Waffenruhe für Libyen ausgerufen
21. August 2020Nach jahrelangen Kämpfen hat die Einheitsregierung in Libyen eine Feuerpause ausgerufen. Die Streitkräfte seien angewiesen, ab sofort alle Kampfhandlungen im gesamten Land einzustellen, teilte Regierungschef Fajis al-Sarradsch in Tripolis mit. Zudem sollen eine entmilitarisierte Zone in der strategisch wichtigen Stadt Sirte am Mittelmeer eingerichtet und ein politischer Dialog angestoßen werden. Die Einheitsregierung wird von den Vereinten Nationen anerkannt und unter anderem durch türkische Truppen unterstützt.
Parlamentspräsident Agila Saleh rief ebenfalls zu einem Waffenstillstand auf. Dies führe zum Abzug ausländischer Söldner und zur Auflösung von Milizen, fügte er in einer Erklärung hinzu, die von der libyschen UN-Mission veröffentlicht wurde. Das Parlament ist mit dem abtrünnigen General Chalifa Haftar verbündet, der gegen die Einheitsregierung kämpft. Haftar, der weiträumige Gebiete im Osten und Süden des Landes kontrolliert, hat den Rückhalt Russlands, der Vereinigten Arabischen Emirate, Ägyptens und Saudi-Arabiens.
Nicht der erste Anlauf
Die UN-Vermittlerin für Libyen, Stephanie Williams, begrüßte die Ankündigung und sprach von einer Einigung beider Konfliktparteien. Es bestehe die Hoffnung, dass alle ausländischen Kräfte aus dem Land abzögen. Allerdings konnten auch mehrere frühere Anläufe zu einer Waffenruhe die Lage nicht dauerhaft beruhigen. Im Januar hatte die Bundesregierung zu einer Libyen-Konferenz nach Berlin eingeladen, die den Weg zu einer Friedenslösung ebnen sollte. Zuletzt reiste Bundesaußenminister Heiko Maas am Montag nach Tripolis. Dort hatte er für eine entmilitarisierte Zone um Sirte herum und für eine gerechte Verteilung der Einnahmen aus den reichhaltigen Ölvorkommen geworben.
Libyen war nach dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 im Bürgerkrieg versunken. Seither ringen zahlreiche Milizen um die Macht. Zugleich liegt das Land auf der Route von Schleusern, die Flüchtlinge gegen Bezahlung auf dem Seeweg nach Europa bringen. Menschen, die an der libyschen Küste abgefangen oder dorthin zurückgeschickt werden, landen oftmals in Lagern, in denen Vergewaltigungen und Folter an der Tagesordnung sind.
jj/ww (dpa, afp, rtr)