Was über die Kämpfe um Soledar bekannt ist
11. Januar 2023Soledar beherrscht die Nachrichten weltweit. Russland meldete zuletzt die Eroberung großer Teile der ukrainischen Stadt in der Nähe von Bachmut im Gebiet Donezk. Die ukrainische Regierung beschreibt die Lage als "sehr schwierig", es werde weiter gekämpft.
Kiew schickte Verstärkung und hofft offenbar, verlorenes Terrain zurückzuerobern. Soledar wäre die erste ukrainische Stadt im Kohlerevier Donbas, die Russland seit dem Sommer 2022 erobern könnte.
Darum sind Soledar und Bachmut wichtig
Aus militärischer Sicht ist Soledar vor allem wegen seiner Lage wichtig. Die Stadt liegt nur 15 bis 18 Kilometer nordöstlich von Bachmut. Beide Städte stehen seit dem russischen Einmarsch im Februar 2022 unter Beschuss.
Seit dem Sommer versuchen russische Kräfte, vor allem Söldner der privaten "Wagner-Gruppe", Bachmut einzunehmen. Zunächst sind sie jedoch nur sehr langsam vorgerückt, bis sich Anfang Januar das Bild änderte. Mit dem Verlust von Soledar würde die Gefahr einer Einkesselung von Bachmut deutlich steigen.
Bachmut ist strategisch ebenfalls von großer Bedeutung. Die Stadt war 1924 zu Ehren des russischen Revolutionärs Artjom in Artemiwsk umbenannt worden und erlangte erst 2016 wieder ihren ursprünglichen Namen. Sie liegt an der Fernstraße E40 in der Mitte des Abschnitts zwischen der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw und dem russischen Rostow-am-Don.
Bachmut würde der russischen Armee den Weg zu westlich gelegenen Städten eröffnen, vor allem nach Kramatorsk, einem wichtigen Industrie- und Verwaltungszentrum im Gebiet Donezk, das immer noch unter Kiews Kontrolle steht. Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Eroberung des gesamten Gebiets als das Hauptziel der Invasion genannt.
Von Bachmut nach Kramatorsk sind es rund 50 Kilometer. Die ukrainische Armee hat auf diesem Weg mehrere Verteidigungslinien aufgebaut. Viele Experten in der Ukraine aber auch im Ausland sehen deshalb einen möglichen Verlust von Bachmut als nicht unmittelbar entscheidend.
Bachmut ist die Stadt, in die sich ukrainische Truppen im Winter 2015 zurückgezogen hatten, nachdem sie den strategisch wichtigen Verkehrsknoten Debalzewe an die von Russland unterstützten Separatisten verloren hatten. Kurz davor, im Herbst 2014, wurde in Soledar ein gemeinsames Kontrollzentrum der russischen und der ukrainischen Armee sowie der OSZE eingerichtet, das die Einhaltung der in Minsk vereinbarten Waffenruhe koordinieren sollte. Es wurde nie vollständig umgesetzt, Russland zog seine Mitarbeiter 2017 ab.
Fußballfeld, Kirche und Sanatorium unter Tage
Soledar ist weltweit bekannt wegen seiner Salzminen. Das Kochsalz wird dort seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gefördert, damals im russischen Reich. Die Siedlung wurde 1965 zur Stadt erklärt, genannt Karl-Liebknechtiwsk - nach dem Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands. Seit 1991 heißt die Stadt Soledar, was auf Russisch "Salz" und "Geschenk" bedeutet.
Vor dem russischen Einmarsch lebten hier mehr als 10.000 Bewohner, in Bachmut sieben Mal mehr. Beide Städte wurden Anfang 2014 von prorussischen Separatisten kontrolliert.
Das Unternehmen "Artemsil" in Soledar deckte mehr als 90 Prozent des ukrainischen Salzbedarfs, der nun durch Importe gedeckt werden muss. Nach dem russischen Einmarsch wurde die Arbeit eingestellt. Vor dem Krieg waren die Salzminen ein Touristenmagnet. Es gab Führungen unter Tage, 200 bis 300 Meter tief. Die Gesamtlänge unterirdischer Tunnels wird auf bis zu 300 Kilometer geschätzt. Ein Tunnel ist besonders beeindruckend - er ist 30 Meter hoch, 14 Meter breit und rund einen Kilometer lang.
Tief unter der Erdoberfläche gibt es ein Museum, eine Kirche, einen Konzertsaal für symphonische Musik, ein Fußballfeld, Skulpturen aus Salzkristallen und ein Sanatorium für Atemwegserkrankungen mit Platz für bis zu 100 Patienten.
Weinkeller vom Donbas
Auch in Bachmut gibt es unterirdische Tunnels. In ehemaligen Gipsminen rund 70 Meter tief werden Schaumweine nach klassischer Rezeptur hergestellt. Die Trauben kamen vor der Krimannexion von der Halbinsel. In Bachmut produzierte einer der größten Sekthersteller in Osteuropa rund 25 Millionen Flaschen pro Jahr. Auch diese Produktion wurde nach dem russischen Einmarsch gestoppt.