Führungswechsel bei der Vatikanbank
9. Juli 2014
Der Vatikan bestätigte am Dienstag, was bis dahin nur gemutmaßt wurde: Der Unternehmer Ernst von Freyberg, Präsident der Vatikanbank, scheidet aus – und mit ihm die gesamte Führungsspitze. Freyberg leitete das von Skandalen geplagte Istituto per le Opere di Religione (IOR, zu deutsch: "Institut für religiöse Werke"), wie die Vatikanbank offiziell heißt, seit Februar 2013. Seine Berufung war eine der letzten Entscheidungen des inzwischen emeritierten Papstes Benedikt XVI. - und das Mandat sollte eigentlich bis Ende 2015 reichen.
In einem Zeitungs-Interview beklagte von Freyberg einen Tag später Intrigen in der Führungsetage des Vatikan. "Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln", so der bisherige Chef-Bänker.
Für Transparenz gesorgt
"Er hat sämtliche Konten prüfen und mehr als 3000 Konten schließen lassen, die ihm nicht sauber erschienen", fasst der Münsteraner Theologe und Vatikankenner Klaus Müller zusammen, "insofern hat er offensichtlich seinen Job gut gemacht". Vielleicht zu gut?
Sein Job sei erledigt, betonte der 55-Jährige von Freyberg. "Die Bank ist jetzt sauber. Das war mein Ziel." Er habe 200 Mal Anzeige wegen Geldwäsche-Verdachts gestellt. "Damit habe ich mir nicht nur Freunde gemacht."
Offenkundig unterhielten hunderte Privatleute jahrelang Konten bei dem Institut, obwohl dies nach den Regeln der Bank nicht erlaubt war. Bis zum Sommer 2013 befanden sich auf diesen Konten nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" mehr als 300 Millionen Euro - "zum größten Teil Schwarzgeld". "Er führte sein Programm sehr streng und scharf durch", weiß Müller. Das wird auch dadurch bestätigt, dass von Freyberg nach eigenen Angaben "nahezu alle Beratungsverträge bei der Bank gekündigt" hat. Insgesamt hätten "zweifelhafte Investments" aus der Vergangenheit den Papst 45 Millionen Euro gekostet, so der bisherige Präsident.
Spekulation über Rücktrittsgründe
Ob der Bankmanager seinen Rücktritt aus freien Stücken eingereicht hat oder ob Meinungsverschiedenheiten über die Reformen der Vatikanfinanzen eine Rolle spielen, bleibt unterdessen unklar. Von Freyberg selber begründete den Wechsel damit, der weitere Reformprozess des IOR erfordere jemanden, der sich dieser Aufgabe in Vollzeit widmen könne. Er hielt sich jeweils immer nur einige Tage pro Monat in Rom auf.
Als er die IOR-Geschäfte vor 16 Monaten übernahm, verordnete er seiner Bank unbedingte Transparenz. Im Oktober legte das Geldinstitut, das rund sieben Milliarden Euro verwalten und über 800 Millionen Euro Eigenkapital verfügen soll, erstmals einen Jahresbericht vor. Der brachte einen Vorjahresgewinn in Höhe von gut 86 Millionen Euro ans Tageslicht. Die aktuelle Jahres-Bilanz 2013 indes, die der Vatikan ebenfalls am Dienstag veröffentlichte, weist einen kräftigen Gewinneinbruch aus. Demnach sank der Nettogewinn auf 2,9 Millionen Euro. Die Bank begründete den Rückgang mit Kosten für den laufenden Reformprozess.
Reformprozess nicht zu Ende
Klar ist, dass das Istituto per le Opere di Religione seinen Platz in den neuen Finanzstrukturen des Vatikans bekommen soll, heißt es aus dem Kirchenstaat. Viele Beobachter vermuten, dass das Geldhaus damit auch deutlich an Kompetenzen verliert. Der französische Geschäftsmann Jean-Baptiste de Franssu übernehme mit sofortiger Wirkung die Leitung des Geldhauses, so der Vatikan am Mittwoch. Unter dem 51-jährigen de Franssu, der zuvor Mitglied des Wirtschaftsrats des Vatikans war, soll das Geldhaus weiter umgebaut werden. Er werde die "zweite Phase" des Reformprozesses vorantreiben. Zudem sei de Franssu als gelernter Vermögensmanager geeigneter für die nun anstehenden Aufgaben, unterstreicht auch von Freyberg.
"Man versucht derzeit, die Strukturen in Verwaltung und Administration zu verschlanken", erläutert Vatikankenner Müller. Er hofft, dass Papst Franziskus die Kraft und genügend Mitarbeiter hat, die Veränderungen der Kurie durchzusetzen. "Denn so viel Zeit bleibt ihm nicht, schon vom Alter her!"
Tiefste Krise überstanden
Dass es positive Folgen hat, wenn ein frischer Wind weht, bestätigt der Einsatz von Freybergs. Als der im Februar 2013 von Papst Benedikt XVI. an die Spitze der IOR berufen wurde, befand sich das Finanzinstitut in einer tiefen Krise: 2010 hatten die italienischen Behörden IOR Ermittlungen wegen Geldwäsche eingeleitet. Die Führungsspitze der Vatikanbank wurde entlassen, der Generaldirektor und sein Stellvertreter müssen sich mittlerweile vor Gericht verantworten. Außerdem wurden 23 Millionen Euro mit ungeklärter Herkunft beschlagnahmt. Das änderte sich mit Ernst von Freyberg - der nun die Vatikanbank verlässt.