CHIO: Marcus Ehning gewinnt Großen Preis von Aachen
2. Juli 202340.000 begeisterte Zuschauer im Reitstadion von Aachen jubelten, der Sieger Marcus Ehning riss sich den Reithelm vom Kopf und ballte beide Fäuste und weinte Freudentränen. Zum dritten Mal nach 2006 und 2018 hat sich der deutsche Ausnahmereiter den Sieg beim Großen Preis von Aachen im Springreiten gesichert. Auf Stargold setzte er sich im Stechen vor Daniel Deußer auf Killer Queen und Philipp Weishaupt auf Zineday und durch. Ehning benötigte für seine letzte Runde über die Hindernisse 45,12 Sekunden, damit war er 61 Hunderstelsekunden schneller als Deußer. Weishaupt hatte zwar nur 43,36 Sekunden benötigt, hatte sich aber einen Abwurf geleistet.
"Ich hatte die gesamte Woche ein gutes Gefühl bei Stargold. Er war schon die vergangenen beiden Wochen in guter Form", sagte Ehning anschließend. "Aber dass ich jetzt hier sitze und den Großen Preis von Aachen gewonnen habe, ist wirklich unglaublich."
Mit fünf Paaren ins Stechen
Der Große Preis von Aachen, der traditionell den Abschluss des CHIO in Aachen bildet, wird in zwei Umläufen ausgeritten. Die 40 besten Reiterinnen und Reiter der bisherigen Turnierwoche gehen an den Start, die 18 Bestplatzierten nach Umlauf eins sind auch im zweiten Durchgang noch dabei. Nach dem ersten Umlauf waren zwölf Paare noch fehlerfrei, darunter die Deutschen Ehning, Weishaupt und Deusser, alle drei ehemalige Aachen-Sieger, genauso wie Titelverteidiger Gerrit Nieberg auf Ben.
Im zweiten Umlauf blieben der Mexikaner Eugenio Garza Perez auf Contago und Rodrigo Pessoa auf Major Tom sowie Weishaupt, Deußer und Ehning erneut fehlerfrei. Nieberg unterlief ein Fehler, er wurde am Ende Neunter. Mit diesen fünf Paaren ging es ins Stechen, wo sich Ehning schließlich durchsetzte.
Emotionaler Abschied von Ludger Beerbaum
Nach einer laut bejubelten Ehrenrunde wurde es noch emotionaler: Überraschend und ohne Vorankündigung ritt Ludger Beerbaum ins Stadion und erklärte den Rücktritt vom aktiven Sport. "Ich darf auf eine tolle Zeit als Reiter blicken, habe die ganze Welt bereist und wunderschöne Erlebnisse gehabt", sagte der vierfache Olympiasieger und mehrfache Welt- und Europameister bei seinem Abschied. "Jetzt ist die Zeit gekommen, Platz für die jüngere Generation zu machen. Es ist mir eine Freude, beim schönsten Turnier der Welt diesen für mich nicht leichten Schritt zu gehen."
Beerbaum hatte sich vor nicht allzu langer Zeit den rechten Oberschenkelhals gebrochen und wollte eigentlich nicht in Aachen reiten. Doch da der Stammreiter Eoin McMahon wegen eines Sturzes nicht beim CHIO antreten konnte, aber Mila in so guter Verfassung war, setzte sich deren Besitzer Beerbaum doch in den Sattel. Nachdem er in der Turnierwoche - und auch im Großen Preis am Sonntag bewiesen hatte, dass er noch mithalten kann, sah er die Zeit gekommen, seine große Karriere zu beenden. "Ludger spricht bereits seit zehn Jahren von Rücktritt", sagte Philipp Weishaupt, der bei Beerbaum im Stall angestellt ist, bei der Sieger-Pressekonferenz und war deutlich angefasst. "Jetzt hat er Ernst gemacht."
So war Beerbaums 35. Start in Aachen sein letzter. Dreimal hat Beerbaum unter anderem den Großen Preis von Aachen gewonnen, zuletzt 2003. "Ich danke dem Aachener Publikum von ganzem Herzen für die jahrzehntelange Unterstützung, die mir und meinen Pferden zuteil wurde", sagte er nun sichtlich bewegt.
Neben dem aktiven Sport betreibt Beerbaum in seiner Heimat Riesenbeck eine große Reitanlage und Hengstzucht. Schatten auf seine große Karriere fielen 2004, als sein Pferd bei den Olympischen Spielen positiv auf ein verbotenes Medikament getestet wurde und die deutsche Equipe dadurch das gewonnene Mannschaftsgold wieder verlor. Im Januar 2022 wurde ihm Tierquälerei vorgeworfen. Beim Training werde die verbotene Praxis des Barrens durchgeführt. Alle Verfahren gegen Beerbaum wurde aber letztlich eingestellt.
McLain Ward verpasst Millionen-Jackpot
Der Große Preis von Aachen im Springreiten ist einer der prestigeträchtigsten Wettbewerbe im international Pferdesport. Wer hier gewinnt, hat Vergleichbares erreicht wie einen Sieg in Wimbledon beim Tennis, beim Masters von Augusta im Golfsport oder beim Formel-1-Grand-Prix in Monaco.
Das Springen in Aachen ist außerdem Teil des sogenannten Rolex Grand Slam, einer hochdotierten Turnierserie, bei der neben den ohnehin schon hohen Preisgeldern für einen Einzelsieg lukrative Zusatzprämien zu gewinnen sind.
Am meisten stand diesmal für den US-Amerikaner McLain Ward auf dem Spiel. Er hatte zuvor die Rolex Grand Prix in Genf in der Schweiz und in s'-Hertogenbosch in den Niederlanden gewonnen.
Ein weiterer Sieg in Aachen und damit der sogenannte Rolex Grand Slam hätte Ward neben der halben Million Euro Preisgeld einen Bonus von einer weiteren Million Euro beschert. Doch er und seine Stute HH Azur hatten im ersten Umlauf bereits nach den ersten drei Hindernissen zwei Abwürfe, worauf Ward aufgab. Bislang konnte nur der Brite Scott Brash im Jahr 2015 den Grand Slam gewinnen.
Jessica von Bredow-Werndl gewinnt in der Dressur
Vor dem Großen Preis im Springreiten fiel auch im wichtigsten Wettbewerb der Dressur die Entscheidung. Den Sieg im Großen Dressurpreis sicherte sich Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl, die auf Dalera eine beeindruckende Kür zeigte und mit 90,820 Punkten die Konkurrenz in den Schatten stellte.
Hinter Bredow-Werndl, die zum ersten Mal in ihrer Karriere in Aachen gewinnen konnte, belegten die Dänin Nanna Skodborg Merrald auf Zepter (88,730 Punkte) und die Britin Charlotte Dujardin auf Imhotep (88,415) die weiteren Plätze. Für Isabell Werth, mit 14 Erfolgen im Großen Preis Rekordsiegerin von Aachen, reichte es auf Quantaz mit 84,840 Punkten diesmal nur für Rang fünf. In der Mannschaftswertung hatten Werth und von Bredow-Werndl bereits am Samstag gemeinsam mit Frederic Wandres auf Bluetooth den Nationenpreis gewonnen.
In der Vielseitigkeit ging der Nationenpreis am Samstag ebenfalls an die deutsche Equipe. In der Einzelwertung war Michael Jung auf Chipmunk aber eine Sekunde zu langsam und landete mit dem minimalen Rückstand von 0,10 Fehlerpunkten hinter der Britin Yasmin Ingham mit Banzai de Loir auf Rang zwei. Dritte wurde die US-Amerikanerin Tamra Smith auf Mai Baum.