Hin und Her im Handelskrieg
16. Juni 2018Das Verhängen von Strafzöllen gegen andere Länder ist offenbar eine Herzensangelegenheit des US-Präsidenten Donald Trump. Bereits im Wahlkampf hatte er versprochen, China auf diese Weise bestrafen oder bekämpfen zu wollen. Nun nehmen die Drohungen in Form eines weiteren Schrittes Gestalt an: Importe mit einem Volumen von rund 50 Milliarden Dollar aus China werden künftig mit Strafzöllen von 25 Prozent belegt. Zuvor hatte Trump bereits Zölle auf Stahl und Aluminium eingeführt, die nicht nur China, sondern auch andere Länder wie Kanada, Mexiko und der EU treffen. Aus der Mitteilung des Weißen Hauses ging zunächst nicht hervor, wann die Zölle tatsächlich wirksam werden. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer teilte dann aber mit, dass sie am 6. Juli in Kraft treten.
China hatte im Vorfeld bereits angekündigt, sofort zu reagieren und tat dies dann auch: "China ist nicht bereit, einen Handelskrieg zu führen", erklärte das Handelsministerium. "Aber die chinesische Seite hat keine andere Wahl." Das kurzsichtige Verhalten der USA schade beiden Seiten.
Ab dem 6. Juli werde China ebenfalls US-Güter im Volumen von 50 Milliarden Dollar mit Zöllen von 25 Prozent belegen, berichtet die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf den chinesischen Staatsrat. Betroffen seien insgesamt 659 verschiedene Produkte, darunter landwirtschaftliche Erzeugnisse und Autos.
Vergeltungsmaßnahmen in der Schublade
Trump bekämpft mit seiner Maßnahme die nach seiner Ansicht unfairen Handelspraktiken Chinas. In der Tat macht es die Regierung in Peking ausländischen Unternehmen schwer, in dem Land Fuß zu fassen. Sie verfolgt die Strategie "Made in China 2025". Ziel ist es, chinesische globale Konkurrenten in Schlüsselindustrien der Zukunft aufzubauen. Deshalb zielt Trumps Liste vor allem auch auf High-Tech-Güter aus eben diesem Programm.
Trump hatte diese Liste wohl am Donnerstag bei einem Treffen unter anderem mit seinem Finanzminister Steven Mnuchin, seinem Handelsminister Wilbur Ross und seinem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer beschlossen. Offenbar hat er seine engsten und einflussreichsten Berater in seinem Kampf auf seiner Seite.
"Ich würde sagen, wir bewegen uns direkt in einen Handelskrieg hinein", sagt der Chefvolkswirt der Privatbank Safra Sarasin, Karsten Junius. "Es sind nicht mehr nur einzelne Schüsse, die fallen; es kommt auch Gegenfeuer: Gegenmaßnahmen, die dann wieder vergolten werden. Das ist eine extrem unschöne Entwicklung."
Handelsstreit EU-USA
Unschön auch für Europa und Deutschland. Seit Anfang Juni gelten auch für die Länder Europas in den USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Brüssel hat bereits Gegenmaßnahmen beschlossen, die wahrscheinlich Anfang Juli in Kraft treten dürften. Auf Europas Liste der Vergeltung stehen Produkte wie etwa Orangensaft, US-Markenjeans, Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. Die sind zwar wirtschaftlich eher marginal. Doch diese Produkte werden in Regionen der USA hergestellt, in denen Kandidaten der republikanischen Partei starken Rückhalt haben. In die gleiche Richtung übrigens zielt Peking mit der Auswahl seiner Vergeltungsmaßnahmen für amerikanische Produkte.
Der Handelsstreit geht natürlich an der deutschen Wirtschaft nicht spurlos vorbei. Die Unsicherheit in vielen Unternehmen ist deutlich gestiegen und nun hat auch die Bundesbank ihre Prognosen für das wirtschaftliche Wachstum in diesem Jahr heruntergeschraubt. Statt 2,5 Prozent erwartet sie nur noch ein Wachstum um rund zwei Prozent in diesem Jahr. "Die Unsicherheiten für den Ausblick der deutschen Wirtschaft sind erheblich höher einzustufen als zuvor", erklärte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Zollschranken könnten Deutschlands starke Exportwirtschaft empfindlich treffen.
Folgen für Deutschland noch überschaubar
Das sieht auch Carsten Brzeski so, Chefvolkswirt der ING-Diba: "Ein Handelsstreit zwischen den USA und China trifft Deutschland als größten Autoexporteur in Richtung USA besonders. Und wir alle kennen Donald Trump. Der hört bei China nicht auf und wird auch versuchen, mehr Strafzölle auf europäische Güter einzuführen." Zumal am Freitag Zahlen des Statistikamtes Eurostat ergeben haben, dass der Überschuss der EU-Länder im Handel mit den USA in den ersten Monaten des Jahres um 17 Prozent gestiegen ist. Trump kritisiert auch diesen Punkt seit langem und sieht hierin eine weitere Ungerechtigkeit gegen sein Land.
Bis jetzt waren die wirtschaftlichen Folgen hierzulande zwar noch überschaubar: Die Zölle auf Stahl und Aluminium treffen die hiesigen Unternehmen nur begrenzt. Allerdings lässt Donald Trump derzeit überprüfen, ob auch Zölle auf Autos und Autoteile möglich sind. Ihm schwebt ein Einfuhrzoll von rund 25 Prozent in diesem Bereich vor. Sollte das kommen, so hat das ifo-Institut ausgerechnet, würde das die deutsche Wirtschaft mit rund fünf Milliarden Euro belasten. Deutschland exportierte 2017 nach Angaben von Eurostat Pkw im Wert von 22 Milliarden Euro in die USA. Das entspricht mehr als der Hälfte aller EU-Auto-Exporte dorthin.