USA nicht zu Myanmars größten Investoren und Handelspartnern zählen, wäre die Wirkungen solcher Sanktionen allerdings begrenzt.

"Wenn sich die USA dagegen für einen drastischen Schritt entscheiden und Myanmar komplett von ihrem Finanzsektor abschneiden, wären die Auswirkungen massiv", sagt Gareth Leather, Asien-Analyst bei Capital Economics. "Das würde die meisten ausländischen Investitionen beschneiden und den Handel mit allen Ländern außer China erschweren." Allerdings erwarte er nicht, dass Washington so weit gehe, so Leather weiter.

Myanmar im Aufbruch: Textilindustrie als Wirtschaftsmotor

Die EU, nach China zweitgrößter Absatzmarkt für Produkte aus Myanmar, hat ebenfalls ein Druckmittel in petto. Bisher dürfen Unternehmen aus Myanmar ihre Waren zollfrei in die EU ausführen. Würden diese Handelspräferenzen gestrichen, wäre das ein schwerer Schlag für die Wirtschaft des Landes.

"Die boomende Textil- und Bekleidungsindustrie, die inzwischen einen bedeutenden Teil zur Wirtschaftsleistung beiträgt, wäre dadurch quasi vom Export in die EU abgeschnitten", so Leather zur DW.

Bekleidungs- und Textilexporte in die EU sind um den Faktor 20 gestiegen, seitdem Myanmar 2013 unter dem "Alles-außer-Waffen"-Programm der EU besonderen Marktzugang erhielt, sagt Leather. Inzwischen machen sie drei Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

"Einen wettbewerbsfähigen Produktionssektor im unteren Preissegment aufzubauen, ist für Niedriglohnländer in Asien traditionell ein Weg aus der Armut", so Leather. "Eine Drosselung der Textilindustrie hätte deshalb lang anhaltende Folgen."

Chance für China

Wenn es um Investitionen in Myanmar geht, stellen asiatische Länder sowohl die EU als auch die USA in den Schatten. Singapur ist der größte Investor mit einem Anteil von mehr als 40 Prozent an den gesamten ausländischen Direktinvestitionen zwischen 2011 und 2020. China, Myanmars größter Exportmarkt, folgt mit einem Anteil von mehr als 20 Prozent.

Chinas Führung hat früher die Militärdiktatur Myanmars unterstützt, die zwischen 1988 und 2010 an der Macht war. Den aktuellen Putsch hat Peking bisher nicht verurteilt, sondern nur alle Seiten aufgerufen, ihre "Differenzen zu überwinden". Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua bezeichnete den Militärputsch als "grosse Kabinettsumbildung".

Einige Analysten glauben, dass harte Gegenmaßnahmen der USA oder der EU der chinesischen Regierung Gelegenheit geben würde, ihren Einfluss in Myanmar auszubauen. Schon jetzt spielt das Land eine wichtige Rolle in Chinas internationalem Infrastrukturprojekt "Neue Seidenstraße".

"China sieht, dass Myanmars Öffnung gegenüber dem Westen nun so ziemlich beendet ist. Und dass der dortigen Regierung eigentlich nur ein Weg bleibt: eine engere Bindung an China", sagt Gareth Leather.
 

Adaption aus dem Englischen von Andreas Becker.