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Musik

Musiker gegen Donald Trump

Stuart Braun
7. August 2020

Musiker wie Neil Young, die Rolling Stones und R.E.M. wollen verhindern, dass Trump weiter ungefragt ihre Songs einsetzt. Doch hat ihre Kampagne Erfolg?

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Wahlkampfveranstaltung: Trump vor jubelnden Anhängern
Make America Great Again - mit Musik? Bild: AFP/N. Kamm

Bruce Springsteen gegen Ronald Reagan, Bobby McFerrin gegen George H.W. Bush, Sting gegen George W. Bush und Jackson Browne gegen John McCain: Dass Musiker in den USA gegen - meist konservative - Politiker vorgehen, weil diese ihre Musik gegen ihren Willen bei Wahlkampfveranstaltungen spielen, ist nichts Neues.

Oft scheitern Klagen von Musikern

Doch seit Donald Trump 2015 mit seinen pompösen Kundgebungen im Wahlkampf mitmischt, ist es Volkssport geworden, dass Popstars gegen den Politiker klagen. Die beispiellose Welle von Unterlassungsaufforderungen wurde zum Merkmal von Trumps Präsidentschaft. Zu ihr gehören Klagen von Neil Young, den Rolling Stones, Adele, Rhianna, Pharrell Williams und Tom Petty. Doch die Möglichkeiten waren bisher sehr begrenzt.

Der kanadisch-amerikanische Musiker Neil Young hat diese Woche Donald Trump verklagt. Er wirft ihm Urheberrechtsverletzungen vor. Bei der kontrovers diskutierten und wenig besuchten Wahlkampfveranstaltung am 5. Juli in Tulsa, Oklahoma, wurden seine Songs "Rockin' in the Free World" und "Devil's Sidewalk" gespielt.

Youngs Anwälte schrieben in der Klageschrift, dass der Künstler "mit gutem Gewissen nicht zulassen kann, dass seine Musik als 'Titelsong' genutzt werde für eine die Gesellschaft spaltende, unamerikanische Wahlkampagne voller Ignoranz und Hass".

Doch mit seiner Forderung auf 150.000 US-Dollar Schadenersatz wird Young wahrscheinlich scheitern.

Christian Seyfert, Anwalt für Urheber- und Medienrecht mit Kanzlei in Frankfurt am Main in Deutschland, sagt, dass die Klage "keine solide Grundlage" habe: denn Youngs Label sei wahrscheinlich Mitglieder von Verwertungsgesellschaften wie der "American Society of Composers, Authors and Publishers" (ASCAP) und "Broadcast Music, Inc." (BMI). Und von denen habe die Firma, die Trumps Wahlkampf organisiert, vermutlich eine Lizenz zur Nutzung der Songs erworben.

"Und als Mitglied der Verwertungsgesellschaften hätten Neil Young und seine Verleger die Nutzungsrechte seiner Musik an eben diese übertragen", sagte Seyfert im Gespräch mit der DW.

Die Rolling Stones haben eine Lösung

Ähnlich ist es den Rolling Stones ergangen. Als Trump mit den Gitarrenriffs des Stones-Klassikers "You Can't Always Get What You Want" die Bühne in Tulsa verließ, hat das das Fass für die Stones zum Überlaufen gebracht. Trotz etlicher Unterlassungsklagen der Band hat Trump den Song seit 2016 immer wieder bei Wahlkampfkundgebungen genutzt.

In einem Interview mit "Deadline", einem US-amerikanischem Unterhaltungsportal, gab BMI zu, dass die Trump-Kampagne tatsächlich auch über eine Lizenz verfüge, die die Nutzung der Musik im politischen Kontext erlaube. Diese Lizenz ermögliche "die öffentliche Aufführung von mehr als 15 Millionen Musiktiteln aus dem Repertoire von BMI, unabhängig davon, wo die Veranstaltungen stattfindet". BMI fügte jedoch hinzu, dass es eine Bestimmung gebe, "die es BMI erlaubt, musikalische Werke auszuschließen, wenn ein Songwriter oder Verleger Einwände gegen die Verwendung bei einer Wahlkampfveranstaltung hat".

US Präsident Trump betritt eine Halle, die Leute jubeln ihm zu
Populismus mit Musik: Donald Trump unterlegte seine Wahlveranstaltung in Tulsa mit unzähligen Songs von Künstlern, die dazu nie ihr Einverständnis gegeben hatten Bild: picture-alliance/AP Photo/Tulsa World/I. Maule

Diese Einwände haben die Rolling Stones nun erhoben. Die Folge: Ihre Songs dürfen nun nicht mehr für politische Zwecke eingesetzt werden. Eine solche Nutzung stellt nun einen Verstoß gegen die Lizenzvereinbarung dar - ob das vor einem Gericht Bestand hat, ist bis jetzt allerdings noch unklar.

"Neil Young sollte dasselbe tun", sagt Rechtsanwalt Seyfert. "Er könnte seiner Verwertungsgesellschaft sagen, dass er seinen Vertrag mit ihr kündigen wird, wenn diese sein Liedmaterial weiterhin für politische Zwecke lizenziert.

Ein solches Vorgehen könnte auch die Streitigkeiten um das musikalische Erbe von Tom Petty lösen: Denn der Song "I Won't Back Down" des 2017 verstorbenen US-Künstlers wurde trotz Unterlassungsklage in Tulsa gespielt. Seine Familie sprach sich in einem Tweet vehement dagegen aus und stellte klar, dass sich der Musiker nie dafür hergegeben hätte. "Wir glauben an Amerika und wir glauben an die Demokratie", schreiben die Hinterbliebenen, Trump repräsentiere aber keinen der noblen Werte, die dahinter stünden. 

Künstler wollen nicht mit Trumps Populismus zu tun haben

Laut dem US-amerikanischen Anwalt Greg Kanaan, der seine Kanzlei in Connecticut hat, geht es hier nicht um Urheberrecht oder Lizenzvereinbarungen. Stattdessen handele es sich um ein Problem, das den Ruf eines Künstlers, sein Marke, betrifft.

"Wenn die Verwendung eines Liedes durch einen Politiker beim Käufer der Musik den Eindruck erweckt, der Musiker würde den Politiker unterstützen, und wenn diese Verbindung dem Ruf des Musikers dann schadet", könnten die Künstler auf ein Gesetz zur Regelung von Markenrechtsverletzungen zurückgreifen. Dies sei als "The Lantham Act" bekannt, schrieb Anwalt Kanaan 2015 in seinem Blog.

Damals wurde der gerade gestartete Wahlkampf von Donald Trump von einer Welle an Unterlassungsklagen wegen unerlaubter Musikverwendung überzogen - unter anderem von der Band R.E.M., deren Hit "It's the End of the World as We Know It" bei einer Trump-Kundgebung in Washington D.C. gespielt wurde. "Verwenden Sie weder unsere Musik noch meine Stimme für Ihr schwachsinniges Affentheater von Wahlkampagne", schrieb Frontmann Michael Stipe in einer E-Mail.

Doch Klagen auf Markenrechtsverletzungen hatten in der Vergangenheit vor Gericht fast nie Erfolg, erklärt US-Anwalt Kanaan. Es  sei eben schwer zu ermessen, welchen Eindruck die Verwendung eines Musikstücks für politische Zwecke auf potenzielle Käufer mache.

"Die meisten Leute", so schrieb er in dem Blogeintrag, "gehen nicht davon aus, dass R.E.M. Trump unterstützt, selbst wenn die Lieder der Band während seiner Kundgebungen prominent gespielt werden. Wir alle wissen, dass der Musikgeschmack nicht von den politischen Neigungen bestimmt wird; die Menschen mögen einfach die Musik, die ihnen gefällt."

Das hielt R.E.M.-Bassist Mike Mills jedoch nicht davon ab, im Januar zu twittern, dass die Band nicht gutheißt, dass Trump ihre Musik weiterhin ohne Zustimmung spielt. Im Januar hat Twitter-Chef Jack Dorsey einen Tweet von Donald Trump löschen lassen: Das Parodie-Video, das die US-Demokraten verspottet, ist mit dem R.E.M.-Song "Everybody Hurts" hinterlegt. Es heißt, Mills hätte Dorsey zu dem Schritt bewegt.

#AskFirst: Musiker wollen gefragt werden

In einem öffentlichen Brief fordert die Artist Rights Alliance (ARA) nun von den großen politischen Parteien, "klare Richtlinien aufzustellen, die vorschreiben, dass vor der öffentlichen Nutzung eines Musiktitels in einem politischen Kontext oder bei einer Wahlkampfveranstaltung die Zustimmung der Künstler, Songwriter und Urheberrechtsinhaber der jeweiligen Aufnahmen eingeholt werden muss." Kurz: Die Vereinigung fordert Politiker auf, vor der Nutzung der Musik erst zu fragen: #AskFirst. 

Die Tatsache, dass Pop-Größen wie Mick Jagger, Keith Richards, Elton John, Steven Tyler, Sheryl Crow und Lionel Richie den Brief unterzeichnet haben, zeigt, dass sie rechtlich sonst relativ wenig tun können. 

Der öffentliche Brief der ARA verfolge das Ziel, die Kampagnenmacher in den USA schlecht aussehen zu lassen, so der deutsche Anwalt Christian Seyfert. "Aber er hat keine rechtlichen Konsequenzen, wenn diese die Songs trotzdem nutzen wollen und die jeweiligen Verwertungsgesellschaften den Wahlkampfteams trotzdem Nutzungslizenzen verkaufen."

DW Autor l Kommentatorenfoto Stuart Braun
Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.