Ehning gewinnt den Großen Preis von Aachen
22. Juli 2018Das letzte Mal ist lange her: Zwölf Jahre nach seinem ersten Erfolg beim Großen Preis von Aachen steht Marcus Ehning wieder ganz oben auf dem Treppchen. Der 44-jährige Mannschafts-Olympiasieger von 2000 und Team-Weltmeister von 2010 blieb auf seinem Wallach Pret A Tout in beiden Umläufen ohne Abwurf, und auch im Stechen leistete sich das Paar keinen Fehler. Im Endklassement lag Ehning vor Luciana Diniz aus Portugal und dem Brasilianer Pedro Veniss. Und nachdem er im Parcours die ganze Zeit so ruhig geblieben war, brachen bei der Siegerehrung doch noch die Gefühle aus ihm heraus: Ehning reckte seinen Helm in die Höhe und ballte jubelnd die Fäuste. 2006 hatte Ehning auf der Stute Küchengirl schon einmal den Sieg aus Aachen nach Hause gebracht.
"Pret A Tout hat einen tollen Charakter", lobte Ehning sein aktuelles Pferd. "Er kennt seinen Job und die Höhe, die er Springen kann. Er hat es mir heute einfach gemacht. Wenn er die Zuschauer hört, ist das immer nochmal ein Extra-Ansporn für ihn."
Das Abschlussspringen des CHIO in Aachen ist eine der anspruchsvollsten und prestigeträchtigsten Springprüfungen der Welt, die insgesamt mit einer Million Euro dotiert ist. Sie gehört mit den Springen in Calgary, Genf und s'Hertogenbosch zum Rolex Grand Slam. Wer zwei Springen in Folge gewinnt, erhält einen Bonus von 500.000 Euro. Bei drei Springen ist es eine Million Euro Bonus, bei allen vier Springen sind es sogar zwei Millionen. Für den Belgier Niels Bruynseels, der bei der vorherigen Station in s'Hertogenbosch gewonnen hatte, ging es damit um die größte Börse. Doch der 35-Jährige leistete sich mit seiner Stute Gancia de Muze im ersten Umlauf acht Fehlerpunkte und hatte mit der Entscheidung nichts mehr zu tun.
Nur drei deutsche Paare kommen durch
Elf deutsche Paare waren im Feld der 40 qualifizierten Reiter dabei. Allerdings mussten acht von ihnen schon im ersten Umlauf, der über 585 Meter und 14 Hindernisse führte, die Segel streichen. Darunter prominente Reiter wie Meredith Michaels-Beerbaum, Christian Ahlmann, Simone Blum und der neue deutsche Springreit-Stern Laura Klaphake . Klaphake und Blum hatten am Donnerstag mit der deutschen Equipe noch den Nationenpreis gewonnen.
Philipp Weishaupt, der CHIO-Sieger von 2016, für den es nach seinem Sieg in Calgary im vergangenen September um den Bonus von einer Viertelmillion Euro ging, blieb auf Convall fehlerfrei. Gleiches gelang Maurice Tebbel auf Chaccos' Son und Ehning. Neben den Deutschen schafften auch Veniss, Frank Schuttert aus den Niederlanden, die Schweizer Steve Guerdat und Werner Muff, Devin Ryan und McLain Ward aus den USA, der Ire Darragh Kenny sowie Diniz eine Nullrunde.
Im zweiten Umlauf, in den die Reiter ihre Fehlerpunkte aus Umlauf eins mitnahmen, waren nur noch die besten 18 Paare dabei. Diesmal waren zwölf Hindernisse zu bewältigen. Erneut schaffte es Kenny ohne Abwurf durch den Parcours, Veniss ebenso. Damit stand fest: Der Große Preis musste in einem Stechen entschieden werden. Als dritter Reiter blieb auch Ehning ohne Fehler. Ihm folgte Diniz. Weishaupt leistete sich dagegen einen Fehler an einem Steilsprung und schied mit vier Fehlerpunkten aus. Riesenpech hatte Tebbel, dessen Pferd nach einem eigentlich fehlerfreien Ritt am letzten Hindernis leicht nach hinten auskeilte und die Stange doch noch fallen ließ.
Im Stechen mussten die Reiter nun aufs Tempo drücken. Kenny tat das zu sehr und räumte drei Stangen ab. Nach ihm blieb Veniss fehlerfrei. Ehning stand mit Pret A Tout unter Druck, doch der 44-Jährige und sein Pferd hielten Stand. Auch sie blieben ohne Abwurf, waren aber mehr als drei Sekunden schneller als der Brasilianer vor ihnen. Nach Ehning riss Guerdat zweimal und nur noch Diniz konnte dem Deutschen den Sieg wegschnappen. Zwar kam die gebürtige Brasilianerin ohne Fehler über die Hindernisse, sie war aber nicht schnell genug. So stand der Ehnings zweiter Sieg in Aachen fest.
Werth macht das Dutzend voll
In der Dressur ging der Große Preis wie im Vorjahr an Isabell Werth. Für Werth, die einen Tag zuvor den Grand Prix Special gewonnen und damit entscheidend zum Sieg im Nationenpreis beigetragen hatte, war es bereits der zwölfte Einzelerfolg ihrer Karriere beim CHIO in Aachen. Ein Rekord, den sie mit geballter Siegerfaust feierte. Auf Emilio setzte Werth mit einer Wertung von 87,550 Prozent die Bestmarke. Hinter ihr reihten sich die US-Amerikanerinnen Kasey Perry-Glass auf Goerklintgaards Dublet (85,205) und Laura Graves auf Verdades (85,085) ein. Einen guten fünften Platz belegte Helen Langehanenberg auf Damsey (82,575). Die Aachen-Siegerin von 2012 und 2013 war erst vor vier Wochen zum zweiten Mal Mutter geworden.
Für Werth war der Sieg das Happy End eines für sie turbulenten Turniers. Am Donnerstag hatte sie mit Emilio im Grand Prix das schlechteste Ergebnis der vier deutschen Starterinnen geliefert und war nur 17. geworden.