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Lebenslänglich für Tschads Ex-Diktator

30. Mai 2016

Er galt als eines der brutalsten Staatsoberhäupter der jüngeren afrikanischen Geschichte. Nun muss Hissène Habré dafür büßen. Verurteilt wurde er in dem Land, das ihm über Jahrzehnte Unterschlupf gewährt hatte.

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Hissène Habré (Archivbild: afp)
Bild: AFP/Getty Images

Tschads ehemaliger Diktator Hissène Habré ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein außerordentlicher afrikanischer Gerichtshof in Dakar sprach den 73-Jährigen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Vergewaltigung und sexueller Sklaverei während seiner Gewaltherrschaft zwischen 1982 und 1990 schuldig. Habré, der mit Sonnenbrille und weißem Turban im Gerichtssaal saß, nahm das Urteil äußerlich unbewegt entgegen, während anwesende Opfer in Jubel ausbrachen. Die Verteidigung hatte sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen. Sie hat 15 Tage Zeit, das Urteil anzufechten.

Der Prozess hatte in der Hauptstadt des Senegals stattgefunden, in die sich Habré nach seinem Sturz 1990 abgesetzt hatte. Es war das erste Mal, dass ein ehemaliger afrikanischer Staatschef in einem anderen Staat vor Gericht stand. Habré hatte den Prozess gegen ihn mehrfach als Farce bezeichnet und für Eklats im Gerichtssaal gesorgt. Seit Prozessbeginn am 20. Juli vergangenen Jahres hatten 93 Opfer und weitere 33 Zeugen ausgesagt.

Mehr als 1200 Tote, 12.300 Opfer von Folter und Misshandlung

Habrés Diktatur gilt als eine der brutalsten in der jüngeren afrikanischen Geschichte. Unterlagen seiner Geheimpolizei, die nach der Flucht des Diktators gefunden wurden, führen detailliert mehr als 1200 Todesfälle und über 12.300 Opfer von Folter und Misshandlungen auf. Eine tschadische Wahrheitskommission macht sein Regime für mindestens 40.000 Tote und Vermisste verantwortlich. Die Anklage hatte nach eigenen Angaben mehr als 2.000 Opfer des Regimes gehört. Experten hätten zudem Massengräber im Tschad untersucht.

Das Verfahren gegen Habré war lange Zeit an der Weigerung der senegalesischen Regierung gescheitert, den ehemaligen Diktator vor Gericht zu stellen. Erst nach der Wahl von Macky Sall zum senegalesischen Präsidenten 2012 wurde das Verfahren vorbereitet.

Tschadische Menschenrechtlerin im DW-Interview

Die tschadische Menschenrechtlerin Jacqueline Moudeina zeigte sich in einem Interview der Deutschen Welle hocherfreut über die Strafe für Habré. Diese sei das Ergebnis von mehr als 20 Jahren Arbeit. "Eine Arbeit, die wir gut gemacht haben." Die Botschaft heiße auch, dass sich Afrika um sich selbst kümmere. "Und es ist auch eine Botschaft an alle Tyrannen auf der ganzen Welt.".

Moudeina ist Rechtsanwältin und verteidigte auch schon vom Habré-Regime Angeklagte vor Gericht. Sie kündigte an, nun das Thema Entschädigung in Angriff zu nehmen.

Weltweit Genugtuung über das Urteil

Die US-Regierung begrüßte das Urteil als "Markstein im globalen Kampf gegen Ungestraftheit bei Gräueltaten". Die Entscheidung des Sondertribunals sei eine Botschaft an andere derartige Verbrecher, "sogar solche auf den höchsten Ebenen und einschließlich Staatsoberhäuptern, dass solche Handlungen nicht geduldet und sie zur Rechenschaft gezogen werden", erklärte Außenminister John Kerry.

Gaetan Mootoo, der Westafrika-Spezialist von Amnesty International, forderte die Afrikanische Union und andere afrikanische Staaten auf, auch in anderen Ländern auf dem Kontinent für Gerechtigkeit zu sorgen. Und Reed Brody von Human Rights Watch twitterte, die Tage, in denen Tyrannen brutal gegen ihr eigenes Volk vorgehen, plündern und schließlich in anderen Ländern im Luxus leben könnten, gingen zu Ende. Brody hatte Opfer Habrés über 17 Jahre begleitet und den Prozess ins Rollen gebracht.

sti/se/rb (epd, afp)