Junta droht Demonstranten in Myanmar
8. Februar 2021In seiner ersten Fernsehansprache seit dem Putsch in der vergangenen Woche kündigte Myanmars neuer Militärführer an, dass die regierende Junta Wahlen abhalten lassen und die Macht an den Gewinner übergeben wird. Zugleich bekräftige General Min Aunag Hlaing, dass der Wahlkampf im vergangenen November nicht fair gewesen sei und der Militärputsch zur Absetzung der zivilen Führung des Landes durch den erfolgten "Wählerbetrug" gerechtfertigt sei.
Das Militär hatte zuvor bereits versucht, seine Machtübernahme mit dem Vorwurf des Wahlbetrugs zu rechtfertigen und hatte eine neue Wahl in Aussicht gestellt. General Min Aung Hlaing wiederholte diese Position in seiner Ansprache und sagte, dass diese Junta sich von der früheren Ära der Militärregierung unterscheide. Zugleich fügte er hinzu, dass die Außenpolitik unverändert bleibe und Länder ermutigt würden, in Myanmar zu investieren.
Die Massenproteste weiten sich derweil aus. Nach den Großdemonstrationen vom Wochenende kam es am Montag erneut in vielen Landesteilen zu Kundgebungen mit Zehntausenden Teilnehmern. In der Hauptstadt Naypyidaw setzte die Polizei Wasserwerfer ein, wie auf Fotos und Videos im Internet zu sehen war. Dabei soll es auch Verletzte gegeben haben.
Eine Großdemonstration gab es auch in der nördlichen Großstadt Mandalay. Berichten zufolge wurde in Teilen der Stadt das Kriegsrecht ausgerufen, Ansammlungen von mehr als fünf Menschen wurden verboten. Auch in der größten Stadt Yangon gingen viele Menschen auf die Straße.
Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der entmachteten De facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, deren Partei die Parlamentswahl im November deutlich gewonnen hatte. Das Militärregime warnte die Demonstranten, dass Maßnahmen gegen alle ergriffen würden, die die "Stabilität des Staates, die öffentliche Sicherheit oder die Rechtsstaatlichkeit" gefährdeten.
"Wir wollen zurück zur Demokratie und wir wollen, dass sie unser Votum respektieren", sagte die Aktivistin Yoon Myat Thwe der Deutschen Welle. Laut ihrer persönlichen Beobachtung setzt das Militär Gefängnisinsassen und andere angeheuerte Personen ein, um Gewalt bei den Protesten zu schüren.
Aung San Suu Kyi war in der Nacht zum 1. Februar zusammen mit zahlreichen Spitzenpolitikern und Aktivisten in Gewahrsam genommen worden. Ihr Konterfei ziert unzählige Schilder und Plakate der Demonstranten. Aber es geht inzwischen um mehr als die Unterstützung von Suu Kyi, wie Aktivisten mitteilten.
Bislang kleideten sich viele Menschen rot zu den Demonstrationen, um ihre Unterstützung für Suu Kyi und ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) zu zeigen. Doch sind inzwischen besonders auch vor allem jüngere Teilnehmer zu sehen, die schwarze und blaue Hemden tragen, "um zu zeigen, dass es nicht nur um eine Partei geht, sondern um alle", wie der Filmemacher Lo Nay gegenüber der DW in der Wirtschaftsmetropole Yangon erklärte. "Die Machtergreifung der Militärs betrifft jeden im Lande, und wir wollen zeigen, dass es sich um Zivilisten gegen ein autoritäres Militärregime handelt."
Neuseeland positioniert sich
Als erstes Land hat Neuseeland seine diplomatischen und militärischen Verbindungen mit Myanmar suspendiert. Premierministerin Jacinda Ardern rief die internationale Gemeinschaft auf, "deutlich zu verurteilen, was wir in Myanmar geschehen sehen". Nach jahrelanger harter Arbeit sei wohl jeder Neuseeländer betrübt, die Aktionen des Militärs in den letzten Tagen mit anzusehen. Ardern kündigte ein Maßnahmenpaket an, das unter anderem Einreisesperren für hochrangige Militärangehörige beinhaltet. Die neuseeländische Entwicklungshilfe in dem südostasiatischen Land soll vorerst weitergehen. Dabei sollen Vorkehrungen eingeführt werden, um sicherzustellen, dass die Investitionen im Umfang von jährlich rund 30 Millionen US-Dollar nicht der Militärjunta nutzen oder von ihr kontrolliert werden können.
Papst Franziskus forderte derweil die sofortige Freilassung der festgenommenen Politiker. Der Weg der Demokratisierung der letzten Jahre sei durch den Staatsstreich vergangene Woche jäh unterbrochen worden, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche in Rom.
uh/qu/ehl (dpa, rtr, afp)