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Politik

Zwischen Annäherung und Misstrauen

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
18. Mai 2018

Mit Russland gibt es schon seit vielen Jahren Streitpunkte, mit den USA vor allem, seit Donald Trump Präsident ist. Ein grundlegender Kurswechsel deutscher Außenpolitik ist dennoch nicht in Sicht, meint Miodrag Soric.

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Russland Wladimir Putin & Angela Merkel in Sotschi
Der Charmeur alter Schule: Zur Begrüßung gab es vom russischen Präsidenten Blumen für die Kanzlerin Bild: picture-alliance/Sputnik/S. Guneev

Gute Nachrichten gab es schon lange nicht mehr in den deutsch-russischen Beziehungen. Ob der Krieg in der Ukraine, Russlands Unterstützung für den syrischen Präsidenten Assad, die gegenseitigen Sanktionen oder die Skripal-Affäre: Seit Jahren jagt eine Negativ-Schlagzeile die andere. Das Ost-West-Verhältnis erreichte immer neue Tiefpunkte. Die Tatsache, dass Deutschland fast ein Jahr lang als außenpolitischer Player ausfiel, machte die Sache nicht einfacher. Aber der Wahlkampf und die schwierige Regierungsbildung in Berlin waren nun mal wichtiger.

Vorsichtiger Optimismus

Vergessen, vorbei. Gleich mehrere Bundesminister haben sich in den vergangenen Tagen aufgemacht Moskau nach Moskau. Jetzt hat die Kanzlerin direkt mit Putin verhandelt. Und plötzlich macht sich so etwas wie vorsichtiger Optimismus breit. Offenbar willigt der Präsident ein, auch nach dem Bau der Nord Stream-Pipeline auf dem Grund der Ostsee russisches Gas durch ukrainische Rohre transportieren zu lassen. Kiew könnte somit weiter Geld in Milliardenhöhe verdienen.

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Miodrag Soric ist Korrespondent in Moskau

Freilich steckt der Teufel im Detail: Reicht der ukrainischen Regierung eine solche Aussage? Wer könnte ihr entsprechende Garantieren geben: die russische Regierung? Die EU? Oder beide zusammen? Auch nach dem deutsch-russischen Gipfel sind diese Fragen offen. Die Regierung in Kiew ist weiter misstrauisch, was ihr - angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre - niemand verübeln kann. Doch Misstrauen allein reicht nicht, um Probleme zu lösen. Die Ukraine muss verhandeln - mit der Unterstützung Deutschlands und der EU. Vor allem, wenn Moskau zu Zugeständnissen beim Minsk-Abkommen bereit wäre. Putin hat dies in Sotschi angedeutet. Gut möglich, dass sich die Kanzlerin und der russische Präsident schon bald wiedersehen, um über einen Friedensplan für den Osten der Ukraine zu verhandeln. Die Präsidenten der Ukraine und Frankreichs sitzen dann mit am Tisch. Alle wissen: Je länger der Konflikt andauert, desto schwieriger wird es, ihn zu lösen. Es gibt keine Alternative zum Minsk-Prozess. 

Keine Alternative sehen Merkel und Putin auch zum Iran-Abkommen. Beide Länder wollen daran festhalten, so wie alle anderen Europäer und die Chinesen - auch wenn neuerdings die Amerikaner den Vertrag torpedieren. Doch ob Washington wirklich Sanktionen gegen ausländische Firmen verhängt, die weiterhin mit dem Iran Geschäfte machen, bleibt abzuwarten. Ironie der Geschichte: Amerikas Ausstieg aus dem Iran-Abkommen bringen Europäer und Russen einander näher. Mehr noch: Amerikas Drohungen in Richtung Teheran lassen den Ölpreis weltweit steigen - zum ersten Mal seit Jahren auf über 80 Dollar pro Barrel. Das spült frisches Geld in Russlands Staatskassen. Auch das ein ungewollter Kollateralschaden der sprunghaften amerikanischen Außenpolitik.  

Lange Liste von Streitpunkten

Niemand kann Angela Merkel vorwerfen, für Präsident Putin unangenehme Themen außen vor gelassen zu haben. Sie sprach Klartext: beklagte die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verfolgung von Kulturschaffenden in Russland. Sie kritisierte die Hacker-Angriffe auf das Auswärtige Amt in Berlin oder Putins Unterstützung für den syrischen Präsidenten Assad. Die Liste der Streitpunkte ist lang. Doch die Kanzlerin scheint das nicht zu entmutigen. Sicher: Das gegenseitige Misstrauen bleibt. In den vergangenen vier Jahren hat Moskau viel politisches Porzellan zerschlagen. Das wieder zu reparieren wird dauern.

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