Was bringen Migrationspartnerschaften?
8. Februar 2024Beim Thema Migration scheint die Bundesregierung unermüdlich zu sein. So verkündete Entwicklungsministerin Svenja Schulze Ende Januar bei ihrem Besuch in Rabat eine sogenannt Migrationspartnerschaft mit Marokko. Bereits wenige Tage später, am 6. Februar, eröffnete sie gemeinsam mit der nigerianischen Staatsministerin Nkeiruka Onyejeocha ein Migrationsberatungszentrum in der Stadt Nyanya. Und Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits im Mai vergangenen Jahres in Kenia um Fachkräfte geworben und eine Migrationspartnerschaft mit dem ostafrikanischen Land angekündigt.
Nigeria, Marokko, Kenia, Kolumbien, Indien, Kirgisien, Usbekistan, Georgien und Moldau - mit all diesen Ländern strebt die Bundesregierung solche Migrationspartnerschaften an oder hat entsprechende Abkommen bereits unterzeichnet. Auf EU-Ebene werden derartige Abkommen bereits seit über 15 Jahren praktiziert. Dort existieren laut der Migration Partnership Facility (MPF) rund 50 verschiedene solche Partnerschaften.
Doch was macht diese Partnerschaften im Vergleich zu normalen Rückkehrkooperationen oder Migrationsabkommen aus?
Mehr Visa, bessere Kooperation
Für den Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, sind "Migrationspartnerschaften ein Baustein eines Gesamtkonzepts". Zu diesem gehört laut Bundesinnenministerium, wo Stamps Posten angesiedelt ist, "ein Paradigmenwechsel zur Reduzierung irregulärer und Stärkung legaler Migration".
Im Gegensatz zu allgemeinen Migrationsabkommen geht es bei diesen Partnerschaften stärker um vertrauensvollen Austausch und Kooperation in den Bereichen Arbeitsmarkt, Ausbildung und Fachkräftezuzug. Irreguläre Einwanderung soll nicht nur bekämpft, sondern durch reguläre ersetzt werden.
Auch Migrationsexperte Steffen Angenendt von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hält Migrationspartnerschaften für "extrem wichtig" und "unverzichtbar". Allerdings: "Sie sind kein Allheilmittel für große Fluchtbewegungen", stellt er im DW-Gespräch klar.
Und er fügt hinzu: "Die bisherigen Abkommen sind in der Regel wirkungslos oder erzielen nicht die Wirkung, die sie eigentlich erzielen sollten. Denn alle Migrations- und Mobilitätspartnerschaften der EU, die seit 2007 geschlossen worden sind, zielten darauf ab, vor allem die irreguläre Einwanderung zu reduzieren", erklärt Angenendt. Problematisch sei, dass dabei die Interessen der Partnerländer immer zu kurz gekommen seien.
Zu diesen gehören unter anderem die Ausweitung der regulären Einwanderungsmöglichkeiten, um in EU-Ländern zu arbeiten, zu studieren oder eine Ausbildung zu absolvieren. Solange diese Interessen nicht berücksichtigt würden, so Angenendt, sei der politische Wille der Länder gering, ihre Vertragspflichten zu erfüllen.
Dazu gehören auch die schnelle Ausstellung von Ausweispapieren für Staatsangehörige, die sich ohne Bleiberecht in anderen Ländern aufhalten, um eine Rückführung in das jeweilige Herkunftsland zu ermöglichen. Oder eine strengere Kontrolle von Ausreisewilligen im Land selbst.
Nicht geeignet für Bürgerkriegsländer
Bei genauer Betrachtung bedeutet dies, dass sich Migrationspartnerschaften nur bedingt dafür eignen, Fluchtbewegungen zu verringern - auch wenn der Begriff andere Assoziationen weckt.
Denn die meisten Menschen, die als Flüchtling nach Deutschland einreisen, stammen aus Ländern, in denen Krieg herrscht oder Menschenrechte massiv verletzt werden.
"Mit Ländern wie Syrien und Afghanistan können wir keine Migrationspartnerschaft entwickeln", stellt der Sonderbevollmächtigte Stamp klar. Die Bundesregierung versuche stattdessen, deren "Nachbarländer zu unterstützen, die Flüchtlinge aus diesen Länder aufnehmen", heißt es in einem Statement.
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stammen bereits seit Jahren die meisten Asylsuchenden aus Syrien und Afghanistan. Zudem habe die Anzahl der Asylsuchenden aus der Türkei in den vergangen drei Jahren zugenommen und mache mittlerweile 19 Prozent aus. Länder wie Georgien, mit denen Deutschland eine Migrationspartnerschaft abgeschlossen hat, stehen eher auf den hinteren Rängen der Statistik.
"Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, mit Georgien und in den nächsten Wochen auch mit Moldau zu einer entsprechenden Vereinbarung zu kommen", so Stamp in einem TV-Interview. Außerdem befinde sich die erst Ende Januar verkündete Migrationspartnerschaft mit Marokko "bereits in der Umsetzung". "Nach vielen Jahren, in denen es nicht so gut gelaufen ist, haben wir jetzt ein vertrauensvolles Verhältnis."
Legale statt unkontrollierte Einwanderung
Das von Italien mit Albanien angestrebte Abkommen zur Reduzierung von Migration nach Italien wird zwar auch bisweilen als "Migrationspartnerschaft" bezeichnet, scheint aber nicht so recht in dieses Schema zu passen. Danach sollen noch in diesem Frühjahr im EU-Beitrittskandidat Albanien zwei Zentren zur Aufnahme von Migranten errichtet werden. Angeblich sollen Asylsuchende bereits dort ihre Asylanträge stellen.
Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze schlägt deshalb bewusst andere Töne an als Italiens Ministerpräsidentin Meloni, auch wenn sie die Anzahl der Abschiebungen für Migranten ohne Bleiberecht in Deutschland erhöhen will.
Bei der Einweihung eines Migrationsberatungszentrums im nigerianischen Bundesstaat Nassarawa Anfang Februar erklärte sie: "Migration ist eine Tatsache. Wir müssen mit ihr so umgehen, dass alle davon profitieren: Migranten, Herkunftsländer und die Gemeinden, die Migranten aufnehmen."