UN-Mission in Georgien vor dem Aus?
14. Juni 2009Gali liegt an der abchasisch-georgischen Grenzlinie. Die Stadt gehört zu Abchasien, doch hier wohnen fast nur Georgier. Etwa die Hälfte der Häuser ist noch immer zerstört, die Straßen sind zerfurcht von Schlaglöchern, die Menschen misstrauisch. Die UNOMIG, die Mission der Vereinten Nationen in Georgien, hat hier ein Lager. Den Bewohnern gebe das Sicherheit, sagt eine Frau. Die Beobachter hätten ihr schon ein paar Mal geholfen: "Einmal hatte meine Tochter ihr Bein gebrochen, da haben sie sie behandelt. Und als mein Haus abgebrannt war, haben sie das Dach repariert."
Vielen Bewohnern von Gali ist es jedoch egal, ob die UN-Beobachter da sind oder nicht. Denn in den Konflikt zwischen Georgiern und Abchasen haben die UN 15 Jahre lang keine Bewegung bringen können. Der Georgien-Krieg im August 2008 hat die Fronten noch einmal verhärtet - zumal, da Russland Abchasien in der Folge des Krieges als unabhängigen Staat anerkannt hat und russische Militärbasen dort aufbaut.
Streit um den Namen der UN-Mission
Das gibt den Abchasen Rückenwind. Sie wollen keine Mission mehr akzeptieren, die das Wort "Georgien" im Titel trägt, denn sie gehen davon aus, dass sie einen eigenen Staat haben. Die UN sollten aber bleiben, sagt der Sprecher des Parlaments von Abchasien, Nugzar Aschuba. "Von allen Missionen, die in der Region waren, hat die der Vereinten Nationen sich als die neutralste erwiesen." Sie müsse nur ihren Namen ändern. "Soweit ich informiert bin, wird daran bereits gearbeitet: Sie wird einfach 'Mission der UN für Stabilisierung' heißen", erklärt Aschuba.
Außerdem müsse die Mission statusneutral sein. Ob Abchasien zu Georgien gehöre oder nicht, dürfe mit keinem Wort erwähnt werden. Für die Georgier ist das jedoch völlig inakzeptabel. "Unsere Gebiete sind von Russland besetzt. Die Vereinten Nationen sollten sich deutlich zum Status äußern und ganz klar sagen, dass Georgiens territoriale Integrität unantastbar ist", fordert Temur Jakobaschwili, stellvertretender Premierminister Georgiens und für die Reintegration der abtrünnigen Gebiete zuständig. Die Mission müsse "UN-Mission in Georgien" heißen, denn: "Abchasien ist Georgien."
Heikle Aufgabe für die UN
Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates von dem Dogma der territorialen Integrität Georgiens abrücken. So hatten die Vereinten Nationen bis vor einigen Monaten immer von "Abchasien – Bindestrich – Georgien" gesprochen. Die Vertreter der Region wurden als "de facto"-Vertreter bezeichnet – eine diplomatische Verklausulierung für Repräsentanten international nicht anerkannter Staaten. Im letzten Bericht des Generalsekretärs Ban Ki Moon zu Abchasien vom Mai 2009 sind solche Formulierungen aber nicht mehr enthalten. "Wir werden nur dann ein neues Mandat bekommen, wenn beide Parteien bereit sind, sich eine Mission vorzustellen, die die Statusfrage Abchasiens nicht berührt. Sobald statusbezogene Fragen direkt oder auch nur indirekt einbezogen werden, wird sehr wahrscheinlich eine Seite aussteigen", erklärt der Leiter der Mission, der belgische Diplomat Johan Verbeke.
Zähe Verhandlungen in New York
Auch am Sonntag (14.06.2009) wurde am UN-Hauptsitz in New York noch über eine Verlängerung des Mandats verhandelt - an den Gesprächen ist auch Deutschland maßgeblich beteiligt. Sollte bis Montag kein Durchbruch erzielt werden, gebe es nur noch die Möglichkeit, die Mission um wenige Wochen "technisch" zu verlängern, sagten Diplomaten.
Sollten die UN-Beobachter aus der Region abziehen, rechnen die Diplomaten zwar nicht mit Krieg; viele der noch verbliebenen Georgier könnten Abchasien jedoch verlassen. Und Russen und Abchasen könnten behaupten, der Konflikt um Abchasien sei gelöst – ohne, dass internationale Beobachter widersprechen.
Autorin: Gesine Dornblüth
Redaktion: Julia Kuckelkorn / Mareike Röwekamp
Hintergrund-Informationen:
Die UN sind seit 1993 mit der sogenannten UNOMIG, der "United Nations Observer Mission in Georgia", vor Ort. Die Beobachter patrouillieren im abchasisch-georgischen Grenzgebiet und die Mission bemüht sich seit nunmehr 15 Jahren darum, in dem Konflikt zwischen Georgiern und Abchasen zu vermitteln. Am Montag, dem 15. Juni 2009, läuft ihr Mandat aus.
Auch die EU hatte nach dem Krieg im August 2008 Beobachter in die Konfliktregion entsandt; Russland aber hinderte sie daran, die abtrünnigen Gebiete zu betreten.
Eine Verlängerung der OSZE-Mission in Georgien hat Russland vor einigen Monaten bereits verhindert.