DR Kongo: Warten auf den Wahltermin
27. November 2016Für Prince Kaumba Lufunda ist die Antwort klar. "Große Anstrengungen" habe seine Regierung unternommen, um die Demokratie im Kongo weiter aufzubauen. "Das Parlament hat in den letzten zehn Jahren 250 Gesetze erlassen. Das sind 25 Gesetze pro Jahr", sagt der Büroleiter des Innenministers nicht ohne Stolz.
Kritik an der Regierung weist Lufunda zurück. Dass die für November geplanten Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben sind? Nur eine Formalie. Dass Präsident Kabila auch nach dem eigentlichen Ende seiner Amtszeit im Dezember wohl noch an der Macht sein dürfte? "Die Verfassung sieht vor, dass der Präsident so lange im Amt bleibt, bis ein Nachfolger ernannt worden ist", sagt Lufunda. Wenige Woche ist das her. Er war Teilnehmer einer Konferenz von Konrad-Adenauer-Stiftung und Ökumenischem Netz Zentralafrika in Berlin.
Verschobene Wahlen sind herber Rückschritt
Mitdiskutiert hat auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Bärbel Kofler. Für sie ist das politische Gezerre im Kongo ein großer Rückschritt. "Wir haben die Wahlen 2006 mit großer Hoffnung begleitet", sagte Kofler. "Deshalb sehen wir mit großer Sorge die Absicht des Präsidenten, sein Amt nicht verfassungsgemäß nach der zweiten Amtszeit zu übergeben".
Offiziell wurden die Wahlen wegen logistischer Probleme verschoben. Die Regierung sagt, das Wählerverzeichnis müsse erst überarbeitet werden. Dazu sei eine Volkszählung erforderlich - doch die könne man in Afrikas zweitgrößtem Flächenland nicht mehr rechtzeitig abhalten. Vorgeschobene Argumente, meint die Menschenrechtsbeauftragte Kofler. "Es ist nicht vom Himmel gefallen, dass die Wahlen nicht stattfinden konnten. Das ist ein Prozess, der bewusst gesteuert wurde".
"Menschenrechte haben sich nicht verbessert"
Jean Claude Katendes Bilanz der letzten zehn Jahre ist gemischt. Ja, es gebe positive Entwicklungen, sagt der kongolesische Menschenrechtler. Zum Beispiel die neue Verfassung von 2006. Auch die Wahlen 2006 und 2011 zählt Katende dazu.
"Aber in Bezug auf die Menschenrechte hat sich die Lage nicht verbessert", so Katende, der für die Organisation ASADHO arbeitet. Besonders dramatisch zeigte sich das im September: Die Polizei schlug Demonstrationen gegen Präsident Kabila brutal nieder. Bis zu 50 Menschen kamen ums Leben. Die Behörden halten die Zahl für zu hoch. Sie beteuern, die Gewalt sei von den Demonstranten ausgegangen. Doch diese Version findet kaum Unterstützer: Die USA verhängten nach der Gewalt-Orgie Sanktionen gegen Kinshasas Polizeichef.
Auch der "nationale Dialog" helfe nicht, die Demokratie zu sichern, sagt Menschenrechtler Katende. Im Rahmen dieses Dialogs finden Gespräche zwischen Regierung und Teilen der Opposition zur Lösung der Krise statt. Ein Ergebnis: Präsident Kabila ernannte Mitte November den Oppositionspolitiker Samy Badibanga zum neuen Premierminister. Problematisch, findet Katende. Denn: "Auch diese Vereinbarung verletzt die Verfassung der Demokratischen Republik Kongo". Danach muss der Premierminister aus der Mehrheitsfraktion im Parlament kommen. Die aber hat die Partei von Präsident Kabila.
Die Armut grassiert weiter
Hennig Bess leitete bei den ersten freien Wahlen 2006 die deutschen Einheiten innerhalb der EU-Militärmission EUFOR. Sie sollte den friedlichen Ablauf der Wahlen sichern. An die Euphorie der Menschen und die langen Schlangen vor den Wahllokalen erinnert er sich heute noch gerne. "Das war wunderschön zu sehen", sagt Bess im DW-Gespräch. Heute unterstützt er lokale Hilfsprojekte in Kinshasa und ist regelmäßig vor Ort.
Ihm macht nicht nur die politische Entwicklung im Land Sorgen. Die DR Kongo ist noch immer eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen liegt das Land auf Platz 176 - von 188 Staaten. Hoffnungen, dass mit der Demokratie auch Wohlstand kommt, haben sich für viele Menschen nicht erfüllt. "Es gibt kaum Strom, kein Wasser - darunter leiden die Menschen natürlich und sie kämpfen weiter jeden Tag ums Überleben. Sozial geht es den Menschen heute schlechter als vor zehn Jahren", sagt Bess.