US-Außenminister Tillerson in Moskau
11. April 2017Unmittelbar vor seinem Antrittsbesuch in Moskau sparte der US-Außenminister nicht mit Kritik an Russlands Rolle in Syrien. Die russische Regierung sei entweder unfähig oder "mitschuldig am Giftgasangriff" in der Provinz Idlib in der vergangenen Woche, kritisierte Tillerson. Worte, die seinen russischen Amtskollegen empörten. Was ist also zu erwarten, wenn Tillerson und Sergej Lawrow am Dienstag in der russischen Hauptstadt zusammenkommen? Schlechte Stimmung und eine neue Eiszeit? Nicht unbedingt.
"Tillersons harsche Kritik an Russland könnte der amerikanischen Agenda in Moskau sogar helfen", sagt Emma Ashford vom konservativen Cato Institute in Washington. Natürlich habe der US-Luftschlag in Syrien den amerikanisch-russischen Beziehungen geschadet. "Er hat aber auch eine klare Botschaft an Russland und andere Länder gesendet, dass Washington - anders als bisher angenommen - sehr wohl darauf achtet, was im syrischen Bürgerkrieg passiert."
Beunruhigte Russen, die jetzt ganz genau zuhören?
Das sieht John Herbst, ehemaliger US-Botschafter in der Ukraine und Experte am Atlantic Council, ganz ähnlich: "Noch vor einer Woche hat sich Moskau keine Sorgen darüber gemacht, dass die neue US-Regierung Schritte unternehmen könnte, die den russischen Interessen schaden." Das sei nun anders. "Der US-Militärschlag hat die russische Position in Syrien und im gesamten Nahen Osten geschwächt", analysiert Herbst. Die Russen seien besorgt und würden Rex Tillerson ganz genau zuhören, um zu verstehen, was Washington in Syrien wirklich vorhat.
"Sollten sich die USA dazu entscheiden, nicht nur den Einsatz von Chemiewaffen, sondern auch den von Fassbomben mit gezielten Militärschlägen zu beantworten, sollten sie sich zu einer Intervention im Syrienkrieg entscheiden, wird Russland dem nichts entgegensetzen können", sagt Herbst. Das wisse auch der Kreml.
Widersprüchliche Signale
Allerdings sendet die neue US-Regierung widersprüchliche Signale bezüglich ihrer Syrienpolitik und deren Ziele. Geht es nun doch darum, den syrischen Machthaber Assad abzusetzen, oder - wie US-Außenminister Tillerson betont - hat der Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat die absolute Priorität? Diese Ambiguität kann den USA nützen, sagt John Herbst. Dem Kreml zu versichern, Assads Entmachtung sei nicht das oberste Ziel der Amerikaner, hielte der ehemalige Diplomat für einen Fehler.
Genau das aber wird wohl in Moskau hinter verschlossenen Türen passieren, mutmaßt Thomas Wright, Sicherheits- und Außenpolitikexperte an der liberalen Brookings Institution. "Rex Tillerson wird den Russen vermutlich versichern, dass keine weiteren Militärschläge in Syrien geplant sind", sagt Wright. "Die russische Seite wird hingegen beteuern, dafür zu sorgen, dass Baschar al-Assad keine Chemiewaffen mehr einsetzt." Thomas Wright erwartet keine fundamentale Wende in der bisherigen US-Politik in Syrien. Auch der Kreml habe kein Interesse daran, dass die Situation eskaliere.
Wird Tillerson sein Verhandlungsgeschick helfen?
Überhaupt sei nicht allzu viel von Tillersons Besuch in Moskau zu erwarten. "Es ist nicht klar, warum er diese Reise überhaupt unternimmt", bemängelt Wright. Dem ehemaligen Vorstandschef des Ölgiganten Exxon Mobil wurde nach seiner Ernennung zum US-Außenminister eine zu große Nähe zum Kreml vorgeworfen. Tillerson stehe unter enormen öffentlichen Druck, nicht zu russlandfreundlich zu sein, gibt Emma Ashford vom Cato Institut zu bedenken.
Syrien wird vermutlich die Gespräche in Moskau dominieren. Konkrete Ergebnisse sind unwahrscheinlich, da sind sich die Experten einig. "Allerdings", sagt Emma Ashford, "galt der Geschäftsmann Rex Tillerson als gewiefter Verhandlungsführer". Die Fähigkeiten könnten ihm in den Gesprächen in der russischen Hauptstadt helfen.