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Was läuft schief in Sachsen?

Nina Werkhäuser, Berlin24. Februar 2016

Der Bundestag hat die fremdenfeindlichen Übergriffe in Sachsen scharf verurteilt - sie seien eine Schande für Deutschland. Warum aber immer wieder Sachsen? Darüber gingen die Meinungen auseinander.

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Demonstration der "Legida" in Leipzig, Foto: Picture alliance
Demonstration der "Legida" in LeipzigBild: picture-alliance/ZB/H. Schmidt

Ist etwas faul im Staate Sachsen? Das fragte sich der Bundestag in einer Debatte über die fremdenfeindlichen Übergriffe in Clausnitz und Bautzen. Immer wieder ist es das Bundesland Sachsen, in dem Flüchtlingsunterkünfte in Brand gesteckt werden oder gegen Asylbewerber gehetzt wird. In Dresden marschieren montags die Anhänger der Pegida, in Leipzig die der Legida. Die Anzahl der rassistisch motivierten Straftaten ist überdurchschnittlich hoch.

Die Bestandsaufnahme fiel dementsprechend düster aus: In Sachsen sei, so mutmaßte Innen-Staatssekretär Günter Krings, eine "Parallelgesellschaft" entstanden. "Die Gewalttäter und Randalierer vor den Flüchtlingsheimen, aber auch der harte Kern von Pegida bilden in Wirklichkeit das, was sie anderswo gerne anprangern, nämlich eine Parallelgesellschaft mitten in unserem Land", sagte der CDU-Politiker.

Krings forderte "null Toleranz" für die Täter und ein hartes Durchgreifen des Rechtsstaates. In Clausnitz hatten etwa 100 pöbelnde Demonstranten die Ankunft eines Busses mit Flüchtlingen blockiert. In Bautzen ging eine geplante Flüchtlingsunterkunft unter dem Beifall Umstehender in Flammen auf, die außerdem die Arbeit der Feuerwehr behinderten.

"Pogromstimmung gegen Flüchtlinge"

Das seien keine Einzelfälle gewesen, betonte die Linke Caren Lay, selbst aus Sachsen. Gemessen an der Bevölkerungszahl gebe es in Sachsen die meisten Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, 33 allein seit Beginn des Jahres. "In Sachsen herrscht eine Pogromstimmung gegen Flüchtlinge", sagte Lay. Im Landkreis Bautzen gebe es eine seit Jahren erstarkende Neonazi-Szene und nicht weniger als 36 Bürgerinitiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte. "Auf deren Internetseiten wurde im Dezember schon über Brandanschläge diskutiert."

Wie aber konnte es so weit kommen? Die Landesregierung von CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich, so sahen es einige Redner, habe rechtsradikale Umtriebe in den vergangenen Jahren verharmlost und nicht entschieden genug bekämpft. "Wo man die braune Soße seit der deutschen Einheit nahezu ungehindert wabern lässt, dort muss sich niemand wundern, dass dort eine Art Dunkeldeutschland entstanden ist", sagte der Sozialdemokrat Uli Grötsch. Der "Nährboden und das Klima für Neonazis" seien in Sachsen anscheinend "optimal".

Linke und Grüne kritisierten, dass Initiativen gegen Rechtsextremismus im Freistaat zu wenig unterstützt und teilweise in die linksextreme Ecke gerückt würden. Auch an der sächsischen Polizei gab es Kritik: Sie sei ihrer Aufgabe, die Flüchtlinge in Clausnitz zu schützen, nicht gerecht geworden, kritisierte Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Dass die Polizei den Geflüchteten am Ende sogar noch "eine Mitschuld" zugewiesen habe, wertete er als einen "Fall von institutionellem Rassismus". Die Opposition störte sich daran, dass kein einziger Minister die Debatte im Bundestag verfolgte. Das sei "ein Unding" und "skandalös".

"Keine pauschalen Urteile"

Vor einem Frontalangriff auf sein Bundesland warnte der sächsische CDU-Abgeordnete Günter Baumann. "Das hilft uns nicht weiter und ist absolut ungerecht". Er sei stolz auf das weltoffene Sachsen, in dem es auch eine Willkommenskultur für Flüchtlinge gebe. Wichtig sei es, die Polizei nach jahrelangem Stellenabbau wieder aufzustocken und mit den Bürgern zu reden, bevor Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Nähe eingerichtet würden. "Als sächsischer Abgeordneter", ergänzte Baumann, "möchte ich mich für das Handeln von pöbelnden Menschen und Brandstiftern bei den Asylbewerbern entschuldigen".