Strenge Sicherheit am Tiananmen-Platz
4. Juni 2019Auf dem Tiananmen in Peking, dem Platz des Himmlischen Friedens, herrschen verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Polizisten kontrollieren Autos auf der Straße. Auf dem Fußweg müssen sich Passanten ausweisen. Ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften in Uniform und Zivil soll jedes öffentliche Gedenken sofort im Keim ersticken. Lange Schlangen von Besuchern stehen an den Sicherheitskontrollen zum Platz, der aber wie üblich von Touristen bevölkert ist. Nichts erinnert am Jahrestag in China an den Militäreinsatz, mit dem die friedlichen Proteste niedergeschlagen worden waren. Auch wurden vorab Aktivisten und Angehörige der Opfer festgenommen oder unter Hausarrest gestellt.
Die "Mütter von Tiananmen", ein Netzwerk der Familien der Opfer, forderten in einem offenen Brief die Aufarbeitung des Militäreinsatzes, eine Liste der Getöteten, Entschädigung für Familien und die Bestrafung der Verantwortlichen. Der damalige Studentenführer Wu'er Kaixi, der heute im Exil im demokratischen Taiwan lebt, forderte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Taipeh mehr Druck auf die chinesische Führung.
China weist Kritik von Pompeo zurück
Doch die verbittet sich jegliche Einmischung von außen. So hat sie die Äußerungen von US-Außenminister Mike Pompeo zur Menschenrechtslage in dem Land scharf zurückgewiesen. Die chinesische Botschaft in Washington warf Pompeo "Vorurteile und Arroganz" vor. Wer auch immer das chinesische Volk von oben herab behandeln und drangsalieren wolle, werde auf dem "Müllhaufen der Geschichte" landen.
Pompeo hatte vor dem Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Tiananmen-Proteste die Hoffnungen auf eine Demokratisierung Chinas als gescheitert bewertet. Die Hoffnungen, dass Chinas Integration in das internationale System zu einer offeneren, toleranteren Gesellschaft führen würde, hätten sich "zerschlagen". Der chinesische Staat dulde "keinerlei Widerspruch" und verletzte die Menschenrechte jedes Mal, "wenn dies in seinem Interesse liegt", sagte der US-Außenminister.
EU fordert Anerkennung der Tiananmen-Ereignisse
Die EU hat die chinesische Regierung aufgefordert, sich zu der blutigen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Tiananmen-Platz vor 30 Jahren zu bekennen. Die Anerkennung der Ereignisse und das Gedenken an die damals Getöteten und Festgenommenen seien "wichtig für künftig Generationen", erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die EU erwarte zudem die sofortige Freilassung noch inhaftierter Teilnehmer der damaligen Proteste und von Menschenrechtsaktivisten und Anwälten, die an das Ereignis erinnerten und sich für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzten.
Gedenken in Hongkong
Während der Jahrestag in China offiziell totgeschwiegen wird, werden am Abend in Hongkong Zehntausende zu einer Kerzenandacht erwartet. Die Bewohner der chinesischen Sonderverwaltungsregion genießen größere Freiheiten als die Menschen in der Volksrepublik. Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie autonom regiert. Allerdings verstärkt Peking den Griff über Hongkong zunehmend.
Die chinesische Armee war in der Nacht zum 4. Juni 1989 mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Tiananmen-Platz für mehr Demokratie demonstrierten. Hunderte, nach einigen Schätzungen sogar mehr als tausend, Menschen wurden getötet. Bis heute lässt Peking keine Aufarbeitung der Vorfälle zu.
bri/sti (dpa, afp)