Handelsstreit würde Deutschland massiv treffen
5. April 2018Wirtschaftsforscher befürchten angesichts des Handelsstreits zwischen den USA und China negative Auswirkungen insbesondere auch für Deutschland. "Gerade Deutschland wäre einer der großen Verlierer eines Handelskonflikts, auch wenn dieser hauptsächlich zwischen China und den USA stattfinden würde", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er verwies darauf, das deutsche Wirtschaftsmodell sei stark abhängig von einem freien Welthandel.
Deutliche Abkühlung der Konjunktur in Deutschland
Deutsche Exportunternehmen würden kaum von dem direkten Konflikt zwischen den beiden größten Wirtschaftsnationen profitieren, da die Bundesrepublik ganz andere Produkte als die beiden Länder ausführt, erläuterte Fratzscher. Kurzfristig könnte es vielmehr zu Umleitungen von Handelsströmen und größeren Preisschwankungen kommen. Langfristig hätte der Handelskonflikt weniger Jobs, geringere Einkommen und weniger Wohlstand für die Menschen zur Folge. "Eine deutliche Abkühlung der guten Konjunktur, auch und gerade in Deutschland, wäre unweigerlich das Resultat einer Verschärfung des weltweiten Handelskonflikts", warnte er.
Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, sagte den Zeitungen, die Unsicherheit durch den Streit könnte weltweit eine Investitionszurückhaltung auslösen und damit die gesamte Weltkonjunktur ausbremsen. Die zuletzt angekündigten Gegenmaßnahmen Chinas bedeuteten vom Volumen und von der Struktur her eine massive Verschärfung der Eskalation. Auch die EU werde leiden, da ihre beiden wichtigsten Handelspartner betroffen seien.
Die Bundesregierung appellierte an die USA und China, ihren mit wechselseitigen Zoll-Androhungen geführten Handelsstreit auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig sagte in der ARD: "Ich hoffe, dass die Gesprächskanäle jetzt genutzt werden". Sonst drohe Schaden für alle Beteiligten. Daran sollte niemand ein Interesse haben. Das gelte auch in Hinblick auf die Auseinandersetzung der Europäer mit der US-Regierung über deren Zölle beim Stahl- und Aluminium, von denen die EU bislang nur befristet ausgenommen ist.
Peking: Tür für Gespräche steht offen
Derweil signalisieren die Chinesen, dass sie im Zollstreit die Tür für Verhandlungen nach wie vor offen halten. Gespräche seien weiterhin der bevorzugte Weg für die Regierung in Peking, "aber dazu gehören immer zwei", machte der chinesische Botschafter in den USA, Cui Tiankai, nach einem Treffen mit dem amtierenden US-Außenminister John Sullivan deutlich. "Wir werden sehen, wie sich die USA verhalten."
US-Präsident Donald Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow hatte zuvor erklärt, dass die geplanten Extrazölle auf chinesische Produkte Teil einer Verhandlungsstrategie sein könnten. Es gehe um Gespräche, in denen alle Werkzeuge genutzt würden. In einem Interview des Wirtschaftssenders Fox Business Network meinte er zudem, die angekündigten Strafzölle der USA und Chinas seien nur erste Vorschläge. "Ich bezweifele, dass es in den kommenden Monaten konkrete Schritte gibt." In Washington blieb allerdings offen, ob Gespräche auf hoher Ebene geplant sind.
Das Weiße Haus hatte Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent auf 1300 chinesische Produkte etwa aus den Bereichen Industrie, Technologie beziehungsweise Verkehr angekündigt. Die Führung in Peking erklärte daraufhin, man plane Abgaben in der gleichen Höhe etwa auf Sojabohnen, Rindfleisch, Autos und Produkte der Chemie- und Flugzeugindustrie aus den USA.
se/djo (afp, rtr)