Chinas Flughäfen - der weiße Elefant Afrikas
3. September 201913 Millionen Gäste soll der internationale Flughafen Angolas in der Nähe der Hauptstadt Luanda jährlich über 31 Gates abwickeln. Doch nach 15 Jahren ist das Mammut-Projekt noch immer unvollendet. Milliarden US-Dollar sind bereits in den Bau geflossen, der von einem Konsortium chinesischer Baufirmen durchgeführt wird. Zunächst lag der Bau laut Aussage der Flughafenwebseite und CAPA, den Zentrum für Luftfahrt, in den Händen des China International Fund (CIF) und des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht, 2004 beauftragt vom damaligen angolanischen Präsidenten José Eduardo dos Santos. Doch das Projekt schien von Anfang an zum Scheitern verurteilt. 2009 wurde der Bau wegen Zahlungsschwierigkeiten ausgesetzt. Angolanische Bauarbeiter protestierten dagegen, dass überwiegend chinesische Arbeitskräfte eingesetzt wurden. Nach einer Reihe von Konstruktionsfehlern und Qualitätsmängeln übernahm das ebenfalls chinesische Unternehmen AVIC. Die erste Phase des Baus wurde 2012 abgeschlossen, die Eröffnung sollte ursprünglich 2015/2016 stattfinden, dann 2017. Doch inzwischen sind die Baupläne veraltet, Funktionalität und Technik sind nicht mehr aktuell.
Daher soll der Flughafen erst 2023 eröffnen, bis dahin sollen die Pläne aktualisiert werden. Angolas Transportminister Ricardo de Abreu sagte, es sei notwendig, dafür zu sorgen, dass der neue Flughafen modern und komfortabel sei. Die Beratungsfirma Fitch Solutions schätzt, dass China Angola mehr als 6,5 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung des Projekts zur Verfügung gestellt hat.
"Es ist, wie ich es nenne, einer der größten weißen Elefanten Afrikas", erklärt der investigative Journalist Rafael Marques im DW-Gespräch. "Dieses Projekt sollte ursprünglich 300 Millionen Dollar kosten und ist auf 9 Milliarden Dollar gestiegen. Und es ist kein Ende in Sicht, der endgültige Preis schießt in die Höhe." Sähe man sich den bisher abgeschlossenen Bau an, sei es "im Grunde genommen nur ein Projekt, das dazu bestimmt war, die Kredite zu plündern, die China Angola für den nationalen Wiederaufbau zur Verfügung gestellt hat", so der angolanische Journalist. "Es ist ein unendliches Bauprojekt, das zu diesem Zeitpunkt nicht viel Sinn macht und den angolanischen Staat hoch verschuldet."
Chinas Interessen in Afrika
Dass China in die afrikanische Infrastruktur investiert, ist keine Seltenheit. "Sie haben großartige Arbeit geleistet, wenn man sich die Stadtbahn in Äthiopien oder die Zugverbindungen in Kenia ansieht", erklärt Marques. Laut der chinesischen Regierungszeitung "China Daily" hat China den Bau von 14 Flughäfen abgeschlossen: Darunter ist der Entebbe International Airport in Uganda, saniert mit einem chinesischen Kredit von 199 Millionen US-Dollar. Auch ein neues Terminal am Bole International Airport in Addis Abeba, dem Heimatflughafen von Afrikas größter Fluggesellschaft Ethiopian Airlines, für knapp 31 Millionen Dollar hat China gebaut. In Nigerias Hauptstadt Abuja finanzierte die China Export Import Bank ein neues Terminal und stellte darüber hinaus insgesamt 500 Millionen US-Dollar zum Ausbau bestehender nigerianischer Flughäfen bereit. Auch in Mosambik und Namibia baut China an Flughäfen. Sierra Leone hingegen lehnte 2018 einen chinesischen Kredit in Höhe von 300 Millionen US-Dollar für den Bau eines neuen Flughafens ab - das Projekt sei unnötig. Es liegt seitdem auf Eis.
Sven Grimm, Politikwissenschaftler am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn, bestätigt das große Interesse Chinas, in Afrika zu investieren: "China hat ein Interesse an der Internationalisierung, dem Zugang zu Märkten und daran, Überkapazitäten, die in China im Bausektor bestehen, auszulagern. Die Finanzierung von Infrastruktur dient dazu, einen Engpass in Afrika zu bedienen, und der Investitionsbedarf von Afrikas Infrastruktur ist riesig. Er wird nicht ausreichend bedient von westlichen Finanziers oder multilateralen Akteuren, daher ist China ein weiterer Finanzier, was erst einmal positiv ist."
Schwarzes Korruptionsloch
Kurzfristig seien solche Deals im Sinne Afrikas, so der Politikwissenschaftler: "Der Druck, in Afrika schnell etwas zu schaffen, ist mit Blick auf eine sehr junge Bevölkerung groß", sagt Grimm. Doch längerfristig sei der Profit auf chinesischer Seite. "Wenn Dinge von außerhalb gebaut werden, werden nicht unbedingt Arbeitsplätze geschaffen. China profitiert davon, dass es aktiv seine eigenen Unternehmen fördert."
Doch der internationale Flughafen in Luanda sei einzig und allein ein "Projekt, designt, um Geld zu stehlen", so Investigativjournalist Rafael Marques. Profitieren würden hier nur all diejenigen, die ihre Finger damals bei den Verträgen mit im Spiel hatten, sagt der Angolaner. Auch jetzt gebe es keine Garantie, dass der Flughafen tatsächlich bis 2023 fertig sei. Dahinter stecke die Propaganda der Regierung, den größten Flughafen Afrikas zu bauen, weswegen niemand das Projekt anzweifeln dürfe, so Marques. "Da, wo der Flughafen heute stehen sollte, gibt es nur ein schwarzes Loch der Korruption."
"China ermöglicht Korruption"
Marques sieht bei der Regierung Angolas nicht die alleinige Schuld. Schon früher habe jeder, der in Angola investierte oder auf die eine oder andere Weise Kredite vergeben habe, massive Korruption ermöglicht, so Marques. "Der Hauptunterschied besteht darin, dass China es in einer Größenordnung getan hat, die in Angola bisher nicht bekannt war." Man müsse sich Verträge und Kredite ansehen, die China in so kurzer Zeit zur Verfügung gestellt habe. "Dann kann man sagen, dass China der größte Ermöglicher der Korruption auf solch hohem Niveau im Land geworden ist. Wenn die Verträge ordnungsgemäß abgeschlossen worden wären und die chinesische Regierung die Übersicht über die Kredite gehabt hätte, wären wir nicht in dieser Situation. Sie müssen die Verantwortung für das Geschehene übernehmen."
Doch das entspreche nicht Chinas Grundhaltung, so Grimm. "Wenn die Kredite abgesichert sind, in Angolas Fall wahrscheinlich durch Rohstoffe wie Öl, dann ist das als Business-Modell für chinesische Unternehmen erst einmal legitim", erklärt Grimm. Doch auch er glaubt: "Die Verantwortung ist da, solche Fälle nicht aufkommen zu lassen. Es ist ein beträchtliches politisches Kapital, das man da eventuell in den Sand setzt und wo man auf chinesischer Seite aufpassen muss, nicht in den Ruf zu kommen, weiße Elefanten in zu großer Anzahl zu finanzieren."
Ein erster Schritt zur Aufarbeitung wäre, dass der Rechnungshof eine wirtschaftliche und finanzielle Inspektion durchführt, erklärt der Jurist Agostinho Canando: "Diese Zahlen sollten von der Staatsanwaltschaft auf Misswirtschaft oder schädliche und ineffiziente Planung des neuen Flughafens überprüft werden." Marques fordert, dass sowohl die chinesische als auch die angolanische Regierung unter Präsident João Lourenço nun untersuchen müssen, wo das Geld geblieben ist und was bisher an Krediten verliehen wurde. "Lourenço ist seit zwei Jahren im Amt und muss nun all die Missetaten seines Vorgängers aufklären."
Mitarbeit: Manuel Luamba