Burundi - Chronologie eines Konflikts
13. Mai 2015Burundis Präsident Pierre Nkurunziza ist von all seinen Funktionen entlassen worden. Das verkündete heute der burundische Generalmajor Godefroid Niyombare über den privaten Radiosender Bonesha FM. Nachdem ein Präsidentensprecher den Putsch zunächst als "Witz" abtat, gibt es nun Bestätigungen aus diplomatischen Kreisen. Unterdessen weilt Nkurunziza selbst noch im tansanischen Dar Es Salaam, wo er mit seinen ostafrikanischen Amtskollegen über die Krise in seinem Land beraten wollte. Seit Wochen protestieren Menschen in Burundi gegen Nkurunzizas Ankündigung, ein drittes Mal für die Präsidentschaft zu kandidieren. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind dabei mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen.
Nkurunziza selbst hatte sich noch am Montag gegen Forderungen vonseiten der USA und der Europäischen Union ausgesprochen, die Wahlen zu verschieben. Das werde die Lage verschlimmern, sagte er dem britischen Nachrichtensender BBC. Er sei "optimistisch, dass die Wahlen friedlich, transparent und fair ablaufen werden." Eine Zuversicht, die viele Bürger seines Landes nicht teilen: Laut den Vereinten Nationen sind bereits mehr als 50.000 Burundier in die Nachbarländer Ruanda, Tansania und die Demokratische Republik Kongo geflohen. Der Konflikt hat eine lange Vorgeschichte.
Januar 2014
Schon Anfang 2014 drohte die Regierung in Bujumbura zu zerbrechen. Damals setzte Nkurunziza seinen langjährigen Vizepräsidenten Charles Nditije ab. Ein Grund für das Zerwürfnis waren offenbar Pläne des Präsidenten für eine Verfassungsänderung, die ihm eine dritte Amtszeit ermöglichen sollte.
Mai 2014
Gerüchte, die Regierungspartei CNDD-FDD versorge ihre Parteijugend Imbonerakure systematisch mit Waffen, sorgen für Empörung. Ein Sprecher des Präsidenten weist die Anschuldigungen eines internen UN-Berichts im DW-Interview von sich: Vielmehr laufe seit 2009 eine Kampagne, Waffen einzusammeln, die seit dem Bürgerkrieg in der Bevölkerung im Umlauf seien. "Wir können nicht Waffen einsammeln und sie gleichzeitig an anderer Stelle wieder ausgeben", so Sprecher Willy Nyamitwe.
Januar 2015
Mysteriöse Morde an Mitgliedern der Regierungspartei und Gefechte, die sich die Armee mit Rebellen liefert, sorgen für Unruhe. Laut Menschenrechtler Pierre-Claver Mbonimpa stehen die Ereignisse im Zusammenhang zu wachsenden Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition, die eine Manipulation der Wählerregistrierung vermutet.
25. April 2015
Burundis Regierungspartei CNDD-FDD nominiert Präsident Pierre Nkurunziza als ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 26. Juni. Es wäre sein drittes Mandat als Staatschef. Die Opposition ruft zu Protesten auf. Daraufhin verbietet die Regierung öffentliche Proteste und warnt vor Versuchen, einen "Aufstand" zu schüren.
26. April 2015
Tausende Demonstranten setzen sich über das Demonstrationsverbot hinweg und sehen sich einer großen Zahl von Sicherheitskräften gegenüber. Das Rote Kreuz meldet allein für den Tag drei Tote bei Zusammenstößen. Zwei weitere werden in der Nacht ermordet. Augenzeugen vermuten hinter den Taten Mitglieder der CNDD-FDD-Parteijugend Imbonerakure.
27. April 2015
Der prominente Menschenrechtler Pierre-Clavier Mbonimpa wird verhaftet und 30 Stunden festgehalten. Vital Nshimirimana, der die Demonstrationen gegen Nkurunzizas Kandidatur organisiert, wird per Haftbefehl gesucht und muss untertauchen. Der oppositionsnahe Radiosender Radio publique africaine (RPA), der schon in der Vergangenheit Repressionen ausgesetzt war, wird geschlossen. Der Vorwurf: Aufruf zum Protest.
2. Mai 2015
Sicherheitsminister Gabriel Nizigama wirft Demonstranten vor, ein "terroristisches Unternehmen" zu decken und kündigt an, hart gegen "Verbrecher, Terroristen und Staatsfeinde" durchzugreifen.Verteidigungsminister Pontien Gaciyubwenge distanziert sich indes von Präsident Nkurunziza: Er bekräftigt die Neutralität der Armee und fordert ein Ende der Angriffe auf Bürgerrechte.
4. Mai 2015
Burundis ehemaliger Präsident Domitien Ndayizeye sagt im DW-Interview, Nkurunziza dürfe nicht erneut kandidieren. Das sei nicht rechtens und auch nicht im Sinne des Landes: "Er soll sich ausruhen und andere weiterarbeiten lassen", so Ndayizeye, der selbst an der heutigen Verfassung mitgearbeitet hat.
5. Mai 2015
Mit sechs von sieben Stimmen erklärt das Verfassungsgericht Nkurunzizas Kandidatur für rechtmäßig. Menschenrechtler sind empört und bezweifeln die Unabhängigkeit der Entscheidung. Tags zuvor war der Vizepräsident des Verfassungsgerichts Sylvère Nimpagaritse nach Ruanda geflohen, er spricht von Todesdrohungen: Die Regierung habe heftigen Druck auf das Gericht ausgeübt, zu Nkurunzizas Gunsten zu entscheiden. In Artikel 96 der geltenden Verfassung von 2005 heißt es: "Der Präsident der Republik wird in einer Direktwahl für ein Mandat von fünf Jahren gewählt, das einmal erneuert werden kann." Das Gericht akzeptiert die Argumentation von Nkurunzizas Unterstützern, die das erste Mandat nicht mitzählen wollen, weil es auf einer Wahl durch das Parlament gründete.
6. Mai 2015
Nkurunziza bekräftigt persönlich seinen Entschluss, zu kandidieren - trotz des wachsenden Drucks, der nun auch aus der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) kommt. Oppositionsführer Audifax Ndabitoreye wird kurzzeitig festgenommen, nachdem er in einem Interview zu neuen Protesten aufgerufen hat. Unterdessen spitzt sich die Flüchtlingskrise zu. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, spricht von 35.000 Flüchtlingen in einem Zeitraum von wenigen Tagen. Die meisten seien nach Ruanda geflohen.
7. Mai 2015
Die Afrikanische Union plädiert für eine Verschiebung der Wahl: Die Umstände seien nicht günstig, sagt AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana Dlamini-Zuma. "Abgesehen von dem burundischen Gericht erhalten wir nur Interpretationen der Verfassung, die darauf hindeuten, dass es wirklich kein drittes Mandat geben sollte." Bei Protesten kommen erneut vier Menschen ums Leben, davon einer in der Stadt Gisozi. Es ist der erste Tote außerhalb der Hauptstadt Bujumbura.
10. Mai 2015
Deutschlands Außenminister Steinmeier äußert sich besorgt über die Entwicklungen in Burundi. Der "Tagesspiegel" zitiert aus einem Brief des Ministers an seine Amtskollegen in Burundi und anderen Ländern der Region Ostafrika. Laut Steinmeier steht die Stabilität des Landes "auf dem Spiel - und mit ihr die Sicherheitslage in der gesamten Region der Großen Seen." Indirekt erwägt er auch, die deutsche Entwicklungshilfe für das Land zu kürzen. Am Montag teilt Burundis größter Geldgeber Belgien mit, es habe die Zahlung von Hilfsgeldern für den Wahlprozess in Höhe von 2 Millionen Euro ausgesetzt. Auch die Unterstützung einer Polizeimission im Land sei ausgesetzt worden.