Marsch der Lebenden
5. Mai 2016Mit dem "Marsch der Lebenden" haben Tausende junge Juden aus Israel und vielen anderen Ländern in Auschwitz der sechs Millionen Opfer des Holocaust gedacht.
An der Spitze des Zuges ging der Auschwitz-Überlebende Edward Mosberg. Er war mit seiner Enkelin aus Israel gekommen, um an seine im Vernichtungslager ermordete Familie zu erinnern. Auch der frühere israelische Oberrabbiner Meir Lau, der als Kind das Konzentrationslager Buchenwald überlebt hatte, sprach vom "Sturmwind des Holocaust", der seine seit Generationen in Polen lebende Familie zerstört habe.
Unter den Teilnehmern am Marsch war auch die 81-jährige Feiga Francis Schmidt Libman, die ihre Großmutter, Tante und Cousinen und Cousins in Auschwitz verlor, während ihr Vater in Dachau ums Leben kam. Sie überlebte zusammen mit ihrer Mutter im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig. "Ich möchte, dass die Jugend weiß, dass Hass tötet", sagte Libman. Die Menschen sollten einander achten und freundlich zueinander sein, ganz gleich, ob jemand "in einer Synagoge, in einer Kirche oder in einer Moschee betet".
"Wo war die Welt?"
Die israelische Justizministerin Ayelet Shaked fragte in ihrer Ansprache: "Wo war die Welt?" Alliierte Luftangriffe hätten das Morden der Nationalsozialisten stoppen können. Und auch im "neuen Europa" seien Hass und Antisemitismus noch immer lebendig.
Viele der Jugendlichen - vornehmlich junge Juden aus 40 Ländern - trugen israelische Flaggen um die Schultern, als sie durch das Tor mit der berüchtigten Aufschrift "Arbeit macht frei" im Stammlager Auschwitz zogen. Schweigend gingen sie zu dem etwa drei Kilometer entfernten eigentlichen Vernichtungslager Birkenau.
Allein in Birkenau ermordeten die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs mindestens 1,1 Millionen jüdische Häftlinge. Auschwitz-Birkenau war das größte der deutschen Vernichtungslager. Weltweit wurde es zu einem Symbol für den Holocaust.
Schwerpunkt Nürnberger Gesetze
Der alljährliche Marsch stand in diesem Jahr unter dem Themenschwerpunkt Nürnberger Gesetze und Nürnberger Prozesse. Bereits am Mittwoch hatten sich auf einer Fachtagung in Krakau internationale Juristen mit den Nürnberger Rassegesetzen, die jüdische Bürger aus der deutschen Gesellschaft ausschlossen, und mit den Prozessen gegen führende Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg befasst.
In einer "Nürnberger Erklärung" riefen sie nicht nur zum Kampf gegen Antisemitismus und Holocaust-Leugnung auf, sondern klagten auch Gleichgültigkeit an, die Ausschreitungen und Gewalt bis hin zum Völkermord überhaupt erst möglich mache.
gri/fab (dpa, afp)