Verdächtige nach Journalistenmord wieder frei
3. März 2018Nach dem Doppelmord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten hat die Polizei mehrere Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen. Mindestens sieben Menschen kamen nach 48 Stunden wieder frei, wie eine Polizeisprecherin bestätigte.
Laut slowakischen Medienberichten sind alle Freigelassenen Italiener, die bei Razzien in der Ostslowakei gefasst worden waren. Offenbar reichte die Beweislage zunächst nicht aus, um die Verdächtigen weiter festzuhalten.
Drahtzieher der Mafia?
Mindestens einer der Männer taucht in der letzten, unvollendeten Reportage des ermordeten Journalisten auf. Dort wird er als wichtigster Drahtzieher eines mutmaßlichen italienischen Mafia-Netzwerks in der Slowakei dargestellt.
Wegen der unterstellten Verbindungen zwischen organisierter Kriminalität und höchsten Regierungskreisen wächst der Druck auf Regierungschef Robert Fico. Einige seiner Berater legten bereits ihre Ämter nieder.
Zentausende gehen auf die Straße
Am Freitag hatten Zehntausende Menschen in mehreren slowakischen Städten an Trauerkundgebungen für Kuciak und dessen Verlobte teilgenommen. Allein in der Hauptstadt Bratislava gingen nach Angaben der Organisatoren rund 25.000 Menschen auf die Straße. Dort belagerten mehrere Hundert Demonstranten nach dem Ende des Gedenkmarsches den Eingang des slowakischen Regierungsamtes und verlangten den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak. Manche riefen auch Regierungschef Fico zum Rücktritt auf.
In der nordslowakischen Ortschaft Stiavnik gaben derweil mehrere Hundert Trauernde Kuciak das letzte Geleit. Die Beerdigung begann mit der Verlesung eines Gedichts, das der Journalist für seine Verlobte verfasst hatte und das er bei der geplanten Hochzeit vortragen wollte. Seine Freundin war bereits am Freitag beigesetzt worden.
Der 27-jährige Kuciak und seine Verlobte waren in der Nacht zum Montag in ihrem Haus tot aufgefunden worden. Nach Polizeiangaben wurden sie durch Schüsse in Kopf und Brust im Stil einer Hinrichtung getötet. Der Fall erinnert an die Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia im Oktober. Auch sie hatte undurchsichtige Finanzströme durchleuchtet und führende Politiker dunkler Machenschaften bezichtigt.
Kuciak hatte über die Verfilzung der Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Bei seinen Nachforschungen zu den sogenannten Panama-Papers war er auf mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Politikern und Regierungsmitarbeitern gestoßen. Dabei ging es auch um mutmaßlichen EU-Subventionsbetrug. Kuciak war seit 2015 Redakteur des Nachrichtenportals Aktuality.sk, das zum Konzern Ringier Axel Springer Slovakia gehört.
jj/uh (dpa, afp, rtr)