Musik im Web 2.0
21. Januar 2007Die Musikbranche muss sich immer neuen Herausforderungen stellen. Ein Beispiel: In Großbritannien können sich seit Anfang des Jahres auch Titel für eine Platzierung in den Singles-Charts qualifizieren, die ausschließlich als Download erhältlich sind. Bislang gingen nur Singles in die Wertung ein, die auch als Tonträger im Handel zu kaufen sind.
Klar, dass mit dieser Neuerung nicht alle einverstanden sind. Durch die vielen kostenlosen Download-Möglichkeiten, die den Usern heute zur Verfügung stehen, wird es immer schwieriger, mit dem "herkömmlichen" Vertrieb von Musik Geschäfte zu machen. Auf dem zweitägigen Internetkongress MidemNet Forum in Cannes diskutieren Fachleute aus den Branchen Musik, Internet und Telekommunikation daher neue Techniken und Vermarktungsmöglichkeiten.
Virtuelle Welten: Absatzmarkt der Zukunft?
Ein neuer Absatzmarkt könnten die "virtuellen Welten" sein: Internet-Mitmachportale wie "MySpace" etwa, das weltweit führende soziale Netzwerk. Im so genannten Web 2.0 gestalten die User aber immer häufiger auch ihre eigenen virtuellen Welten, in denen sie vor allem eines wollen: entspannen, Freunde treffen – und Musik hören oder Musikvideos schauen. "Derzeit werden weltweit pro Monat zehn Milliarden selbst produzierte Videos von Internetnutzern abgespielt. Die meisten davon enthalten Musik, für die wenigsten fließen allerdings Lizenzgebühren an Plattenfirmen oder Verlage", sagte Michael Downing, Geschäftsführer des US-Portals GoFish.
Genau hier setzt "Millions of Us" an: die US-amerikanische Firma vermarktet "reale" Firmen in virtuellen Welten. Denn die User seien durchaus bereit, für ihre selbst geschaffene Welt Geld auszugeben, so der Gründer von Millions of Us, Reuben Steiger. Auch Rob Glaser von RealNetworks glaubt, dass die Leute auf irgend eine Weise immer Geld für Musik ausgeben werden. "Das ist wie mit dem Kauf eines T-shirts: damit geben Sie ein Statement ab. Und mit dem Kauf von Musik unterstützen Sie den Künstler und gehören quasi seiner Fan-Gemeinde an", sagte RealNetworks-Chef Glaser auf dem MidemNet Forum.
Kostenlose Musik destigmatisieren
Der französische Wirtschaftswissenschaftler und Musiker Jacques Attali hat schon lange vorausgesagt, dass Musik eines Tages umsonst sein wird. Attali - der als Kind nach eigenen Angaben selber 95 Prozent seines Taschengeldes für Musik ausgegeben hat - will "umsonst" dabei nicht mit Piraterie verwechselt wissen. "Umsonst heißt einfach das Bedürfnis nach Freiheit, Bewegungsfreiheit zu befriedigen. Mobilität ist der Schlüssel der Zukunft, und die Musikindustrie muss sich auf diese Mobilität einstellen", sagte Attali.
Auf der 41. internationalen Musikmesse Midem (21.-25.1.) können mehr als 4500 Unternehmen aus fast 100 Ländern zeigen, womit sie den Zukunftsmarkt erobern wollen. Am stärksten vertreten sind Großbritannien, die USA, Frankreich und Deutschland. Ins Blickfeld der Branche rücken aber auch die Wachstumsmärkte Asien, die Türkei und Lateinamerika.