Wie stark ist die Tea-Party-Bewegung in den USA?
5. Oktober 2013Es gehe um einen "harten Kern von etwa zwei Dutzend der konservativsten Republikaner", schreibt die "New York Times". Diese Hardliner der Tea-Party-Bewegung seien stark genug, die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus zu kontrollieren. Dieser Teil der Republikaner befinde sich auf einem "ideologischen Kreuzzug" gegen seine Gesundheitsreform, schimpft Präsident Barack Obama. Nur deshalb solle seine Regierung lahmgelegt werden. "Bei diesem Shutdown geht es nicht um Staatsdefizite oder Ausgaben oder Budgets", so Obama. Stattdessen gehe es den Konservativen der Tea-Party-Bewegung einzig darum, zu verhindern, dass auch die Bürger eine bezahlbare Krankenversicherung bekämen, die bisher keine hätten.
Einfluss der Tea-Party-Bewegung
Nach Ansicht der Opposition ist die Reform schlecht für die Wirtschaft und zu teuer für die Bürger. Deshalb lehnt sie, getrieben von der Tea Party, das Vorhaben ab. Nach Angaben der "New York Times" besteht dieser Flügel aus gut zwanzig Abgeordneten. Das ist zwar lediglich ein Zehntel der insgesamt 230 Republikaner im Repräsentantenhaus. Dennoch gelingt es ihr, den republikanischen Mehrheitsführer John Boehner massiv unter Druck zu setzen.
Nach Ansicht von Beobachtern bietet der aktuelle Streit den konservativen Republikanern der Tea-Party-Bewegung die letzte Chance, ihren Einfluss in der nationalen Politik geltend zu machen und damit ihr Überleben zu sichern.
Anlehnung an Boston Tea Party
Die aktuelle Bewegung unter den Republikanern leitet ihren Namen von der Boston Tea Party ab, bei der aufgebrachte Bürger im Jahr 1773 britische Schiffe stürmten und deren Teeladungen ins Bostoner Hafenbecken kippten. Sie wollten damit ein Zeichen des Widerstandes gegen die britische Kolonialpolitik setzen. Die Forderungen damals lauteten: weniger Steuern und mehr Mitbestimmung - dies schreibt sich auch die aktuelle Bewegung auf die Fahnen.
Ihre Bezeichnung als "Tea Party" wurde von Rick Santelli in einem Kommentar im US-amerikanischen Fernsehsender CNBC im Februar 2009 eingeführt. "Wenige Wochen nach Obamas Amtsantritt sagte der Wirtschaftsreporter, man bräuchte eine zweite Boston Tea Party", erklärt Martin Thunert, Politikwissenschaftler am Heidelberg Center for American Studies, im Interview mit der Deutschen Welle. Den Begriff habe die Gruppe konservativer Abgeordneter dann gleich für sich verwendet und verbreitet.
Mit der Wirtschaftskrise war die Stimmung in den USA gekippt. Spontan organisierte Proteste wütender Bürger folgten, die Tea-Party-Bewegung bekam Zulauf. Spätestens als Obama die Gesundheitsreform ernsthaft anging, gewann die Gruppe rasant an Bedeutung. Sie kritisierte, der Staat wolle die Gesundheitsreform mit aller Macht gegen den Willen vieler Menschen durchsetzen, so Thunert. "Obamacare" wurde zu einem zentralen Thema der Tea Party, die eine dezentrale Bewegung sei und keine klare Führung habe. "Es gibt mehrere Unterorganisationen, aber keine ganz hierarchische Führungsstruktur", sagt Thunert.
Zenit der Bewegung überschritten
Die bekanntesten Akteure der Tea-Party-Bewegung sind Sarah Palin, Michele Bachmann und Ted Cruz. Letzterer forcierte den aktuellen Streit: Mit einer Dauerrede von 21 Stunden und 19 Minuten versuchte der republikanische Senator, die bereits verabschiedete Gesundheitsreform Obamas zu torpedieren - ohne Erfolg, denn im Senat haben die Demokraten die Mehrheit.
"Sarah Palins Stern dagegen stieg und verglühte noch fast, bevor die Tea-Party-Bewegung richtig Fahrt aufgenommen hatte", so Thunert. Als sie 2008 ihr Amt als Gouverneurin von Alaska aufgab, beendete sie indirekt auch ihre politische Karriere. "Im Moment sehe ich das Banner des Anführers unter den Politkern bei dem Senator von Texas, Ted Cruz", erklärt er weiter.
Die Tea Party ist aber keine politische Partei, und will auch keine werden. Sie begreift sich eher als eine Bürgerbewegung.
Verlierer des Haushaltsstreits?
Doch auch als solche, meint Martin Thunert, sollte man ihren Einfluss nicht überschätzen. "Meines Erachtens ist ihr Zenit überschritten. Sie konnten die Gesundheitsreform, die sie unbedingt verhindern wollten, nicht aufhalten. Die zweite Niederlage war die Wiederwahl von Barack Obama." Auf Einzelstaats- und Präsidentschaftsebene hätten sie bisher keine Erfolge, und gegen eine Bewerberin wie Hillary Clinton hätten sie keine Chance, so Thunerts Prognose.
Und die Verlierer des Haushaltsstreits in den USA stehen für viele Experten auch schon fest: die Republikaner. Vor allem ihnen nähmen die Wähler ihre Blockadehaltung übel.