Timbuktus Wirtschaft in der Krise
10. Dezember 2014Fatimatou Elhassan sitzt auf dem staubigen Boden vor ihrem Haus am Stadtrand von Timbuktu. Neben ihr hämmert der Nachbar Metall, vor ihr stehen ein paar Plastikschüsseln. Sie verkauft Zwiebeln, Chili-Schoten, Öl abgefüllt in Plastiktüten. "Es ist nicht einfach, wir leiden", sagt die Mutter von fünf Kindern und zeigt auf eine blaue Schüssel: "Sieh es dir doch an, wie wenig Sorghum ich nur noch im Angebot habe. Selbst das bisschen schaffe ich kaum zu verkaufen. Früher war es sechs Mal so viel."
Arbeitsverbot für Frauen
Vor drei Jahren hatte Elhassan noch sechs Angestellte. Dann haben im April 2012 Islamisten die Stadt eingenommen - und Frauen verboten, zu arbeiten. Ihre Nachbarin wurde verprügelt, als die Islamisten sie beim Brot backen vor dem Haus erwischten. Elhassan und ihre Familie flüchteten, so wie viele andere ihrer Freunde. Erst als die Islamisten Anfang 2013 von malischen und französischen Truppen vertrieben wurden, kehrten sie zurück. Doch seitdem liegt die Wirtschaft in der Stadt am Boden. An jeder Straßenecke langweilen sich Jugendliche, die keine Arbeit oder nur Gelegenheitsjobs haben.
Elhassan konnte ihr Geschäft überhaupt erst wieder aufnehmen, weil sie mit einer Gruppe Frauen einen Kredit der Hilfsorganisation CARE bekommen hat.
"Viele Einwohner sind während der Besatzungszeit geflohen und haben ihre ganzen Arbeitsgeräte zurückgelassen", sagt Bokary Diallo, Mitarbeiter von CARE in Timbuktu. "Das war wichtiges Kapital für sie und die Dschihadisten haben vieles davon zerstört."
Entführungen, Überfälle, Banditen
Auch Salem Ould El-Hadje kann noch keinen großen Aufschwung erkennen. Der Geschichtsprofessor im Ruhestand hat mehrere Bücher über die Stadt geschrieben. Vor allem über die goldenen Zeiten, als Timbuktu eine bedeutende Handelsmetropole für Salz, Elfenbein und Sklaven am Rande der Sahara war. Heute trauen sich kaum noch Händler in die Stadt, viele Geschäfte auf dem Markt bleiben geschlossen. "Es gab viele Banditen, die die Leute terrorisierten – auf den Straßen nach Mauretanien, Algerien und nach Mopti", sagt El-Hadje. "Darum kommen die Händler nicht mehr in die Stadt." Die wichtigsten Geschäftsmänner und Kreditgeber waren vor der Krise nach Einschätzung von El-Hadje Araber. "Viele von ihnen wurden dann plötzlich als Dschihadisten bezeichnet und haben darum Angst zurückzukommen", so der Historiker.
Entführungen, Überfälle, Banditen
Auch die Touristen bleiben in der Weltkulturerbe-Stadt mit ihren alten Moscheen und Bibliotheken aus. Das Risiko von Entführungen und Überfällen im Norden Malis ist extrem hoch. Die geschwächte Regierung im zwei Tagesreisen entfernten Bamako kann das weite Wüstenland im Norden nicht kontrollieren. Die Truppen der UN-Friedensmission MINUSMA konzentrieren sich nur auf größere Städte. Es gibt noch nicht einmal eine asphaltierte Straße bis Timbuktu.
Die Verkäuferin Fatimatou Elhassan ist trotzdem optimistisch. Die Islamisten sind weg, das sei erst einmal das Wichtigste. Auch wenn die Nachbarn kaum Geld haben, um bei ihr einzukaufen: Langsam, hofft sie, wird sich die Situation schon bessern.