Handelsstreit: Wer gewinnt, wer verliert?
5. April 2018Die jüngste Außenhandelsstatistik dürfte Donald Trump nicht gerade gefreut haben: 57,6 Milliarden US-Dollar betrug das Defizit. Die USA importierten 2017 deutlich mehr Waren, als sie in die Welt verschiffen konnten. Das ist schon lange so, doch das neue Defizit ist so hoch wie seit 2008 nicht mehr.
Mit Einfuhrzöllen will der US-Präsident die Situation ändern. Vor allem China hat er im Blick, aber die Volksrepublik gibt sich so einfach nicht geschlagen. Unter dem Strich stehen nun folgende Ankündigungen beider Seiten: Peking und Washington wollen gegenseitige Strafzölle in Höhe von 25 Prozent umsetzen, die jeweils einen jährlichen Warenwert von 50 Milliarden Dollar betreffen. China will neben der Auto-, Chemie- und Flugzeugindustrie auch den ländlichen Raum in den USA treffen, wo Trump einen Großteil seiner Wähler hat.
Wer sind die möglichen Verlierer?
Autobauer aus den USA: An der Börse gerieten die Aktien sämtlicher US-Autobauer zuletzt unter Druck, nachdem China Fahrzeuge auf seine Strafliste genommen hat. Kein Wunder, schließlich ist die Volksrepublik der weltgrößte Absatzmarkt. Der Elektroauto-Pionier Tesla beispielsweise macht 17 Prozent seines Umsatzes im Reich der Mitte. Insgesamt wurden von den USA aus 270.000 Fahrzeuge im Wert von elf Milliarden Dollar dorthin exportiert. Die Strafzölle würden auch deutsche Hersteller treffen - vor allem BMW und Daimler. Sie produzieren insbesondere stadttaugliche Geländewagen (SUV) in den USA und liefern sie von dort nach China. Sieben dieser elf Milliarden Dollar Exportvolumen gehen auf das Konto deutscher Hersteller.
Der Flugzeugbauer Boeing: Einige Boeing-Modelle stehen auf der chinesischen Strafliste. Für Boeing steht ein Milliardenumsatz auf dem Spiel. Allein 2017 exportierte die US-Industrie Flugzeuge im Wert von 15 Milliarden Dollar nach China.
Chemie aus den USA: Etwa ein Viertel der von China mit Strafzöllen belegten Produkte wären chemische Erzeugnisse - von Polyester bis Butan. "Ein Handelskrieg ist immer schlecht für eine exportorientierte Branche wie die Chemieindustrie", so die Analysten des Finanzhauses Baader Helvea. Aktien von US-Chemieriesen wie DuPont gerieten deshalb unter Druck.
US-Farmer: Zahlreichen US-Agrarprodukten - von Sojabohnen bis Orangensaft - drohen Preisaufschläge in China. Das Land ist der wichtigste Auslandsmarkt für US-Landwirte: 2016 lieferten sie Agrargüter im Wert von mehr als 21 Milliarden Dollar dorthin, 16 Prozent ihrer gesamten Ausfuhren.
Wer könnte profitieren?
Landwirte in Lateinamerika: Statt in den USA könnten chinesische Importeure verstärkt in Brasilien, Argentinien, Kolumbien oder Peru einkaufen. "Im laufenden Erntejahr lässt sich sogar bereits seit einigen Monaten eine Verdrängung der USA durch Brasilien beobachten", heißt es in einer Commerzbank-Analyse. Zwar verkauft Brasilien bereits drei Viertel seiner Jahresproduktion an Sojabohnen nach China, weshalb wenig Luft nach oben ist. Allerdings könnten die Produzenten künftig mehr Geld verlangen.
Fleischproduzenten aus den USA: Die Aktien großer amerikanischer Fleischverarbeiter wie Tyson Foods, Hormel Foods und Sanderson Farms werteten durch die Eskalation im Handelsstreit auf. Ihnen hilft die Aussicht auf fallende Preise für Sojabohnen, die vor allem als Futter in der Tierzucht verwendet werden. Der Hintergrund: Können US-Hersteller ihre Bohnen wegen der Strafzölle nicht mehr im gewohnten Umfang nach China exportieren, dürften die Preise auf dem Heimatmarkt spürbar fallen.
Airbus: Muss Erzrivale Boeing höhere Zölle für seine Exporte bezahlen, profitiert davon automatisch der europäische Hersteller Airbus. Beide Konzerne haben den Weltmarkt praktisch untereinander aufgeteilt. Chinesische Airlines geben regelmäßig Milliarden für neue Flieger aus, da der Luftverkehr stark wächst.
Chemikalien made in Europe: Besonders BASF, Clariant, Evonik, Lenzing, SGL Carbon, Solvay und Wacker Chemie könnten als Nutznießer aus einem Handelskrieg hervorgehen, analysiert Baader Helvea. Die europäischen Chemiekonzerne würden profitieren, wenn ihre US-Konkurrenten Strafzölle entrichten müssten und ihre Produkte in China damit teurer würden.
nm/bea (dpa, rtr)