EU-Finanzminister schlagen Alarm
11. Dezember 2017Der geschäftsführende deutsche Finanzminister Peter Altmaier und vier seiner europäischen Amtskollegen haben die amerikanische Regierung vor den negativen Folgen der geplanten US-Steuerreform gewarnt. Die Minister aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien befürchten vor allem eine Benachteiligung ausländischer Firmen. In einem am Montag bekannt geworden Schreiben heißt es, manche der angedachten Regelungen drohten gegen WTO-Regeln und die Absprachen der OECD im Kampf gegen Gewinnverlagerung (BEPS) zu verstoßen.
In dem gemeinsamen Brief an ihren US-Kollegen Steven Mnuchin (Artikelbild) äußerten sie ihre Sorge über die derzeit diskutierten Vorschläge aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Es gebe einige eher unkonventionelle Regelungen, "die mit den US-Doppelbesteuerungsabkommen kollidieren und womöglich Risiken einer größeren Verzerrung im internationalen Handel mit sich bringen könnten". Die fünf EU-Finanzminister appellierten an die USA, diese Sorgen beim weiteren Vorgehen zu berücksichtigen.
Grund für den gemeinsamen Alarm-Brief ist, dass die US-Steuerpläne inzwischen Kontur angenommen haben. Die jeweiligen Entwürfe des Senats und des Repräsentantenhauses müssen aber noch in Einklang gebracht werden. US-Präsident Donald Trump hat versprochen, mit dem ersten großen Umbau des Steuersystems seit 1986 Bürger und Unternehmen erheblich zu entlasten. Vor allem die Mittelschicht soll nach seiner Darstellung von der Reform profitieren. Außerdem sollen die Unternehmenssteuern auf bis zu 20 von 35 Prozent gesenkt werden. Kritiker zufolge würde das Vorhaben jedoch vor allem Reichen und Konzernen zugutekommen und der Schuldenberg der USA zugleich massiv ansteigen.
EU-Minister fürchten weitreichende Konsequenzen
Die europäischen Finanzminister befürchten, dass das US-Konzept am Ende Elemente enthält, die das internationale Steuer- und Handelssystem in Turbulenzen stürzen könnten. Sie haben Zweifel, ob die USA damit nicht gegen WTO-Regeln der Anti-Diskriminierung und gegen den Grundsatz der Doppelbesteuerung verstoßen würden. "Wir sind zuversichtlich, dass Sie einen weisen und ausgewogenen Kompromiss für ihre Mission finden werden, ein modernes und widerstandsfähiges US-Steuersystem zu schaffen", endet das Schreiben der EU-Minister.
Die Europäer beunruhigt unter anderem, dass eine Art Importsteuer von 20 Prozent auf Vorleistungen und -produkte aus dem Ausland eingeführt werden könnte. Kritiker sprechen von einer Grenzausgleichssteuer, wie sie von Anfang an bei den ausländischen Handelspartnern der USA für große Unruhe gesorgt hatte. DIHK-Präsident Eric Schweitzer hatte kürzlich davor gewarnt, diese Importsteuer würde auch deutsche Firmen hart treffen. Die EU-Finanzminister sehen darin einen Verstoß gegen internationale Regeln, gegen Doppelbesteuerungsabkommen sowie eine Diskriminierung ausländischer Anbieter.
Kritik an US-Vorschlag gegen Steuerumgehung
Auch ein Vorschlag aus dem Senat, der gegen die Erosion der Steuerbasis und gegen Steuervermeidung gerichtet sein soll, schreckt die Europäer auf. Damit würde das angegebene Ziel nur unzureichend erreicht. Zudem könnte damit im Extremfall der internationale Banken- und Versicherungsverkehr sowie grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb von Konzernen massiv beeinträchtigt werden, warnen die EU-Minister. Des Weiteren kritisieren sie den Vorschlag eines Präferenzregimes mit einem Steuersatz von 12,5 Prozent für Einkünfte aus immateriellen Werten mit Auslandsbezug. Auch hier fürchten die europäischen Minister Kollisionen mit WTO-Regeln und der Initiative für fairen internationalen Steuerwettbewerb (BEPS) der G-20-Länder, mit der Steuervermeidung und Gewinnverschiebungen bekämpft werden sollen.
tko/sti (rtr, dpa)