Kein Gedenken an Massaker
1. Juni 2020Der Grund für das Verbot des Gedenkens an die gewaltsame Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz: Die Corona-Pandemie und die deswegen geltenden Versammlungsbeschränkungen sowie eine mögliche Ansteckungsgefahr. Das zumindest teilte die Hongkonger Polizei mit. Die Mahnmache stelle "eine große Bedrohung für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung" dar, heißt es in einem Schreiben an die Organisatoren mit dem die Behörden die Genehmigung für die Kundgebung ablehnten.
Die Organisatoren warfen der Polizei vor, die Pandemie lediglich als Vorwand zu benutzen, um die für Donnerstag geplante Kundgebung zu untersagen. "Ich verstehe nicht, warum die Regierung politische Kundgebungen für inakzeptabel hält, während sie grünes Licht für die Öffnung von Schulen und anderen Dienstleistungen gibt, von Bewirtung über Karaoke bis zu Schwimmbädern", sagte Lee Cheuk-yan, Vorsitzender der Hongkong-Allianz, die seit 1990 die jährliche Mahnwache organisiert.
Kerzen anzünden, Schweigeminute einlegen
Die Allianz rief die Anwohner auf, stattdessen am Donnerstag um 20 Uhr an allen möglichen Orten in der chinesischen Sonderverwaltungszone eine Kerze anzuzünden und eine Schweigeminute einzulegen. "Wenn es uns nicht erlaubt ist, bei einer Kundgebung eine Kerze anzuzünden, werden wir die Kerzen in der ganzen Stadt brennen lassen", sagte Lee. Er kündigte zudem an, die Allianz werde während der Gedenkfeier weiterhin als Forderung den Slogan "Ende der Einparteienherrschaft" skandieren. Dies solle geschehen, obwohl Peking ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong angekündigt hat. Dieses soll "Akte der Subversion, Sezession, des Terrorismus und der ausländischen Einmischung unter Strafe stellen".
Die Mahnwache bei Kerzenlicht zieht am 4. Juni normalerweise große Menschenmassen an - Hongkong ist der einzige Ort auf chinesischem Boden, an dem eine so große Gedenkfeier zum Jahrestag noch erlaubt war.
Kaum Corona-Fälle in Hongkong
In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Tiananmen-Platz in Peking für mehr Demokratie demonstrierten. Hunderte, nach einigen Schätzungen sogar mehr als tausend Menschen, wurden getötet.
Mit insgesamt nur etwas mehr als 1000 Virusinfektionen sowie vier Toten ist Hongkong bislang weitestgehend von der Corona-Pandemie verschont geblieben. Bars, Restaurants, Fitnessstudios sowie Kinos durften in den vergangenen Wochen wieder öffnen.
pg/haz (afp, ap)