Toter bei Ansturm auf Ärmelkanaltunnel
29. Juli 2015Beim Ansturm von Migranten auf den Tunnel unter dem Ärmelkanal ist auf französischer Seite erneut ein Mensch ums Leben kommen. Ein Flüchtling aus dem Sudan sei tödlich verunglückt - er habe versucht, auf einen Zug zu gelangen, als ihm ein Lastwagen entgegenkam, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Polizeikreisen. Es war mindestens der achte derartige Todesfall am Eurotunnel seit Anfang Juni.
Die Behörden registrierten allein in der Nacht zum Mittwoch weitere 1500 Versuche von Flüchtlingen, den Eurotunnel von der französischen Seite aus zu betreten. Dies muss nicht mit der Zahl der beteiligten Flüchtlinge übereinstimmen, weil viele von ihnen mehrmals am Tag einen Anlauf unternehmen, in den Eurotunnel - und auf diesem Weg nach Großbritannien - zu kommen. Nach Schätzungen der Polizei hielten sich im Umfeld der Tunnelzufahrt bei Calais noch 500 bis 1000 Migranten auf, die aus Afrika stammen.
"Sehr beunruhigende Lage"
Der britische Premierminister David Cameron bezeichnete die Lage bei einem Besuch in Singapur als "sehr beunruhigend". Innenministerin Theresa May hatte nach einem Treffen mit ihrem französischen Kollegen Bernard Cazeneuve in London angekündigt, sieben Millionen Pfund (zehn Millionen Euro) zusätzlich für die Grenzsicherung bereitzustellen. Mit dem Geld soll unter anderem ein drei Meter hoher Zaun um das Terminal auf französischer Seite errichtet werden.
Frankreich will in den kommenden Tagen offenbar zusätzliche 120 Polizeikräfte nach Calais schicken, um die französische Seite des Tunnels zu sichern. Das berichtet die Tageszeitung "Le Figaro". In dem Artikel werden auch kritische Worte des Innenministers in Richtung der Betreibergesellschaft Eurotunnel zitiert. Demnach habe das Unternehmen seine Sicherheitsmannschaft erheblich abgebaut, was der Regierung in Paris missfällt.
Betreibergesellschaft "unter Druck"
Die Betreibergesellschaft Eurotunnel hat nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn 37.000 Flüchtlinge auf dem Weg zum Tunnel abgefangen. Inzwischen gerate man jede Nacht unter einen "Druck", den keine Betreibergesellschaft aushalten könne, erklärte das Unternehmen. Es verstärkte zuletzt die Sicherheitsmaßnahmen in dem Gebiet um den Eingang auf französischer Seite. Das habe allein im ersten Halbjahr 13 Millionen Euro gekostet, hieß es.
Wegen der Mehrausgaben - und wegen Zugausfällen und Verspätungen infolge des Flüchtlingsansturms - hatte Eurotunnel vergangene Woche von Frankreich und Großbritannien fast zehn Millionen Euro als Entschädigung verlangt.
jj/pg (afp, dpa, kna)