In vier Jahren: Fußball-WM im Winter
21. November 2018Während sich Deutschland auf den Winter vorbereitet und bald schon die ersten Weihnachtsmärkte ihre Tore öffnen, laufen im Wüstenstaat Katar die Vorbereitungen für das größte Fußball-Turnier der Welt bereits jetzt auf Hochtouren. In genau vier Jahren wird in der katarischen Hauptstadt Doha das Eröffnungsspiel der ersten "Winter-WM" angepfiffen. Bis dahin geht es darum, die Arbeit an den Stadien zu beenden, eine geeignete Infrastruktur für Hunderttausende Besucher aufzubauen und auch die sportlichen Voraussetzungen zu schaffen, um bis zum WM-Start konkurrenzfähig zu sein.
Wie werden die Rahmenbedingungen sein?
Am 21. November 2022 wird die Fußball-WM im dann nagelneuen Lusail-Stadion in Doha angepfiffen. Sollte die Arena ausverkauft sein, sind 86.250 Zuschauer vor Ort dabei, optimistischen Schätzungen zufolge werden insgesamt 1,5 Millionen Fans aus aller Welt als WM-Besucher in Katar erwartet. Auf der gerade einmal 11.600 Quadratkilometer großen Halbinsel im Persischen Golf mit ihren rund 2,7 Millionen Einwohnern wird es wohl merklich voller werden, zumal sich die "WM der kurzen Wege" mehr oder weniger auf die Hauptstadt Doha konzentriert. Hier werden drei Stadien stehen, die neun weiteren Arenen verteilen sich auf Städte in der näheren Umgebung. Alle Stadien werden an ein Stadtbahnsystem angeschlossen, dessen Kern die Doha Metro bildet. Man rechnet damit, dass 60 Prozent der Besucher mit dieser Bahn in die Stadien fahren. Die zwölf Spielstätten sollen insgesamt zwischen 2,87 und 4 Milliarden US-Dollar kosten. Das Gesamtinvestitionsvolumen für die Ausrichtung der WM wird auf bis zu 50 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Woran stoßen sich die Kritiker der WM in Katar?
Nach wie vor steht der Vorwurf im Raum, dass im Dezember 2010 bei der Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar Korruption im Spiel war. Schon damals fragten sich viele, wie man an eine WM an ein Land wie Katar ohne Fußballtradition und mit schwierigen klimatischen Bedingungen vergeben kann.
Auch die Kritik von Menschenrechts-Organisationen an den zum Teil haarsträubenden Bedingungen für die zahlreichen Gastarbeiter auf den WM-Baustellen reißt nicht ab. Dazu kommt die politisch brisante Situation in der Golfregion. Seit 2017 wird Katar von den Nachbarstaaten Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und Vereinigte Arabische Emirate blockiert. Ihr Vorwurf: Katar unterstütze den Terrorismus in der Region. Zuletzt kündigte WM-Chef Hassan al-Thawadi überraschend an, dass einige Teams während des Turniers im Iran einquartiert werden könnten, einem der Schlüsselstaaten im Nahost-Konflikt.
Wie viele Mannschaften nehmen teil?
Eigentlich sollte die WM 2022 in Katar die letzte mit 32 Mannschaften sein, erst 2026 in den USA, Kanada und Mexik sollte das Teilnehmerfeld auf 48 Teams aufgestockt werden. Doch FIFA-Präsident Gianni Infantino machte in jüngster Vergangenheit wiederholt öffentlich klar, dass er die erste "Mammut-WM" gerne schon in dem Golfstaat erleben würde. "Unsere Vorbereitungen laufen im Moment für 32 Mannschaften. Alle Vorbereitungen basieren darauf", sagte der Vorsitzende des Organisationskomitees, al-Thawadi, bestätigte jedoch, dass über die Aufstockung beraten werde. Als alleiniger Ausrichter wäre Katar mit einem 48er-Feld wohl überfordert.
Wie stark ist der Gastgeber sportlich?
In der aktuellen FIFA-Weltrangliste vom 25. Oktober belegen die Katarer lediglich den 96. Platz, knapp hinter den Färöer, dicht gefolgt von Indien und Estland. Dennoch sorgte das Team zuletzt für positive Schlagzeilen: Gegen die Schweiz, die zwar nur mit einer B-Elf antrat, gewann der Außenseiter überraschend mit 1:0. Schweizer Medien schrieben scherzhaft von einer "Katarstrophe". Anschließend erkämpften sich die Katarer auch noch ein 2:2 gegen WM-Teilnehmer Island. Die guten Ergebnisse nähren nun die Hoffnung der Fans, dass der WM-Gastgeber im Jahr 2022 möglicherweise doch halbwegs konkurrenzfähig sein wird.
Was ist neu bei der WM in Katar?
Die Fußball-Weltmeisterschaft im Emirat am Persischen Golf wird in vielerlei Hinsicht eine Premiere: Zum ersten Mal kommt der WM-Gastgeber aus der arabischen Welt. Erstmals findet die Weltmeisterschaft in einem muslimischen Land statt. Noch nie wurde im europäischen Winter und damit mitten in der Saison von Europas Top-Ligen um den WM-Pokal gespielt. Die Spielplanmacher müssen sich daher etwas einfallen lassen. Zumindest auch die letzte Spielzeit vor der WM-Saison wird sich verschieben und wohl früher enden. Dafür entsteht im November und Dezember eine lange Pause im Ligabetrieb, was eine spätere Sommerpause im Jahr 2023 wahrscheinlich macht. Auch die Fans müssen sich anpassen: Statt Sonnencreme und Kaltgetränken sind beim Public Viewing wohl eher Handwärmer, dicke Socken und Glühwein gefragt sein. Möglicherweise machen die Betreiber der deutschen Weihnachtsmärkte in vier Jahren ein ganz besonders dickes Geschäft.