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PolitikChina

Wirtschaftsminister Habeck auf heikler China-Mission

Martin Fritz in Tokio
19. Juni 2024

Die eskalierenden Handelsspannungen zwischen der EU und China überschatten die erste Reise des deutschen Vizekanzlers nach China und Südkorea.

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Deutsche Flagge vor der großen Halle des Volkes in Peking beim Besuch von Kanzler Scholz im April 2024.
Habeck in China: Innerhalb weniger Monate reist wieder ein deutscher Spitzenpolitiker in das Reich der Mitte. Deutsche Flagge vor der großen Halle des Volkes in Peking beim Besuch von Kanzler Scholz im April 2024.Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Auf seiner fünftägigen Arbeitsreise will der deutsche Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck zuerst in Südkorea und dann in China über Handel, Klimaschutz und Energiepolitik sprechen. In Seoul trifft der deutsche Vizekanzler am Donnerstag mit dem Premierminister und Handelsminister von Südkorea zusammen, am Samstag in Peking spricht er mit hochrangigen Regierungspolitikern.

Habeck will dabei die deutsche De-Risking-Strategie im Umgang mit China erläutern. Einerseits sollen deutsche Geschäfte in China florieren, andererseits will Deutschland die Lieferketten auffächern und die Abhängigkeit von China in kritischen Bereichen senken. Außerdem nimmt Habeck an der ersten Sitzung des Deutsch-Chinesischen Klima- und Transformationsdialogs teil. In Shanghai besucht der Minister unter anderem das BMW-Forschungszentrum, in Hangzhou diskutiert er mit chinesischen Studenten, auch eine Visite beim E-Commerce-Riesen Alibaba steht auf dem Programm.

Reizthema Elektroauto-Zölle

Angesichts der eskalierenden Handelsspannungen zwischen der Europäischen Union und China richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf den China-Teil seiner Reise. Die EU hatte vor einer Woche Zollerhöhungen für chinesische Elektroautos auf bis zu 38 Prozent angekündigt, die mit unfairen Subventionen begründet wurden. Darauf kündigte das chinesische Handelsministerium am Montag an, dass es eine Antidumping-Untersuchung gegen importiertes Schweinefleisch aus der EU einleiten wird.

Der deutsche Wirtschaftsminister und die deutsche Autoindustrie lehnen die Strafzölle ab und fürchten chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Autobauer in China. Allein Volkswagen verkaufte im vergangenen Jahr 3,2 Millionen Personenwagen im Reich der Mitte. Habeck werde in China nicht über die Zölle verhandeln, stellte sein Sprecher Gabriel Haufe vor der Reise klar. Der Minister werde aber unterstreichen, dass die internationalen Wettbewerbsbedingungen gemäß den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) für Deutschland „im Mittelpunkt stehen". Eine "Lösung auf WTO-konforme Weise zu finden", sei Aufgabe der EU-Kommission, erklärte Haufe.

China - der mächtige Konkurrent

Medien in China: „Zusammenarbeit statt Konfrontation"

Vor der Ankunft von Habeck legte die chinesische Seite ihre Erwartungen offen. „Es ist zu hoffen, dass Habeck im Austausch mit seinen chinesischen Gastgebern angemessene Lösungen finden kann, bevor die Zollerhöhungen am 4. Juli in Kraft treten", schrieb die Zeitung China Daily, das englische Sprachrohr der Kommunistischen Partei. Und die staatsnahe Global Times zitierte Cui Hongjian, Professor an der Beijing Foreign Studies University, mit dem Satz, der Besuch sei eine Gelegenheit für die deutsche Regierung, bilaterale Zusammenarbeit statt Konfrontation zu suchen.

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) forderte Habeck unterdessen auf, in China das Thema Überkapazitäten anzusprechen. Sie führten in einigen Segmenten wie Baumaschinen zu maßgeblichen Marktverzerrungen in Europa, sagte VDMA-Abteilungsleiter Ulrich Ackermann. „Es besteht die Gefahr, dass dieses Phänomen in nächster Zeit auch in anderen Maschinenbaubereichen zu beobachten sein wird", warnte Ackermann.

Umstrittene Investitionsprüfungen

Aus chinesischer Sicht dürfte es Fragen an Habeck zum geplanten Investitionsprüfgesetz geben. Es soll chinesischen Unternehmen den Einstieg bei deutschen Firmen stärker erschweren. Ein aktueller Fall ist das mögliche Veto gegen den Verkauf des Gasturbinengeschäfts der VW-Tochter MAN Energy Solutions, weil der chinesische Kaufinteressent eng mir Chinas Rüstungsindustrie verbunden ist.

Karlsruhe | Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen | Annalena Baerbock und Robert Habeck
Unternimmt eine schwierige Reise: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen, rechts im Bild beim Bundesparteitag im November 2023) ist wie seine Parteikollegin, Außenministerin Annalena Baerbock (lins), für eine kritische Haltung zu China bekannt.Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Habeck überlegt auch, China-Investitionen von deutschen Unternehmen prüfen zu lassen. Die Regierung in Washington bereitet bereits ein entsprechendes Gesetz für US-Unternehmen vor. Der Wirtschaftsminister sorgt sich schon länger, dass deutsches Knowhow nach China abwandert. Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner halten jedoch wenig von solchen Prüfungen. Deutsche Unternehmen investierten laut Daten der Bundesbank im vergangenen Jahr die Rekordsumme von 11,5 Milliarden Euro.

Laut Noah Barkin, Senior Fellow beim Indopazifik-Programm des German Marshall Fund in Berlin, soll das Wirtschaftsministerium zeitweise erwogen haben, die China-Reise abzusagen, weil Peking wochenlang keine definitiven Zusagen für Gesprächspartner gab. Hintergrund ist die chinakritische Haltung von Habeck und seiner Parteikollegin, Außenministerin Annalena Baerbock. Wegen der Verzögerung reist Habeck drei Tage später als ursprünglich geplant ab und fährt zuerst nach Südkorea statt nach China. Die Reise werde Habeck „Gelegenheit geben, die harten Botschaften zu überbringen, die Kanzler Scholz auf seiner Reise im April nicht  vermitteln konnte", meinte Barkin.