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EU-Gipfel: Wie viel Freiheit darf sein?

Christoph Hasselbach, Brüssel24. März 2006

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel Einigkeit in den meisten Fragen der Wirtschafts- und Außenpolitik demonstriert. Zur Dienstleistungsrichtlinie wurde ein Kompromiss erzielt.

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Die Regierungschefs kündigten Sanktionen gegen Weißrussland anBild: AP
EU Gipfel in Brüssel Angela Merkel und Wolfgang Schüssel
Merkel mit Österreichs Kanzler Wolfgang SchüsselBild: AP

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben zum Abschluss ihres Frühjahrsgipfels am Freitag (24.3.2006) in Brüssel Hilfen für den Mittelstand beschlossen und sich ehrgeizige Ziele in der Forschung gesetzt. Rund 23 Millionen Klein- und Mittelbetriebe sollen nach einem Beschluss der Gipfel-Teilnehmer künftig von Bürokratie entlastet und besser gefördert werden.

Liberaliserer versus Protektionisten

Die Spaltung zwischen Marktliberalisierern und Protektionisten haben den EU-Gipfel beherrscht, allerdings ohne zum offenen Konflikt zu führen. Einig sind sich die Regierungen, dass sie gemeinsam gegen drohende Versorgungsengpässe bei Energie und einseitige Abhängigkeiten vorgehen müssen. Aber es soll keine neuen Kompetenzen der EU in Energiefragen geben.

Manche Regierungen - wie die französische - versuchen ganz gezielt, einheimische Unternehmen vor ausländischer Übernahme zu schützen. Auf der anderen Seite stehen klassische Liberalisierer wie der britische Premierminister Tony Blair, der seine Position mit einem Beispiel verdeutlichte: "Der Strom in meinem Amtssitz Downing Street Nummer 10 kommt von einem französischen Unternehmen, das Wasser von einem deutschen und es gibt vier mögliche Gasanbieter, von denen drei keine britischen Unternehmen sind. Das ist für uns kein Problem mehr."

"Zwei Millionen Jobs im Jahr"

Bei Energie hat er da die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seiner Seite, nicht aber, wenn es um europäische Dienstleistungen geht. Denn Deutschland gehört zu den Ländern, die den Zugang von Dienstleistern aus den neuen EU-Ländern zwar etwas liberalisieren, aber weiterhin nicht völlig freigeben wollen. Diese Position setzte sich beim Rat durch. "Ich glaube, wir sind auf einem sehr, sehr guten Kompromissweg, mit dem alle Seiten leben können", erklärte Merkel. "Das heißt, wir haben mehr Offenheit, was den Zugang zu den Dienstleistungsmärkten anbelangt, ohne dass wir die sozialen Standards infrage stellen."

Ehrgeizige Ziele setzen sich die Regierungen bei der Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in Europa. Der Ratsvorsitzende, Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, sah die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür gegeben: "Wenn wir uns noch zusätzlich anstrengen, durch nationale Maßnahmen und durch hoffentlich auch gute europäische Kontakte, dann können wir bis zum Jahr 2010 jährlich zwei Millionen Arbeitsplätze zusätzlich schaffen."

Völlige Einigkeit bestand beim Gipfel zum Vorgehen weißrussischer Sicherheitskräfte gegen protestierende Oppositionelle. Die Staats- und Regierungschefs forderten die Regierung in Minsk auf, die Festgenommenen freizulassen, und sie kündigten weitere Sanktionen gegen die Regierung von Alexander Lukaschenko an.