Mortsiefer: "Anti-Doping-Gesetz hilft uns"
16. Juni 2015Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat ihren Jahresbericht 2014 vorgelegt. Gut 8500 Trainings- und mehr als 5000 Wettkampfkontrollen wurden durchgeführt. Die NADA registrierte 86 mögliche Verstöße gegen Anti-Doping-Regeln. 22 Athleten wurden bestraft. "Die Finanzlage hat sich leicht entspannt", sagte die NADA-Vorstandschefin Andrea Gotzmann. Der Etat 2014 über 7,8 Millionen Euro sei gedeckt gewesen. Auch für dieses Jahr gebe es erfreuliche Mittelzuschüsse aus unterschiedlichen Quellen. Gotzmann begrüßte das geplante Anti-Doping-Gesetz und die Tatsache, dass die NADA mit Beginn der Saison 2014/2015 auch die Wettkampfkontrollen im deutschen Fußball übernimmt. Zu diesen beiden Themen äußerte sich auch NADA-Chefjustitiar Lars Mortsiefer im DW-Interview:
DW: In den vergangenen Jahren hat sich die NADA häufig beklagt: Wir haben zu wenig Geld, wir werden nicht ausreichend unterstützt. Diesmal wirken Sie optimistischer. War es so ein gutes Jahr im Kampf gegen Doping?
Lars Mortsiefer: Wir sehen optimistisch in die Zukunft, weil durch unsere Stakeholder [Interessengruppen, Anm. der Redaktion] sichergestellt ist, dass die Finanzierung ein solides Fundament hat, und das nicht nur für ein Jahr, sondern darüber hinausgehend. Gerade mit Blick auf das, was der Bund zugesichert hat, sind wir sehr optimistisch. Deswegen stand 2014 und auch das aktuelle Jahr im Zeichen eines gewissen Aufbruchs, sich auf die Sacharbeit im Dopingkontrollsystem zu fokussieren und in der Prävention voranzugehen.
Wenn alles wie geplant läuft, könnte das neue Anti-Doping-Kontrollgesetz in Deutschland bereits Anfang 2016 in Kraft treten. Sind sie vorbehaltlos zufrieden mit dem Gesetz?
Wir begrüßen den Gesetzesentwurf ausdrücklich, weil er zusammenbringt, was wir seit Jahren fordern: ein Miteinander von Staat und Sport bei der Bekämpfung des Dopings. Natürlich muss man sich mit dem Für und Wider einzelner Regelungen auseinandersetzen. Aber für uns war sehr wichtig, dass der Informationsaustausch zwischen den staatlichen Ermittlungsbehörden und der NADA jetzt legitimiert wird. Dass der Datenschutz, der viele Jahre lang in der Kritik stand, ein Fundament im Gesetz erhält und auch dass die Schiedsgerichtsbarkeit gestärkt wird.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass dem Sport der Anti-Doping-Kampf entgleitet, wenn der Staat zugreift?
Die Vergangenheit der Sport-Schiedsgerichte hat ja gezeigt, dass wir auch eine Unterstützung durch den Staatsanwalt brauchen. Ich glaube, das ist die Zukunft, dass dort ein stärkeres Miteinander entsteht. Das schwächt weder den einen noch den anderen. Aus unserer Sicht ist es für beide Seiten befruchtend und stärkend.
Das geplante Gesetz soll auch den Besitz von Dopingsubstanzen unter Strafe stellen. Spitzenathleten wie Diskuswurf-Olympiasieger Robert Harting und die frühere Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler haben davor gewarnt, dass Sportlern auch schnell einmal etwas untergeschoben werden kann. Was antworten Sie den Kritikern?
Es ist wichtig aufzuklären und die Angst vor unberechtigten Anschuldigungen zu nehmen, sowohl im staatlichen, als auch sportrechtlichen Sinn. Schon jetzt könnte mir etwas untergejubelt werden und mir würde eine Sportsperre drohen. Das wäre der Nachweis eines versuchten Gebrauchs und könnte mit bis zu vier Jahren sanktioniert werden. Diese Angst müsste eigentlich also schon jetzt da sein, unabhängig vom Gesetz. Wichtig ist die detaillierte Aufklärung der Athleten, was auf sie zukommt. Ich glaube, da können wir noch etwas tun.
In welcher Form profitiert die NADA von dem geplanten Gesetz?
Wir werden auf eine höhere Stufe gestellt, gerade was den Informationsanspruch gegenüber staatlichen Stellen angeht. Darüber die Regelungen zum Datenschutz, ein bisher angreifbares Feld, stärkt die NADA enorm in ihrer Arbeit und wertet sie dadurch auf.
Die NADA übernimmt ab der kommenden Saison nach den Trainingskontrollen auch die Wettkampfkontrollen im deutschen Fußball. Ist das ein großer Schritt für die NADA?
Absolut. Wenn der DFB als größter Sportverband in Deutschland und Europa eine Vorreiterrolle übernehmen will und flächendeckend ein Gesamtsystem aus erster, zweiter und dritter Liga, Frauen-Bundesliga und Junioren-Liga in die Hände der NADA gibt, ist das ein Vertrauensbeweis. Den haben wir uns allerdings auch in den letzten Jahren erarbeitet.
Sehen Sie im Fußball einen Nachholbedarf im Anti-Doping-Kampf?
Ich denke, es war kein Nachhol-, sondern ein Vereinheitlichungsbedarf. Deshalb ist nach vielen Gesprächen in den vergangenen Jahren dieser Beschluss gefallen. Wir können unser Knowhow von Trainings- und Wettkampfkontrollen in anderen Sportarten jetzt sehr gut in den Fußball einbringen. Das wird uns noch einmal voranbringen.
Der promovierte Jurist Lars Mortsiefer arbeitet seit zehn Jahren für die Nationale Anti-Doping-Agentur. Seit 2011 gehört Mortsiefer als Chefjustitiar dem NADA-Vorstand an.
Das Interview führte Stefan Nestler.