Nigeria: Beratung statt irreguläre Migration
7. Februar 2024Es ist ein Teil einer Strategie, die jungen Nigerianern in wirtschaftlich schwerer Lage neue Hoffnung geben soll: Anstatt sich auf eine gefährliche Reise durch die Sahara und übers Meer nach Europa zu begeben, so die Hoffnung, können sie sich auf den ungleich kürzeren Weg nach Ado machen. Die dicht bevölkerte Stadt liegt einige Kilometer östlich der Haupstadt Abuja im Bundesstaat Nassarawa - und beherbergt das neueste sogenannte Migrationsberatungszentrum: Am Dienstag hat die Staatsministerin im nigerianischen Arbeitsministerium, Nkeiruka Onyejeocha, das Zentrum gemeinsam mit der deutschen Entwicklungsministerin Svenja Schulze eröffnet. Es wird von der nigerianischen Regierung in eigener Verantwortung betrieben und dabei von Deutschland über die staatliche Entwicklungsorganisation GIZ unterstützt.
Nigerianer, die nach Europa migrieren wollen, sollen in dem Zentrum Unterstützung und Beratung zu Jobperspektiven erhalten. Wenn sie Berufe ausüben wollen, in denen es in Deutschland an Arbeitskräften mangelt, soll hier reguläre Migration ermöglicht werden. Das Programm richtet sich aber auch an Nigerianer in Europa, die in ihr Geburtsland zurückkehren wollen. Solche Zentren betreibt oder unterstützt Deutschland in einigen Herkunftsländern von Menschen, die nach Deutschland migrieren wollen. In der Regel sind sie verbunden mit bilateralen Abkommen, die irreguläre Migration erschweren sollen - etwa indem die Rücknahme abgelehnter Asylbewerber vereinbart wird. Innenpolitisch steht die Bundesregierung unter Druck, Migration nach Deutschland insgesamt zu begrenzen.
"Migration ist eine Realität, die gestaltet werden muss, sodass sie jedem nützt", sagte Schulze von der sozialdemokratischen Kanzler-Partei SPD in Ado: "Den Migranten selbst, ihrem Herkunftsland und ihrem Zielland. In dieser Kooperation geht es darum, Migration für Nigeria und Deutschland erfolgreich zu gestalten."
Unterstützung zahlt sich aus
Staatsministerin Onyejeocha sprach bei der Eröffnung gegenüber der DW von einem Meilenstein in der Partnerschaft beider Länder: "Aufgrund wirtschaftlicher und demographischer Faktoren erleben wir eine Phase steigenden Migrationsdrucks." Nigeria hoffe daher auf die Förderung von Arbeitsvermittlung durch neue bilaterale Abkommen zu Arbeitsmigration.
Onyejeocha zufolge haben seit 2018 rund 320.000 Nigerianerinnen und Nigerianer von deutschen Programmen zum Thema Arbeit profitiert. 37.000 von ihnen seien in Anstellungen vermittelt worden; weitere 57.000 hätten Stipendien zur Unternehmensgründung erhalten.
Eine von ihnen ist Zarah Muhammad. Sie erzählte der DW: "Ich habe von dem Zentrum profitiert, weil ich hier zur Schneiderin ausgebildet wurde. Jetzt bilde ich andere Frauen aus."
Großer Druck auf Nigerias Arbeitsmarkt
In Nigeria drängen Jahr für Jahr Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt. Mit 220 Millionen Menschen ist das Land schon jetzt das bevölkerungsreichste in Afrika. Bis Mitte des Jahrhunderts soll sich die Bevölkerung Prognosen zufolge sogar noch verdoppeln. Dabei tragen Armut, geringe Aufstiegschancen und Unsicherheit zu einer Gesamtsituation bei, in der viele meist junge Menschen sich für die sogenannte irreguläre Migration nach Europa entscheiden.
Das Beratungszentrum rückt stattdessen reguläre Migration als Alternative in den Fokus. "Sie hält Hürden, aber auch Chancen bereit", sagte Emmanuel Akabe, Vizegouverneur des Bundesstaats Nassarawa, der ebenfalls bei dem Zentrum eingebunden ist. "Die Regierung entwickelt Maßnahmen auf allen Ebenen, um das Migrationsthema anzugehen."
Nigeria und Deutschland arbeiten auch an einem Ausbildungsprojekt im benachbarten Bundesstaat Plateau. Schulze besuchte auf ihrer Nigeria-Reise dazu ein Zentrum, das junge Erwachsene in die Lage versetzen soll, sich selbstständig zu machen und als Kleinunternehmer Geld zu verdienen. Ihr Ministerium hat auch als Ziel vorgegeben, die Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort zu fördern.