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Aufnahme-Plätze: Bundesländer stocken auf

28. Juli 2015

Bis zu 450.000 Flüchtlinge werden 2015 in Deutschland erwartet. Die massive Erweiterung der Anlaufstellen für diese Menschen ist dringend geboten. Das Rote Kreuz warnt indes schon vor Unbill - der kalten Jahreszeit.

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Meßstetten: Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Baden-Württemberg (Foto: picture-alliance/dpa/F. Kästle)
Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Baden-Württemberg in MeßstettenBild: picture-alliance/dpa/F. Kästle

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen stocken die Bundesländer die Zahl ihrer Aufnahmeplätze für Asylbewerber massiv auf. Das ergab eine Länder-Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Nordrhein-Westfalen wird nach Angaben des Innenministeriums die Zahl von 18.000 Plätzen in den sogenannten Erstaufnahmelagern in diesem Jahr um mehrere tausend erhöhen. Bayern will die Gesamtkapazität von derzeit 12.000 Plätzen mittelfristig auf bis zu 15.000 ausweiten, teilte das Sozialministerium mit. Baden-Württemberg hat angekündigt, die Zahl bis Ende 2016 von 9000 sogar auf 20.000 aufzustocken.

Registrierung und Beginn der Asylverfahren

Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind die ersten Anlaufstellen für Asylsuchende und Flüchtlinge, bis zu 450.000 werden in diesem Jahr in Deutschland erwartet. Normalerweise findet hier die Registrierung und zumindest der Beginn der Asylverfahren statt. Die Flüchtlinge werden danach auf die Kommunen verteilt, die zunehmend mit Unterbringungsproblemen zu kämpfen haben. Wegen der steigenden Zahl an Asylbewerbern platzen auch die Ländereinrichtungen für die Erstaufnahme aus allen Nähten.

Deshalb ist der Trend in allen Ländern ersichtlich, mehr Plätze zu schaffen. In Niedersachsen soll die Kapazität dafür laut Innenministerium von derzeit 4200 um weitere 1000 Plätze erweitert werden. Das sächsische Innenministerium teilte mit, dass eine Erstunterbringung von rund 5000 Asylbewerbern angestrebt werde. Ohnehin bereiten sich die ostdeutschen Länder intensiv auf einen weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen vor: Thüringen etwa will die Zahl von derzeit gut 1700 Plätze um weitere 880 erhöhen. Brandenburg kann derzeit rund 2400 Flüchtlinge erstversorgen und will bis Ende des Jahres auf 3000 Plätze eingerichtet haben.

Rotes Kreuz: Zeltstädte nur bis Oktober

Das Deutsche Rote Kreuz warnte unterdessen vor zunehmenden Problemen bei der Unterbringung von Flüchtlingen und sieht die Nutzung von Zeltstädten nur als Notlösung bis zur kälteren Jahreszeit. DRK-Präsident Rudolf Seiters sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ab Oktober sind Zelte als Unterkünfte nicht mehr möglich." Daher müssten Länder und Kommunen dringend für eine Unterbringung in festen Unterkünften sorgen. Das DRK ist nach eigenen Angaben in zehn Bundesländern aktiv. Mitarbeiter versorgen dort 7300 Menschen in 21 Notunterkünften. Darunter sind acht Zeltstädte für 4600 Menschen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, sagte der "Passauer Neuen Presse", die Aufnahme von täglich tausenden Flüchtlingen sei eine gewaltige Herausforderung für die Kommunen, deshalb gebe es auch immer wieder Hilferufe an Bund und Länder. "Aber einen Kollaps sehe ich nicht auf uns zukommen." Zu der wachsenden Zahl an Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte sagte Articus, solche Gewalt sei völlig indiskutabel und dürfe nicht toleriert werden.

Spätabendliche Ankunft von Asylbewerbern in der Flüchtlingsunterkunft in Dresden (Foto: picture-alliance/dpa/R. Halkasch)
Spätabendliche Ankunft von Asylbewerbern in der Flüchtlingsunterkunft in DresdenBild: picture-alliance/dpa/R. Halkasch

Zuletzt gab es wieder vor dem Flüchtlingscamp in Dresden gewaltsame Auseinandersetzungen. In der Nacht seien dabei zwei Menschen leicht verletzt worden, teilte die Polizei mit. In einem Fall wurde eine 46 Jahre alte Autofahrerin von rund 30 Personen angegriffen, die von der Polizei dem linken Spektrum zugeordnet werden. Sie schlugen mehrere Seitenscheiben ein und traten gegen das Fahrzeugheck. Unweit davon griff eine Gruppe von 20 Personen aus dem rechten Spektrum etwa 15 Asylbefürworter an. Die Polizei ermittelt in beiden Fällen wegen Landfriedensbruchs.

Zahl der Flüchtlinge seit 1997 gesunken

Die Anzahl der in Deutschland lebenden Flüchtlinge ist seit 1997 trotz zuletzt steigender Zugangszahlen insgesamt gesunken. Das geht aus einer kleinen Anfrage der Linksfraktion in Berlin hervor. Die absolute Zahl anerkannter Flüchtlinge verringerte sich demnach von über 200.000 im Jahr 1997 auf 147.500 Menschen im Dezember vergangenen Jahres.

Weiter schreibt die Fraktion, dass Ende 2014 etwa 133.700 Menschen mit Aufenthaltserlaubnis wegen Bleiberechtsregelungen, langjährigen Aufenthalts, unzumutbarer Ausreisemöglichkeiten oder humanitärer Gründe in Deutschland wohnten. Dazu kämen etwa 50.000 Flüchtlinge mit sogenanntem subsidiärem Schutzstatus. Das heißt, dass ihnen in ihren Herkunftsländern zum Beispiel Folter oder Todesstrafe drohen könnten. In rund 6000 Fällen lägen Härtefallentscheidungen vor. Die Zahl der nicht anerkannten, geduldeten und asylsuchenden Flüchtlinge sank nach Angaben der Linksfraktion im langjährigen Vergleich ebenfalls. Mit 291.000 Menschen im Dezember 2014 seien es knapp 360.000 weniger als 1997.

sti/kle (dpa, kna, rtr)